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Zeitlupe

Wir müssen neue, klimagerechte Wälder aufbauen

Die Forstwirtschaft ist eine staatliche Aufgabe – „Wer soll es denn sonst machen?“

Foto: privat

In den vergangenen Jahren hat es zu wenig Regen gegeben, besonders die Wälder in Deutschland leiden schon heute massiv unter dem Klimawandel. Mitte der Achtzigerjahre schien der Wald sich zu erholen. Das Problem mit dem sauren Regen wurde durch Entschwefelung gelöst. Aber schon damals stimmte irgendwas nicht mehr. Windwürfe wurden immer mehr. Vivian, Wiebke, Kyrill, es gab fast jedes Jahr Sturmschäden. Ähnlich die Entwicklung mit der Trockenheit. Klar, es gab auch früher immer mal ein sehr trockenes Jahr, 1976 zum Beispiel. Aber es häufte sich, es gab immer weniger Niederschlag. Bisher waren die Fichten immer gut mit Wasser versorgt. Jetzt sind sie vertrocknet. Die seit den Siebzigerjahren gepflanzten Bestände sind heute alle tot, davon steht nichts mehr. Selbst die 1990 gepflanzten oder natürlich angesamten Fichten sind oft vertrocknet oder dem Käfer zum Opfer gefallen.

Nadelbäume sterben

Die letzten drei, vier Jahre waren dramatisch. Viele Flüsse und Bäche sind schon im Juni fast ausgetrocknet. Durch die Trockenheit und die Hitze verabschieden sich die Nadelhölze. Fichte, aber auch Kiefer und Lärche. Das macht allein einen Anteil von 30 bis 40 Prozent unseres Waldes aus. Die heimischen Baumarten, also Buche, Eiche, Ahorn, teilweise Kirsche, sind mit der Situation einigermaßen zurechtgekommen. Klar sterben uns auch mal ein paar Buchen ab, wenn sie auf einem Plateau stehen mit schlechter Wasserversorgung. Manchmal kränkelt auch die Eiche. Aber sie kann mit der Wurzel in die Tiefe gehen, ihre Blätter im nächsten Jahr etwas verkleinern – sie kann also mit Trockenheit umgehen. Aber die Nadelbäume sterben. Wenn die vertrockneten Bäume abgeräumt werden, kann der Boden durch Sonne und Wind noch mehr austrocknen. Und die Hänge haben keinen Halt mehr. Dort muss schnell bepflanzt werden. Und wir müssen uns auf all diesen Flächen von der Monokultur verabschieden. Wir müssen neue, klimagerechte Wälder aufbauen.

Mit der Natur arbeiten, nicht gegen sie

Ein weiteres Problem ist, dass wir im Frühjahr kaum noch pflanzen können. Eigentlich war das nie ein Problem. Wir haben im März oder April angefangen, wenn der Schnee weg war. Es hat dann ausreichend geregnet und die Pflanzen konnten anwachsen. Im Moment pflanzen wir fast nur noch im Herbst, um die Feuchtigkeit und eventuell den Schnee mitzunehmen. Vor allem aber müssen Waldflächen konsequent gepflegt werden. Zum Beispiel sind die Samen der Fichten noch da, die kommen schnell wieder hoch. Sie verdrängen die Baumarten, die ich eher haben will. Etwa die Eiche, die viel Licht braucht. Auf diesen Flächen müssten unsere Leute den Fichten schon mal einen auf den Kopf geben. Aber nicht den Birken, Weiden und Ebereschen, denn die lassen anderen Pflanzen viel Licht und schützen den Boden vor Austrocknung. Das sind typische Pionierpflanzen, auch nach einem Waldbrand. Für die dauerhafte Pflege brauche ich Personal. Und die Qualifizierung ist wichtig, also eine gute Aus-, Fort- und Weiterbildung. Das ist ein riesiges Thema, weil das Forstpersonal am Baum ja eigenständig die richtige Entscheidung treffen muss. Viele haben ihre Ausbildung in einer Zeit gemacht, in der Kahlschläge völlig normal waren. Wir müssen unsere Leute fit machen, damit sie mit der Natur und nicht gegen sie arbeiten können.

Erderwärmung stoppen

Für mich ist der Klimaschutz eine zentrale staatliche Aufgabe. Wer soll es denn sonst machen? Und klar ist, dass sich etwas bewegen muss. Wir können uns noch so viel anstrengen in Sachen naturnaher Waldbau. Wenn wir die weitere Erderwärmung nicht stoppen, dann können wir eh alles vergessen. Wir müssen sehen, dass wir es gedreht bekommen. Und diese Hoffnung gebe ich auch nicht auf. Ich bin kein Luther-Fan. Aber wenn ich wüsste, dass morgen die Welt untergeht, würde ich trotzdem noch Bäume pflanzen.