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Schwerpunkt

Plötzlich schulfrei

Das Beluga-College – ein privates Gymnasium – scheiterte spektakulär. Ein Rückblick

Foto: shutterstock/GEW

Es war sein Vorzeigeprojekt. Niels Stolberg, Chef der Beluga-Reederei, wollte mit dem Beluga-College, einem Privat-Gymnasium, für den Nautik-Nachwuchs sorgen. Massive Investitionen, darunter unter anderem vier Stiftungsprofessuren, finanzierte der umtriebige Unternehmer, der damit auch zum Privatschulgründer wurde. Die Oberstufe hatte zwei Schifffahrt-Profile, ein kaufmännisches und ein technisch-naturwissenschaftliches. Die Lust auf Meer sollte hier geweckt werden. 80.000 Euro im Monat von Stolberg flossen in das Beluga-College. Die Bremer Bildungsbehörde genehmigte das Vorhaben. Die damalige Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper sah das College kurz vor dem Start als Bereicherung und Entlastung für die bestehenden Bremer Oberstufen.

Entlassung des Schulpersonals

In der Privatschule an der Weser wurde aber nur rund zwei Jahre unterrichtet. Dann kam im Jahr 2011 das plötzliche Ende. Die Beluga College GmbH musste 18 Lehrkräfte und einige Verwaltungsangestellte entlassen. Und die am Ende rund 50 Schüler:innen sahen sich gezwungen, andere Schulen suchen zu müssen, um das Abitur in Angriff nehmen zu können. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen investierten ebenfalls viel, um überhaupt ins College zu gelangen. Manche kamen von weit außerhalb.

Ursache für die Schulschließung waren die ebenso abenteuerlichen wie kriminellen Finanzspekulationen von Stolberg, der Jahre später wegen Betrugs, Untreue und Bilanzfälschung zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt wurde.

Versteigerung des Schulinventars

Um das Schulgeld moderat halten zu können – je nach Einkommen der Eltern lag es zwischen 30 und 580 Euro -, unterstützte Stolberg in vielen Fällen den Schulbesuch. Das Schulgeld alleine reichte bei weitem nicht aus, um alle Kosten zu decken. Nachdem die ersten Insolvenzen der Beluga Group das Gesamtunternehmen in Schieflage brachten, wurde nach privaten Investoren für das College gesucht. Sie sollten das Weiterbestehen der Privatschule sichern. Auch Ex-Bildungssenator Willi Lemke rief zu Spenden auf. Diese Bemühungen blieben alle ohne nachhaltigen Erfolg. Wenige Monate später wurde die komplette College-Einrichtung versteigert. Schreibtische, Drehstühle und Rollcontainer wurden angeboten. Der Erlös ging an den Konkursverwalter, um die Beluga-Gläubiger zu bezahlen. Der Hammer des Auktionators beendete das ambitioniert gestartete College endgültig.

Diplom-Volkswirt Ingo Leipner ist seit 2005 VWL-Dozent an der "Dualen Hochschule baden-Württemberg in Mannheim