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Kolumne

Ja ist denn schon Weihnachten?

Was ich schon immer mal sagen wollte – Eine Kolumne von Angelika Hanauer

Wenn schon das beunruhigend laue klimagewandelte Wetter keine rechte Weihnachtsstimmung aufkommen lassen will, sind dann wenigstens Geschenke und milde Gaben für die Kolleg:innen an den Schulen zu erwarten? Es gibt doch wirklich allen Grund, uns zur Abwechslung mal ein paar Verbesserungen als Ausdruck der Wertschätzung zukommen zu lassen. Denn sind wir nicht die Fachkräfte, an denen es so sehr mangelt, die systemrelevant sind und die man unbedingt, wenn schon nicht bei Laune, so doch wenigstens bei guter Gesundheit halten sollte?

Also hopphopp, Füße küssen!

Nee gut, bitte keine Bilder ... So nah möchte man seine Vorgesetzten und die Behördenmitarbeitenden ja auch nicht ranlassen, und es ist ja auch irgendwie unhygienisch. Aber im übertragenen Sinne ein bisschen gut behandeln, eine wohlwollende freundliche Grundhaltung gegenüber dem Personal an den Tag legen - wäre das nicht schön?

Geeignet zum Ausdruck der besonderen Wertschätzung wären zum Beispiel die längst überfällige Absenkung der Unterrichts- und Betreuungsverpflichtung, eine bessere Bezahlung, leistbare Arbeitszeit, die Eindämmung ausufernder Arbeitsverdichtung und gerade fällt mir noch ein: Gab es nicht früher mal Weihnachtsgeld in allen Gehaltsstufen?

Entschuldigung, dass ich gefragt habe

Aber Himmel, mir gehen schon wieder die Rentiere durch. Da wünsch’ ich mir zu Weihnachten einfach Sachen, die Geld kosten. Total egoistisch und konsumorientiert - das geht natürlich gar nicht, und ich schäme mich. Meine Schüler:innen würden an dieser Stelle sagen: Ich schwör, Alter!

Ich muss doch schließlich Rücksicht darauf nehmen, dass wir mal wieder total pleite sind hier in Bremen. Genau das hat mir vor vielen Jahren ein Behördenmitarbeiter zu verstehen gegeben, als ich bei der Stadtteilschule angestellt war und während der Sommerferien unverschämterweise einfach weiterbezahlt werden wollte. Ja klar, sorry, dass ich gefragt habe. Aber hin und wieder gibt es auch einen kleinen Lichtblick: Inzwischen gehören die gehaltsfreien Sommerferien wohl der Vergangenheit an. Hosianna!

Da haben wir die Bescherung

Vor eineinhalb Jahren hatte ich an dieser Stelle schon vorhergesagt, dass „pleite“ der nächste logische Zustand des bremischen Bildungssystems sein musste. Erst hatten wir ja gaaanz lange kein Geld, dann zwar angeblich doch Geld übrig, aber (schnüff) kein ausgebildetes Personal, das man damit bezahlen konnte, und nun eben kein Personal und kein Geld. Passt irgendwie aber auch viel besser zusammen so: Dann muss man sich wenigstens nicht die quälende Frage stellen, wie man das ganze Geld nun ausgeben soll oder wo man die acht Millionen, die man gerade übrig hat, in der Zwischenzeit „lagert“. Doch allzu hoch möchte ich meine prophetischen Fähigkeiten auch nicht hängen. Eine Überraschung ist die Haushaltslage nun wirklich nicht. Unabwendbar allerdings auch nicht, sondern in meinen Augen eine Frage der gesellschaftlichen Prioritäten. Und außerdem ist das Gejaule über knappe Kassen auch eine gute Entschuldigung, leider, leider fürs Personal nichts tun zu können. Tut uns sooo leid ...

Lass dich überraschen

Aber wir sind nicht nur direkt betroffen, sondern die Unterfinanzierung betrifft z. B. auch die Performa, was dazu führt, dass man zum Teil bis zum St. Nimmerleinstag auf die Rückerstattung von ärztlichen Rechnungen warten muss. Und Auskünfte über die zu erwartende Rente oder Pension gibt es erst kurz vor knapp. Bevor ich einen Teilzeitantrag gestellt habe, versuchte ich einmal herauszubekommen, wie sich eine bestimmte Stundenzahl konkret auf mein Brutto- und Nettogehalt auswirken würde. Wär ja nicht schlecht, wenn man das vorher wüsste. Solche Luxusauskünfte werden aber nicht erteilt. Ist aber bestimmt auch sehr schwierig, sowas testweise auszurechnen. Also: Lass dich überraschen.

In der Bildungsbehörde sieht es auch nicht besser aus. Habt ihr beispielsweise schon mal versucht, eine Auskunft von der Personalstelle zu bekommen? Oder habt ihr etwa gewagt, eine Gefährdungsanzeige zu stellen? Oder wart ihr sogar so anmaßend und habt euch über etwas beschwert? Möglicherweise wurdet ihr nach Monaten vergeblichen Wartens auch noch ungeduldig und habt nachgehakt? So geht’s ja nicht, Freunde! Ein bisschen mehr Demut und Besinnlichkeit bitte.

Als ich selbst einmal auch nach Monaten mit einer schriftlichen Beschwerde nicht weiterkam, habe ich mithilfe eines Anwaltes darauf gedrängt, endlich wenigstens eine Antwort von der Behörde zu erhalten. Etwa sechs Wochen nachdem er einen entsprechenden Brief versendet hatte, kontaktierte mich der Jurist mit den Worten: Heureka, die Behörde hat den Eingang (!) unseres Schreibens bestätigt. Ich hielt seine Äußerung für Zynismus angesichts der langsamen Bearbeitung. Er meinte es allerdings vollkommen ernst und fand das eine für diese Bildungsbehörde ungewöhnlich flotte Reaktion - wohlgemerkt, für „diese“ Bildungsbehörde. Die höchst unbefriedigende Beantwortung ließ natürlich noch sehr viel länger auf sich warten und bedurfte weiterer Schreiben und Drohungen mit Untätigkeitsklage. Der ursprüngliche Beschwerdegrund hatte sich in der Zwischenzeit natürlich längst zementiert. Ich fürchte, ein solches oder ähnliches Szenario dürfte nicht wenigen von euch irgendwie bekannt vorkommen.

Dann eben etwas Selbstgebasteltes

Zum einen liegt das wohl an ebenfalls überlastetem Personal in der Behörde. So wie ich es wahrnehme, ist es aber häufig eher eine Frage der Einstellung. Werden wir und unsere Anliegen ernst genommen? Begegnet man uns seitens der Behörde erst mal mit Wohlwollen? Das würde ja nix kosten - was Selbstgebasteltes quasi. Viele von euch haben ebenso wie ich die Erfahrung gemacht, dass oft eher eine abweisende Haltung vorherrscht oder die Anliegen, auch wenn sie dringend sind, einfach ignoriert werden. Auch aus meinem personalrätlichen Alltag kann ich diese Wahrnehmung leider nur bestätigen.

Neben einer positiven Grundhaltung gegenüber dem wertvollen Schulpersonal, gäbe es aber auch ganz konkrete Maßnahmen der Wertschätzung, die nichts kosten. Vielleicht klappt’s ja damit.

Alle Jahre wieder

Wie wär‘s zum Beispiel mit verlässlichen Teilzeitregelungen, die sicherstellen, dass man auch in dem Umfang arbeitet, für den man tatsächlich bezahlt wird und nicht mit so einer Wischiwaschi-Richtlinie, für die man sich gar nichts kaufen kann? Oder Regelungen, die eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen. Oder zur Abwechslung mal Vertrauen statt Misstrauen – also weg mit der Fortbildungsverordnung und unnützen Präsenzpflichten ... Ja, ja - ich weiß, ich wiederhole mich. Aber so lange sich diese Dinge nicht ändern, werde ich es eben alle Jahre wieder sagen, wenn’s sein muss, auch singen.

Bis dahin gibt’s von den Verantwortlichen, wie alle Jahre, bestimmt wieder warme Worte zu Weihnachten. Oder wenigstens lauwarme, die würden auch super zum Wetter passen. Ich freue mich darauf!