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Hilfe, ich arbeite bei einem Schulverein!

Im September 2002 begann meine Stelle als Sozialpädagogin an einer neuen Ganztagsschule. Angestellt wurde ich nicht bei dem Senator für Bildung, diese Aufgabe übernahm ein kleiner Schulverein. Bis zu diesem Tag hatten weder der Schulverein noch die Schulleitung Erfahrung als Arbeitgeber. Die Behörde richtete eine Arbeitsgruppe Ganztagsschule ein, an der Schulleitungen, eine Behördenvertreterin und Fördervereine teilnahmen. Ein Starter-Paket, von Seiten der Behörde als Hilfestellung, gab es für keine Schule. So kam es, dass ich meinen Arbeitsvertrag selber schrieb.

Gehalt und Arbeitszeit

Zu meinem Erstaunen musste ich feststellen, dass „in Anlehnung an den BAT“ alles und gar nichts bedeutete. Eine frei erfundene Bruttosumme wurde im Vertrag eingesetzt. Da ich als Sozialpädagogin die Schulferien zur Hälfte vorarbeiten muss, stellte sich die nächste Frage: wie geht das denn? Von einer Freundin aus der Grundschule erhielt ich die E 569-Bestimmungen von der Behörde zur Ausrechnung der zu leistenden Stunden. Vertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit plus 3 Mal vertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit geteilt durch 40 ist gleich die tatsächliche Arbeitszeit - puh, nicht einfach zu verstehen, und so wurden aus meinen 34 Stunden laut Arbeitsvertrag 37,4 Stunden. Dies stellte sich später als falsch heraus, aber will man denn kleinlich sein?
Performa bot den Vereinen an, für 5.00€ pro Person die Abrechnung zu machen. Um mich wenigstens zum Teil auf eine sichere Seite zu bringen, schlug ich vor, das in Anspruch zu nehmen. Der Verein lehnte dies ab mit dem Satz: „Wir lassen uns von Performa doch nicht vorschreiben, was wir zahlen sollen!“ Schade!
Da ich auf den BAT ja nicht viel geben konnte, ging ich nach der Probezeit zur Schulleitung und beantragte, wie in der freien Wirtschaft, 100,00€ mehr. Sie wurden sogar bewilligt.
Zum Anfang meiner Tätigkeit an der Schule betrug die reale Arbeitszeit 40 bis manchmal 42 Stunden. Ja, wo fängt denn die Arbeitszeit an, und was ist nicht alles persönliches Engagement??? Hatte ich zu der Zeit einen Gönner, erhöhte sich auch mal mein Gehalt bei Tarifabschlüssen, sicher war aber gar nichts.
Als nächstes musste ich darum bitten, bei der Berufsgenossenschaft angemeldet zu werden. Ich wusste durch meine vorherige Arbeit, dass dies keine freiwillige sondern eine Pflichtaufgabe ist. Ich erklärte mich bereit, das in die Wege zu leiten. Der Verein hatte diese vertauschten Rollen nicht gerne und versuchte es selber. Nachdem es aber eine falsche Berufsgenossenschaft war, durfte ich mich bei der zuständigen Berufsgenossenschaft selbst anmelden.
Neuer Vorstand, neuer Versuch. Der neue Vorstand wollte Grund rein bringen, vor allem ging es immer wieder um die Vorarbeit in den Ferien. Im Januar 2005 bekam ich einen neuen Arbeitsvertrag. Nun wurden aus den 34 Stunden 36,55 Stunden. Da diese zusätzlichen Stunden aber noch nicht ausreichend waren, sollten alle Vor- und Nachbereitungszeiten, die Einkäufe und Bestellungen, die Betreuung des außerschulischen Personals und von deren Kursen, Gespräche mit Eltern, Teilnahme an Elternabenden, schulischen Gremien und Arbeitsgruppen, die Teilnahme an Projekten und Veranstaltungen, der Tag der offenen Tür, der Bildungsurlaub etc. damit abgegolten sein. Wie sieht dann wohl eine 40 Stundenwoche aus?

Interessenvertretung

Da ich nicht wusste, ob ich den Vertrag unterschreiben muss, holte ich mir einen Beratungstermin bei einem Rechtsanwalt. Ich musste den Vertrag nicht unterschreiben. Leider übernahm meine Rechtsschutzversicherung nicht die Kosten von 154,00€ mit der Begründung, mir sei ja noch kein Schaden entstanden. Mutig ging ich zur Schulleitung und erklärte ihr, es gebe keinen Grund für einen neuen Vertrag, und ich wolle die Vorlage nicht unterschreiben. Er lachte und sagte, das wüssten er, dass ich das nicht muss. Später gab es eine Ergänzung zu meinem Arbeitsvertrag, die ich dann unterschrieben habe.
Da mein Gehalt über lange Zeit unverändert blieb, schrieb ich im April 2008 und noch einmal im Juni einen Brief an den Verein mit der Bitte, die Tariferhöhung anzuwenden. Beide Briefe wurden gar nicht beantwortet. Erst durch den Einsatz des GEW-Rechtsschutzes bekam ich rückwirkend die Tariferhöhung.
Nicht nur der Vorstand, auch die Schulleitung wechselte des Öfteren. Meine Bitte, einen größeren Träger zu suchen wird abgelehnt.
Der Personalrat erkannte die unhaltbare Lage des pädagogischen Personals an den Schulen und schloss eine Dienstvereinbarung mit der Behörde ab.
Am 29.5.2011 starte ich hoffnungsfroh einen neuen Versuch und schreibe einen Brief an den Verein, mit der Bitte um einen neuen Arbeitsvertrag auf Grundlage der neuen Dienstvereinbarung. Auch dieser Brief bleibt unbeantwortet. Es findet ein Treffen mit der Schulleitung und dem Verein statt. Die Ergebnisse bleiben geheim, im Treppenhaus versichert mir aber der Vorsitzende, ich müsse den Vertrag nicht unterschreiben. Ich habe aber doch um den neuen Vertrag gebeten. Verstehe einer die Welt. Eine Mitarbeiterin aus der Mensa erhält eine Tariferhöhung, ich nicht. Plötzlich, vor Weihnachten, bekomme ich rückwirkend auch eine Tariferhöhung.
Vielen Dank lieber Weihnachtsmann. Warum soll eine Angestellte auch wissen und verstehen, was um sie herum vorgeht.

Kontakt
Karsten Krüger
Schriftleiter des Bildungsmagaz!ns
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