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Schwerpunkt

Erstsprachen nicht negieren

Fachtag der GEW: Eine Schule, viele Sprachen

Eine Schule, viele Sprachen war das Motto des Anfang Mai durchgeführten Fachtags des AK Zuwanderung, ehemals „Gute Bildung für Geflüchtete“. Mit einem Kanon aus Vorträgen und Workshops wurden Erstsprachen und Spracherwerb aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Einführend stellte Christopher Hupe, Bündnis 90/ Die Grünen und Vorsitzender des Ausschusses für Migration und Inklusion, die aktuelle Auseinandersetzung der Grünen zum Thema „Bildung und Sprachkonzepte“ dar. Prof. Dr. Andrea Daase von der Universität Bremen, Erziehungswissenschaftlerin mit dem Schwerpunkt DAZ/DaF, referierte zu Mehrsprachigkeit, den Chancen und bestehenden Hürden im System. Sehr anschaulich verdeutlichte sie den noch oft diskriminierenden aktuellen Umgang mit mehrsprachigen Schülerinnen und Schülern.

Muttersprache und Selbstermächtigung

Mit einer Stunde hatten wir die Zeit für diese Einführung und Diskussion viel zu knapp bemessen und können hoffentlich den Austausch an anderer Stelle fortführen. Zu anderer Zeit möchten wir auch den Workshop: „Muttersprache – das Mittel zur Selbstermächtigung“, nachholen. Die Frage: Besteht ein direkter Zusammenhang zwischen Muttersprache und Gender und wie wirkt sich unser Verhältnis zu (unserer sprachlichen) Identität auf Stärken, Gefühle, Gedanken und Persönlichkeiten aus? Eine spannende Diskussion, die wir unbedingt führen möchten.

In den Workshop Phasen ging es um:

1.            Diagnostik2P ist bundesweit das erste Diagnoseinstrument im schulischen Bereich, das kultursensibel und mit spracharmen Aufgabenstellungen arbeitet und den Entwicklungsprozess der Jugendlichen durch die Möglichkeiten wiederholter Testungen sichtbar macht. Mit den Bausteinen Deutsch, Englisch und Mathematik wird der aktuelle Stand fachlicher Kompetenzen erhoben und eine Ausgangslage zur gezielten individuellen Förderung und Hinführung zur Beschulung in Regelklassen definiert. Neben einer Einführung war Zeit für den Austausch über 2P, neue Programme, Bremens Sprachenvielfalt und diskriminierende Akzeptanz, so wie Forderungen zur Anerkennung der Herkunftssprachen.

2.            Anerkennung der Erstsprachen und wie sie für Zeugnisse zählen könnten. Der lange Weg, den die Aktiven bislang gegangen sind und die beharrliche Weigerung der Behörden. Immer wieder kamen die Kolleg:innen an den Punkt, dass Schulvorgaben zu statisch sind. Die gesellschaftliche Öffnung zu Toleranz, Integration, Wertschätzung findet vor allem ihren Ausdruck in Forderungen. Politisches Handeln findet nicht statt und blockiert dadurch die dringend notwendige Umsetzung, damit die vielgepriesene Willkommenskultur wirksam werden kann.

3.            Lernen mit allen Sprachen im Fachunterricht, unterstützt durch das digitale Lernportal Binogi. Dies wurde vorgestellt und eingeführt. Die Chancen und immer wieder die dadurch teil werdende Anerkennung und Wertschätzung der Erstsprache und der bereits erworbenen Kenntnisse der Schülerschaft, sowie die Wirksamkeit der gelebten Mehrsprachigkeit kann so unterstützend umgesetzt werden.

4.            Bremer Sprachenvielfalt. Angeregt durch die aktuelle Ausstellung „Bremen spricht“ haben die Wissenschaftlerinnen ihre umfassende Datensammlung aufbereitet und einen ansprechenden Workshop entwickelt. Anhand von praktischen Beispielen wurde auch hier die diskriminierende Haltung der Behörde deutlich benannt. Wie viele Sprachen darf ein Kind sprechen? Kann ein mehrsprachiges Kind eine gute Schülerin / ein guter Schüler sein?

In einer globalen Welt ist es kontraproduktiv, die Erstsprachen zu negieren. Unsere Forderung nach mehr Erstsprachenpflege an den Schulen, durch integrierte Angebote und Öffnung der Unterrichtsstrukturen ist drängender denn je. Das aktuelle Beispiel der ukrainischen Schüler:innen und Lehrkräfte zeigt deutlich: Es geht!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

2023 haben wir Bürgerschaftswahl und jetzt werden die Parteiprogramme geschrieben. Damit die Politiker:innen uns nicht vergessen, zeigen wir ihnen die Realität in unseren Einrichtungen.

Dazu brauchen wir Dich!  Wir werden bald Hospitationen mit den bildungspolitischen Sprecher:innen organisieren - in Kita, Schule, Uni, mit der Schulsozialarbeit, mit nicht unterrichten Pädagog:innen. Bist du dabei? Melde dich unter: info [at] gew-hb [dot] de | Betreff: Realitätscheck.

Die letzten Klicks vor dem Druck: (vlnr) Werner Pfau, Karsten Krüger und der Grafiker Kai Becker bei der Schlussredaktion (Foto Mo 8. Febraur 2021)