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Schwerpunkt

Hamsterrad und Warteschleife

Meine Meinung

Lehrerdemonstation der GEW im Jahr 1979. Kopf des Demonstrationszuges in der Bahnhofstraße. Im Hintergrund ist die Hochstraße Breitenweg und der Hauptbahnhof in Bremen zu sehen
Warnstreik der Lehrkräfte 1979

Das Bildungs-Desaster der letzten Jahrzehnte ist nicht vom Himmel gefallen. Die offizielle Bankrotterklärung fehlt allerdings noch. Landauf, landab, ob Länder, Schulen, Beschäftigte, überall ein Stöhnen über diverse eklatante Mängel in Versorgung, Ausstattung, Bürokratie, Arbeitspensen, Wertschätzung der pädagogischen Arbeit. Das Stöhnen ist berechtigt, aber meistens viel zu leise, nicht störend in den niederen Sphären der Bildungsbehörden oder verantwortlichen Politik. Vielleicht gar nicht gehört.

Grund der Misere: Dauernde Fehlentscheidungen und fehlende Entscheidungen von Menschen, die von unserem Metier kaum mehr als einen blassen Schimmer haben. Auch, dass diese sich dann einen Unterbau genehmigen, dem auch die Ahnung fehlt. Oder ist dieses bewusste Politik? Beispiele? Dafür reicht der Platz in diesem Heft leider nicht. Erinnert sei an eingeflogene Senatorinnen, eingeflogene Staatsräte, alle ohne irgendeine Ausbildung, die auch nur entfernt am Horizont auf pädagogische Empathie hoffen ließen. Bildungsdeputierte, die die meisten Schulen nur dann wahrnahmen, wenn sie zur Schrottimmobilie mutierten.

In der Rüstung sind sie fix, für die Bildung tun sie nix

Und wir sprechen bisher noch gar nicht vom Bundestag: Dieser segnet Kriegskredite von 100 Milliarden ab, und Pistorius (SPD!) will die BRD „kriegsfähig“ machen. Lese- und rechtschreibfähig wäre ein Programm, friedensfähig auch. Eine geplante Kürzung des Bildungsetats ist fatal und protestwürdig, mindestens. Wie in Rumänien (!) gehen hier 0,7 Prozent des BIP in die Grundschule, in Schweden 1,2 Prozent. In der Politik herrscht Fachkräftemangel, eventuelle intellektuelle Möglichkeiten der Gehirne sind zum sinnvollen Denken ungenutzt, unbrauchbar oder dauernd im geistigen Sinkflug. Aber vorn tragen sie das „The show must go on“-Schild vom „hohen Gut der Bildung“, der „Chancengerechtigkeit aller Kinder“, „unserer Zukunft“. Das ist Bla-Bla. Das kostet nichts. Von den von mir erlittenen Bildungspolitiktypen konnten und können wir nichts erwarten. Allerdings hieß es immer, wir warten mal 100 Tage Amtszeit ab, vergeblich warteten wir vier Jahre oder zumindest, bis die Gewählten oder Ungewählten hinschmissen.

Vorher sonderte man hirnlose Statements ab wie „der Markt ist leergefegt“ (aller Orten und keiner hat’s bemerkt!), „plötzlich Fachkräftemangel“ (weil sie keine ausbilden!), „wir sind auf dem richtigen Weg“ (Highway to hell), „können wir momentan noch nicht realisieren“ (Doppelbesetzung?) oder „wir bilden exclusive Inklusionsgruppen“ (temporäre Lerngruppen?).

Oh, schade, die Beamten dürfen ja nicht …

Wenn mich jemand fragt: Das Verbeamtentum, was immer vorgeschoben wird, sollte niemanden von drastischen Abwehrreaktionen gegen mittlerweile gesundheitsschädigende Arbeit abhalten: zuhause bleiben, krankfeiern, Ganztag kürzen oder ablehnen, Zusatzarbeiten ablehnen, Schulen schließen durch kollektive Arbeitsverweigerung. Radikaler werden als Selbstschutz? Ja, auch, aber zum Schutz der Kinder und der Pädagogik, die doch Mittelpunkt sein sollten. Tausende von Quereinsteigern, Unqualifizierten, von Leuten, die irgendwie den Laden am Laufen halten? Wozu? Die gibt’s doch in der Politik schon zuhauf! Wollen die Schulen warten, bis das untaugliche, unterfinanzierte, ausgelaugte System endgültig zusammenbricht? Oder möchte mal jemand diskutieren, was man eigentlich machen könnte und sollte? Außer in der Wiederholungsschleife festzuhängen?

Das wäre zumindest mal wieder ein Anfang, scheint aber im Moment die Ausnahme. Individueller Rückzug auf Yoga und Sauna, Waldbaden, Ayurveda oder die Chakren mal durchpusten, Reduzierung der Arbeitszeit haben anscheinend den Schub nicht gebracht, der länger schon bitter nötig wäre, damit die Karre nicht ganz im Dreck versinkt.