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37 Stellen weniger als im Vorjahr

Was in den vergangenen Jahren nicht möglich schien, hat die Bildungsbehörde dieses Mal geschafft: Am 30. April gegen 16.00 Uhr erhielten die Bremer Schulen ihre Soll-Zuweisung, d.h. eine Mitteilung über die für das nächste Schuljahr zugebilligten Lehrerstunden. Dieses Stunden-Soll ist Grundlage für die Lehrerzuweisungen und die Neueinstellungen.

Ob das „Soll“ auch erfüllt wird, wissen wir am Anfang des neuen Schuljahres. Seit Ende Mai gibt es auch eine Gesamtübersicht für alle Schulen. Mit dieser Übersicht wird ein Zustand wieder hergestellt, der bis 2006 normal war. Die Bildungsdeputation wurde bis dahin regelmäßig über den Versorgungsstand informiert. Veränderungen zwischen den Schuljahren waren nachvollziehbar, es herrschte ein gewisses Maß an Transparenz. Die zurückgetretene Bildungssenatorin und ihr Staatsrat hielten dies nicht für nötig.
Interessant sind diese Übersichten vor allem, wenn man sie längerfristig vergleicht. So kann man sich ein Bild davon machen, was tatsächlich in den Schulen ankommt. Das ist bedeutend informativer als die vom Senat abgegebenen politischen Erklärungen.

Stellenabbau auch unter Rot/Grün

Die rot/grüne Koalition war 2007 mit dem Anspruch angetreten, den Lehrerstellenabbau der Großen Koalition zu beenden. Die Übersicht über die Soll-Zuweisungen ergibt folgendes Bild:

Lehrerstunden-Soll-Zuweisungen
2006/07-2012/13-2013/14
Öffentliche Schulen, Stadtgemeinde Bremen

Schuljahr

2006/07

2012/13

2013/14

 

109860

108780

107802,8


Es wird bei diesem Vergleich deutlich, dass immer weniger Stunden in den Schulen ankommen. Umgerechnet in Stellen betrug die Reduzierung von 2006 bis 2012 ca. 40 Stellen. Jetzt, nachdem die Koalition 2011 die Ausdehnung der „PEP-Quote“ auf die Schulen beschlossen hatte, fällt das Ergebnis noch deutlicher aus: Minus 37 Stellen von 2012/13 auf 2013/14. Von „mehr Lehrerstellen“, wie der Senat im April verkündet hatte, kann nicht die Rede sein. Es bestätigt sich, was die GEW von Anfang an vermutet hatte: Das „Mehr“ bestand darin, dass die neue Bildungssenatorin die im letzten Sommer vom Senat beschlossene Abbauverpflichtung von 150 Stellen zum größeren Teil nicht erfüllen muss. 121 Stellen wurden nachfinanziert. Das war die „Schippe drauf“. Außerdem sollten 35 Stellen durch Umschichtungen im Bildungshaushalt erbracht werden. Es deutet sich an, dass diese Umschichtungen undurchführbar sind und jetzt als Minus im Stunden-Soll der Schulen erscheinen.

Entwicklung der SchülerInnenzahl

Nun argumentiert insbesondere der Fraktionsvorsitzende der Grünen mit der „demographischen Rendite“: die Versorgung habe sich wegen der sinkenden SchülerInnenzahl trotzdem verbessert. Gehen wir also vom Regierungsantritt der rot-grünen Koalition 2007 aus:

Zahl der SchülerInnen in
den öffentlichen Schulen
Stadtgemeinde Bremen

Stufe

2006/07

2012/13

Primar

18455

15664

Sek I

26113

23311

Werkschule

 

430

GyO

6098

7123

FÖZ

1879

757

BS TZ

13906

13730

BS VZ

6312

6173

Summe

72763

67188


Im laufenden Schuljahr haben wir 5575 SchülerInnen weniger als 2006/07. Das ist ein Rückgang um 7,66%. (Hierbei sind wohlgemerkt nur die öffentlichen Schulen erfasst. Daneben sind noch die Privatschulen zu berücksichtigen. Ihr Anteil an der Gesamtschülerschaft ist seit 2007 von 10,4% auf 12,4% gestiegen).
Hat nun dieser Rückgang der SchülerInnenzahl zu einer verbesserten Versorgung geführt? Wenn ja, dann müsste sich das u.a. in einer Verringerung der Klassen- und Kursfrequenzen niedergeschlagen haben.

Entwicklung der Klassen- und Kursfrequenzen

In der Primarstufe wirkte sich der Rückgang um 2791 SchülerInnen (ca. 15%) zwar auf die Klassenfrequenz, aber wenig auf den Grundbedarf an Lehrkräften aus, da die Zahl der Klassenverbände sich – ohne politischen Staub aufzuwirbeln - nicht im gleichen Umfang vermindern ließ: Sie wurde „nur“ von 815 auf 787 (also um 3,4%) gesenkt. Noch weitere Klassenzusammenlegungen oder gar Schulschließungen hätten den eigenen politischen Anspruch auf „frühe Bildung“ verhöhnt. Die durchschnittliche Klassenfrequenz hat sich von 21,9 auf 19,9 verbessert, also um 9,1%.
In der Sekundarstufe I dagegen hat man bei der Streichung von Klassenverbänden „zugeschlagen“: Ihre Zahl ging von 1180 auf 1025 zurück, also um 13,1% (während die SchülerInnenzahl sich um 10,7% verminderte). Und das auf der größten Baustelle des Schulsystems! Dementsprechend haben sich in der Sek. I die Klassenfrequenzen auch nicht merklich verbessert. Die Durchschnittsfrequenz beträgt im Gymnasium 26,5 (2007: 26,6) und in der Oberschule 22,0 (2007: Gesamtschule 22,1, Sekundarschule 22,4). Da die Gy-Klassen in den Schulzentren ab Klasse 5 aufsteigend aufgelöst werden, erhöht sich in den Oberschulklassen der Lehrerbedarf zur Erreichung einer Durchschnittsfrequenz von 22,0 leicht. Berücksichtigt man dabei, dass andererseits die Förderzentren LSV mit einer Durchschnittsfrequenz von 10,3 aufgelöst werden, so zeigt sich, dass die Inklusion in Bezug auf die Klassenfrequenzen weitgehend zum Nulltarif stattfindet.
Schließlich ist in der GyO sogar eine Erhöhung der Durchschnittsfrequenzen zu verzeichnen: Sie betrugen 2008/09 in den Grund- und Leistungskursen 18,9. Heute liegen sie in den Leistungskursen bei 21,5 und in den Grundkursen bei 20,5.
In den Berufsschulen ist die Durchschnittsfrequenz mit 20,3 unverändert geblieben.

Fazit

In ihrem Schreiben an alle Lehrkräfte vom 6. Mai bewertet die Senatorin für Bildung die Nachbewilligung von 7,5 Mio. €, mit der der Crash vermieden wurde, der am Ende der Jürgens-Pieper-Ära drohte, „auch persönlich als Erfolg“. Dies mag aus der internen Sicht des Senats, wo die verschiedenen Ressorts um den viel zu kleinen Kuchen streiten, sogar stimmen. Fakt bleibt aber:

  • Diese Nachbewilligung wurde vom Senat durch die Nichtanpassung der Beamtengehälter gegenfinanziert, d.h. durch einen Affront gegen diejenigen, die es an den Schulen richten sollen.
  • Auch durch die Nachbewilligung konnte der vorherige Stellenbestand der Schulen nicht gehalten werden
  • Für dringend notwendige Nachbesserungen in den Bereichen Inklusion, Integration der Oberschule und LehrerInnenausbildung sind keinerlei Mittel eingeplant.


Bedenkt man, dass die perspektivlose Kürzungspolitik des Senats bis 2019 fortgesetzt werden soll, so ist klar, dass massive Einschnitte nach der Bürgerschaftswahl 2015 schon jetzt als Pläne in den Schubladen liegen.
Wo soll das enden? Eine grundlegende Auseinandersetzung mit der Sanierungspolitik des Bremer Senats wird immer dringlicher.