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Gesellschaftspolitik

Frauenpolitik aus Leidenschaft

Medine Yildiz ist Anfang Januar 2023 erneut als DGB-Vertreterin in den Landesfrauenrat entsandt worden. Zudem arbeitet sie schon länger im Betroffenenbeirat zur Umsetzung der Istanbul-Konvention mit.

Erzähle, wie du zu deinem neuen Amt gekommen bist.

Zunächst war ich als einzige Migrantin für eine Legislaturperiode im Vorstand des Landesfrauenrats. Dieser Aufgabe bin ich sehr gerne nachgekommen. Unter anderem trat ich in Kontakt mit Migrantinnen-Gruppen, unter anderem aus der kurdischen, arabischen, und alevitischen Frauencommunity, um sie dem Landesfrauenrat näherzubringen. Auch war ich seit meiner Jugend gewerkschaftlich aktiv, dies unter anderem als Arbeiterin bei der Deutschen Post. Dort war ich zunächst als Vertrauensfrau, dann im Betriebrat tätig. Im September 2022 bin ich in den Verdi-Bezirksvorstand gewählt worden.

Wie können Gewerkschaften speziell das Gender-Pay-Gap bekämpfen?

Wir als Gewerkschaften bemühen uns, eine tarifvertragliche Regelung in Betrieben durchzusetzen, damit die gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit für Männer und Frauen gewährleistet werden kann.  Es müssen mehr Frauen in Führungspositionen. Die Gewerkschaften müssen besonders auf die Politik Druck ausüben. So gibt es zum Beispiel als Forderung an die Bremer Politik den Entwurf des "Tariftreue- und Vergabegesetzes". Ein weiteres Beispiel ist der Vorschlag, des sogenannten EG-Check-Verfahrens. Dieses Verfahren währe eine effektive Methode zur Überprüfung der Entgeltggleichheit zwischen Männern und Frauen.

Ein wichtiges Thema für dich ist auch Gewalt gegen Frauen, auch aufgrund eigener Erfahrungen. Kannst Du berichten?

Ich bin von mehreren Arten von Gewalt betroffen gewesen. Darunter unter anderem häusliche Gewalt in meiner Kindheit und staatliche Gewalt aufgrund meinen politischen Aktivitäten in der Türkei. Zuletzt 2020 habe ich von Rechtsradikalen eine Morddrohung per Email erhalten. Der Absender bekannte sich als "NSU 2.0". Die Morddrohung: "Sie minderwertige Türkische Kreatur sollten demnächst aufpassen, an welchen Orten in Bremen Sie sich alleine aufhalten werden. Wir werden Sie entführen, wenn wir Ihnen das nächste mal über den Weg laufen, oder gar mit einem Beil attackieren oder sogar Sie von hinten erschießen." So etwas ist natürlich ein Schock, nicht nur für einen selber, sondern auch die Familie und Nahestehende. Aber weiterkämpfen ist die beste Therapie! Aus diesen Gründen bin ich seit einem Jahr im Betroffenenbeirat zur Umsetzung der Istanbul Konvention (B*BIK).

Denkst Du, die Verabschiedung der Istanbul-Konvention hat etwas gebracht?

Auf jeden Fall! Bremen ist das erste Bundesland, in dem ein Betroffenenbeirat von der Senatorin für Frauen gegründet wurde. Insgesamt wurden 175 Maßnahmen beschlossen, beispielsweise die Einrichtung einer "zentralen Gewaltschutzambulanz" im Klinikum Bremen Mitte, oder auch die Erhöhung der Plätze in den Frauenhäusern auf insgesamt 160 in Bremen, sowie die Erweiterung der Angebote insbesondere für vulnerable Gruppen. Ein weiteres Beispiel ist die Sensibilisierung von Ärztinnen und pflegerischem Personal, sowie Fortbildungsangebote und Informationsmaterial.

Was geht in dir vor, wenn Du die Bilder aus dem Iran siehst?

Als Frauenrechtlerin blutet mir das Herz. Einerseits empfinde ich Wut, andererseits Hilflosigkeit, da ich persönlich nichts dagegen unternehmen kann. Ich nehme bei solidarischen Demonstrationen teil und habe hier lebende iranische Frauen dabei unterstützt, Kontakt zur Bürgerschaft herzustellen.