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Kolonialismus im Unterricht

Eine islamistische Parteigründung?

In einigen Bundesländern formiert sich die Dava-Partei mit Personal aus den konservativen Moscheeverbänden. Ob dies in Bremen auch passiert, ist noch unklar. Denn hier bestehen gute Verbindungen zu SPD und CDU.

Fatih Zingal tanzt auf vielen Hochzeiten. Erst SPD, jetzt DAVA… Foto: Neues Deutschland

Lange Zeit haben sich Funktionäre der deutschen Moscheeverbände in der SPD engagiert und sind dort bisweilen zu Einfluss und Posten gekommen.  Sie sitzen in Landes- und Stadtteilparlamenten sowie diversen Gremien. Jüngstes Beispiel: Am 4. Februar wurde gerade Mustapha Lamjahdi, der Verbindungen zu einem Netzwerk der Muslimbrüder haben soll, auf Platz 52 der Wahlliste der SPD für die Europawahl gewählt. Über Nurtekin Tepe, den neuen religionspolitischen Sprecher der Partei in Bremen, wurde im Bildungsmagazin bereits berichtet. Während sie sich im öffentlichen Raum politisch oft eher unauffällig verhalten, gibt es immer wieder Gerüchte, wonach sie intern ihren Einfluß geltend machen, etwa wenn es um die Durchsetzung von Moscheeprojekten oder, neuerdings, religiös gebundenen Kindergärten geht.

Abwanderung aus der SPD

Mit der Gründung der türkisch-islamistischen DAVA ( „Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch“) kommen die meisten erfolgreichen Netzwerker vermutlich jetzt in Zielkonflikte. Inhaltlich steht ihnen DAVA deutlich näher als die SPD. Die Spitzenleute bei DAVA kommen aus der Union Internationaler Demokraten (UID), einem nationalistischen Lobbyverband für Erdogans AKP, oder waren führende Funktionäre von DITIB und Milli Görüs. Wie etwa Mustafa Yoldas, der ehemalige Vorsitzende des IHH Hamburg, eines Spendenprojektes, das für seine Unterstützung der Hamas bekannt und vom Bundesinnenminister 2010 verboten wurde. In diesen Milieus wird Geschlechtertrennung praktiziert, die Scharia, mit der implizierten Diskriminierung von Frauen, praktisch gelebt. Von Homophobie nicht zu reden. Ausgerechnet DAVA soll die Opfer des antimuslimischen Rassismus vertreten. Dies behaupten zumindest die beiden ehemaligen SPD-Mitglieder Fatih Zingal, früher UID Vorstand und jetzt Spitzenkandidat bei DAVA, und Teyfik Oezcan (früher Redakteur des staatlich türkischen Senders TRT Deutsch), der am Tage vor der Gründung der DAVA noch aus der SPD ausgetreten ist und jetzt Vorsitzender des neuen Projektes wurde.

Dissens über Gaza

Zentralen Dissens zwischen SPD und islamistischen Netzwerkern dürfte die Rolle der Bundesregierung im Gaza Krieg bewirken. In den sozialen Netzwerken ist Olaf Scholz zur Hassfigur vieler islamistischer Verbandsfunktionäre mit enorm hohen Likezahlen geworden, da er sich verbal sehr deutlich auf die Seite Israels gestellt hat. Die Parteien aus dem jetzigen Dava Spektrum, die türkisch-islamistische AKP, die Yenedin Refah und die faschistische MHP haben sich in den letzten Monaten mit Vernichtungsaufrufen gegen Israel geradezu einen Überbietungswettlauf geliefert.

Vereinheitlichung des Spektrums

Mit der DAVA findet jetzt der Versuch einer weiteren Vereinheitlichung des türkisch islamistischen Spektrums in Deutschland statt. Die Kandidatur des Vorsitzenden des schiitischen Dachverbandes, IGS, Mohammed Ale Hosseini, mit ca. 150 Mitgliedsmoscheen und Vereinen, auf der Wahlliste zur Europawahl, lässt darauf schließen, dass DAVA nicht nur die türkischsprachige, sondern alle relevanten muslimischen Sprachgruppen erreichen will. DAVA ist jedenfalls nicht das Widerstands -, und Selbstbehauptungsinstrument einer unterdrückten Minderheit, sondern eher eine „türkische AfD“, wie Ali Ertan Toprak sagt, Vorsitzender der Kurdischen Gemeinde Deutschlands.

Und Bremen?

Im Weser-Kurier gab Schura-Vorsitzender Murat Celik folgenden vielsagenden Satz zur DAVA-Partei von sich: „Wirklich gebraucht werde sie in Bremen nicht, denn hier hätten Wahlberechtigte muslimischen Glaubens schon länger die Möglichkeit, über Personenstimmen die Kandidaten ihres Vertrauens gezielt zu unterstützen.“ Neben Tepe gibt es in der SPD noch Basem Khan, der gute Beziehungen zur konservativen Dawa-Moschee haben soll. In der CDU-Fraktion sitzt Oguzhan Yasici, der wiederholt in Räumen der ATIB aufgetreten ist, die den Grauen Wölfen nahesteht. Ihnen haben Personenstimmen geholfen. Bei so kurzen Wegen wäre eine Bremer DAVA-Filiale aus Sicht der Beteiligten eventuell kontraproduktiv. Wie es weitergeht, bleibt abzuwarten.