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Bildungspolitik

Ein kompliziertes System

Eine US-Lehrerin und ihre Erfahrungen mit der Anerkennung ausländischer Abschlüsse

Foto: privat

Ich bin für immer dankbar für meine Zeit als Lehrerin in Deutschland. Ich habe viel gelernt und erlebt. Das Bildungssystem ist gut strukturiert, demokratisch und effektiv in der Bildung der Jugend. Ich habe aus den USA erworbene Bachelorabschlüsse in Französisch, Deutsch und Linguistik und ein Lehrzertifikat mit Referendariat. Im Jahr 2014, als ich am Schulzentrum Geschwister Scholl Gymnasium als Französisch- und Englischlehrerin eingestellt wurde, sollte ich mich mit dem Zentralen Prüfungsamt (ZPA) in Bremen in Verbindung setzen. Dort wurde eine Liste erstellt mit allen Unterlagen, die ich hinschicken müsste. Ich ließ viele meiner amerikanischen Unterlagen (Zeugnisse, Zertifikate, usw.) ins Deutsche übersetzen bzw. ein Führungszeugnis vom FBI holen (was viel kostete und letztendlich nicht nötig war).

Das Warten auf Post vom ZPA

Mittlerweile wurde ich vom Magistrat in TV-L10 eingruppiert und durfte anfangen zu arbeiten. Sechs bis acht Monate nach Abgabe meiner Unterlagen bekam ich ein Schreiben vom ZPA, wo stand, dass ich entweder eine Eignungsprüfung oder eine Anerkennungsmaßnahme an der Uni Bremen absolvieren und auch drei Jahre Erfahrung als vollzeittätige Lehrerin sammeln müsste. Das ZPA hat stark von einer Eignungsprüfung abgeraten. Damals war es aber leider nicht möglich, ein Programm an der Uni Bremen anzutreten, weil ich es mir finanziell nicht leisten konnte, meine Unterrichtsstundenzahl auf 13 zu verringern.

Das Warten auf Uni-Kurse

Im Jahr 2016 hat mein Partner diesen Prozess für mich wieder angefangen – er schickte viele Mails an das ZPA und fand heraus, was ich genau machen und mit wem ich reden müsste, um die Anerkennung zu schaffen. Monate und viele Treffen später wurde eine Kursliste für mich im Fachwissen Französisch erstellt. Ich musste aber fast ein Jahr abwarten, bis ich die Kurse belegen konnte, weil sie nur im Wintersemester stattfanden. Im Schuljahr 2018/2019 minderte ich meine Stundenzahl auf 13, damit ich die Seminare besuchen konnte. Ich musste 21 Credit-Points absolvieren (sechs davon konnte ich von einem Master-Programm an der Uni Bremen aus dem Jahr 2012 bis 2013 benutzen). Meine Kurse fanden montags (9.15 bis 10.45 und 14.15 bis 15.45 Uhr), mittwochs (14.15 bis 15.45 Uhr) und freitags (9.15 bis 10.45 Uhr) statt. Ich habe kein Semesterticket angeboten bekommen. Ich bin mit meinem eigenen Auto jedes Mal hin und hergefahren. Mein Partner hat damals viel von meinen Lebenskosten übernommen, damit ich das Programm antreten konnte.

Das Warten auf die korrekte Einstufung

Ich absolvierte das Programm im April 2019 und wartete bis Juli 2019 auf meine Noten. Mit dem Zeugnis ging ich zum ZPA, wo ich ein Anerkennungsschreiben mit Stempel erhielt. Danach brachte ich das Schreiben zum Magistrat und wartete auf meine Einstufung auf TVL-12. Sie haben sich für TV-L13 entschieden, jedoch stuften sie mich zwei von meinen schon erworbenen Erfahrungsstufen herunter. Mein Kollege in der GEW musste dies für mich erstreiten. Im September/Oktober 2019 wurde ich dann auf TV-L13 korrekt eingestuft.

Im Vergleich geringerer Verdienst

Was mich am meisten geärgert hat: Als Ausländerin, die das deutsche System nicht kennt, war es kompliziert, die ganzen Schritte zur Anerkennung zu verstehen und herauszufinden, wer mein Ansprechpartner war. Ich war auch von der Fahrerei belastet, weil es teuer war. Letztendlich muss ich auch sagen, dass ich in dieser Anerkennungsmaßnahme wenig Neues gelernt habe, weil ich vieles in meinem amerikanischen Studium schon gelernt hatte. Mir hätten Kurse über Schulrecht, Bewertung und Benotung mehr geholfen. Das Traurige ist, dass ausländische Lehrkräfte die gleiche Arbeit wie deutsche Lehrkräfte machen (manchmal mit mehr Fachwissen, wie zum Beispiel in Fremdsprachen), aber sie verdienen oft weniger oder müssen zurück an die Uni, um das gleiche Gehalt (und manchmal Respekt) zu bekommen. Es gibt auch viel weniger Aufstiegsmöglichkeiten, wenn man keine Chance auf Verbeamtung hat (wie ich).

Genauere Informationen nötig

Was muss besser werden: Es hätte mir sehr geholfen, wenn ich eine ausführliche Liste mit genauen Informationen zum Anerkennungsprozess bekommen hätte. Eine Ansprechperson in Bremerhaven hätte mir auch sehr geholfen. Der Magistrat sollte Angebote wie zum Beispiel Umzugsgeld oder schnelle Verträge auf Verbeamtung machen, damit LehrerInnen nach Bremerhaven kommen und sich ausbilden lassen und bleiben. Mittlerweile bin ich wieder in den USA. Momentan schreibe und veröffentliche ich einiges. Vielleicht gibt es eines Tages Memoiren über meine Zeit in Deutschland. Ich weiß nicht, ob ich wieder als Lehrkraft arbeiten möchte.