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Schwerpunkt

Vertraute Beziehungen erhalten

Die Arbeit der Inklusionsfachkräfte in schwierigen Zeiten besonders wichtig

Beziehungsarbeit ist eine elementare Grundlage für Bildungsarbeit. Bei all den Veränderungen in der Schule bleibt eine Konstante spürbar gleich: die Bedeutung der pädagogischen Beziehung fürs Lernen. Für die herausfordernde Arbeit im interdisziplinären Klassenverband der Bremer Schulen, die alle inklusiv arbeiten, ist die Beziehung zu den Schüler*innen ein wichtiger Bestandteil, um das alltägliche Lernen erfolgreich zu fördern.

 

Klare Absprachen nötig

Die Klassenverbände setzen sich dabei aus Schüler*innen mit ganz unterschiedlichen Bedürfnissen zusammen. Schüler*innen mit und ohne Behinderung gestalten den Schulalltag gemeinsam und haben dennoch ganz verschiedene Unterstützungsbedarfe. Diese reichen von pflegerischen Hilfen über den Umgang mit Verhaltensauffälligkeiten und Körperbehinderung bis hin zu seelischen Beeinträchtigungen. Es ist aufgrund dieser heterogenen Zusammensetzung der Klassen wichtig, dass das Klassenteam auf alle Bedürfnisse eingehen kann, um den Schüler*innen die Teilhabe an Bildung zu ermöglichen. Dazu sind klare Absprachen nötig, um gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Ein Klassenteam besteht dabei aus Lehrkräften und Inklusionsfachkräften. Hinter dem Begriff „Inklusionsfachkräfte“ verbergen sich unterschiedliche Bezeichnungen und Rechtsgrundlagen. In Bremen werden vorwiegend eingesetzt: Klassenassistenzen, Drittkräfte, Persönliche Assistenzen nach dem SGB IX und Schulbegleitungen nach dem SGB VIII. Sie begleiten in der Regel eine*n Schüler*in oder mehrere Schüler*innen mit unterschiedlichen Hilfebedarfen im Schulalltag.

 

Feste Bezugspersonen

Die Inklusionsfachkräfte begleiten die Kinder und Jugendlichen im Unterricht und in den Pausen. Sie bauen zu ihnen eine andere Beziehung auf als die Lehrkräfte. Durch die sehr persönliche und enge Zusammenarbeit sind sie für die Schüler*innen eine feste Bezugsperson im Schulalltag. Dies ist vor allem für Kinder und Jugendliche mit Bindungsstörungen von großer Bedeutung. Zusätzlich stehen Inklusionsfachkräfte in Kontakt mit den Eltern, dem Hort oder der Wohngruppe der Kinder. Hierdurch können die Arbeit und die Hilfen besser koordiniert, geplant und umgesetzt werden. Genauso wichtig ist die Beziehungsarbeit auch innerhalb der Klassen. Die Fachkräfte tragen dazu bei, dass die Kinder und Jugendlichen mit Hilfebedarf Teil der Klassengemeinschaft werden, sind oder bleiben. Sie kümmern sich mit viel Einfühlungsvermögen um die individuellen Bedürfnisse der Schüler*innen. Sie nutzen die vielfältigen Ressourcen, um damit die Integration in die Klassengemeinschaft zu fördern. Inklusionsfachkräfte erfüllen andere Aufgaben als die Lehrkräfte in Schule. Lehrkräfte kümmern sich um die gesamte Klasse und vermitteln die Lerninhalte, während die Inklusionsfachkräfte u.a. für die Unterstützung beim Lernen zuständig sind.

 

Aufgrund der verschiedenen Verantwortungsbereiche des interdisziplinären Klassenteams sind gemeinsame Absprachen wichtig, damit alle Schüler*innen in der Klasse – ob mit oder ohne Hilfebedarf – bestmöglich gefordert und gefördert werden. Im besten Fall gelingt es, dass alle Schüler*innen der Klasse einen Schulabschluss erlangen.

 

Und dann kam Corona

Die coronabedingten Schulschließungen im Frühjahr 2020 trafen alle Beteiligten völlig unvorbereitet. Entsprechend schwierig war diese Zeit für alle Schüler*innen. Die Schüler*innen mit Hilfebedarf waren besonders betroffen. Für sie haben die geregelten Abläufe und die vertrauten Beziehungen zu den Assistenzen einen hohen Stellenwert. Doch nicht nur die Strukturen in der Schule, sondern auch die Abläufe im häuslichen Umfeld haben sich in dieser Zeit verändert. Viele Familien standen und stehen weiterhin vor großen Herausforderungen, da sie Homeoffice, Kinder und viele andere Dinge in kürzester Zeit neu organisieren müssen. Durch Absprachen in den Klassenteams wurden zügig Lösungen für die meisten Schüler*innen entwickelt. So gab es beispielsweise kurze Begleitungen ab der Haustür oder anfängliche Kontakte via Telefon oder Internet. Die Arbeit der Inklusionsfachkräfte war in dieser Zeit besonders wichtig, um die vertrauten Beziehungen zu den Schüler*innen aufrecht zu erhalten. Nach den Sommerferien normalisierte sich der Schulalltag vorübergehend.

 

Im Dezember erhielten alle Lehrer*innen und Schüler*innen Tablets. Diese ermöglichen es den Schüler*innen, am Distanzlernen teilzunehmen. Für die Schüler*innen mit Hilfebedarf stehen außerdem Apps oder verschiedene andere Lernsoftwares zur Verfügung, um die Lerninhalte barrierefrei zu vermitteln. So entsteht eine ganz neue Möglichkeit des Lernens. Die Aufgabe der Inklusionspädagog*innen ist dabei aber nicht weniger bedeutend. Sie müssen sich ebenfalls im Umgang mit der Software und den Geräten schulen lassen, um den Schüler*innen bei der Nutzung behilflich zu sein. Die Bedeutung der Beziehungsarbeit bleibt bestehen - unabhängig davon, ob Schüler*innen vor Ort oder von daheim digital am Unterricht teilnehmen.

 

Perspektiven

Der Martinsclub Bremen begrüßt und unterstützt den eingeschlagenen Weg der Digitalisierung in Bremen. Denn gerade für junge Menschen mit Unterstützungsbedarf ist dies eine neue große Chance. Dabei ist es wichtig, dass auch Inklusionsfachkräfte - entsprechend geschult - den Weg mitgehen können. So kann es gelingen, weiterhin gute interdisziplinäre Teamarbeit zu leisten und die Schüler*innen mit und ohne Förderbedarf gemeinsam bestmöglich zu unterstützen. Das Erlangen einer möglichst hohen Sozialkompetenz in der Klassengemeinschaft darf nicht verloren gehen und bleibt eine große Aufgabe des Klassenteams. Das Klassenzimmer darf auf keinen Fall zum Einzelarbeitsplatz werden. Für die Schüler*innen, Lehrkräfte und Inklusionsfachkräfte bedeutet dies eine große Umstellung und Herausforderung im Schulalltag. Wir wünschen uns, dass Beziehungen weiterhin aufgebaut und vertieft werden können und die Digitalisierung zum Gewinn für alle wird.