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Stichwort: Eigenverantwortliche Schule (EVS)

Die GEW hat sich in der Vergangenheit mehrfach für die Stärkung der pädagogischen Selbstständigkeit der einzelnen Schulen ausgesprochen. Dabei geht es darum, das pädagogische Handeln vor Ort den jeweiligen Bedürfnissen anzupassen, neue Lehr- und Lernformen zu erproben, die Rhythmisierung des Schultages zu gestalten, neue Formen der Rückmeldung jenseits von Ziffernzeugnissen zu entwickeln usw. Wesentliche Voraussetzung für pädagogische Selbstständigkeit ist eine demokratische Schulkultur, in der alle Beteiligten über die Entwicklungsschritte real mitbestimmen. Weitere wesentliche Voraussetzungen sind ausgebaute Unterstützungssysteme, die die Schulen auf ihrem Weg zu mehr pädagogischer Selbstständigkeit beraten und begleiten sowie ein gesicherter materieller Rahmen, insbesondere im Hinblick auf die ausreichende Versorgung mit qualifiziertem Personal.

Die Bildungsdeputation hat am 12.9.2007 auf Antrag der Senatorin für Bildung die Ausschreibung eines Pilotprojekts „Eigenverantwortliche Schule (EVS)“ beschlossen.
Für acht Modellschulen im allgemeinbildenden Bereich sollen durchschnittlich je 7,5 Lehrerwochenstunden und insgesamt 193.000 Euro bereitgestellt werden. In der Anlage über die Rahmenbedingungen heißt es lapidar: „Den Rahmen für die Umsetzung des Projektes bilden die novellierten Schulgesetze ...“.
Mit den Schulgesetzen der Großen Koalition, dem Abbau von Personal in den Schulen und in den Unterstützungssystemen sowie der Flut von bürokratischen Verordnungen sind in den letzten Jahren Rahmenbedingungen etabliert worden, die eine pädagogische Schulentwicklung massiv behindern.
Die jetzige Ausschreibung des Pilotprojekts hat wenig mit den Vorstellungen zu einer demokratischen und dezentralen Schulentwicklung zu tun. Voraussetzung für einen Dialog wären zunächst die Rücknahme wesentlicher entdemokratisierender Vorschriften des Schulverwaltungsgesetzes und eine in den Kollegien zu verankernde inhaltliche Debatte über Verbesserungen im Schulbetrieb. Ein Pilotprojekt ohne eine Novellierung des Schulverwaltungsgesetzes, bei fortwährendem Abbau der Unterstützungssysteme und ohne zusätzliches Personal dient nicht oder kaum der Erweiterung pädagogischer Selbstständigkeit sondern der betriebswirtschaftlichen Dezentralisierung.
Die Schulleitungen sollen bisherige Aufgaben der Bildungsbehörde übernehmen, ohne dafür entsprechend ausgestattet zu werden und ohne dass die Gesamtkonferenzen und Personalausschüsse vor Ort sowie die personalrätlichen Mitbestimmungsmöglichkeiten gestärkt werden. Unter den vorgegebenen Rahmenbedingungen verstärkt sich so der Druck auf die Schulen, Drittmittel einzuwerben und Personal zu Dumpinglöhnen und schlechteren Arbeitsbedingungen einzustellen.
Aus Sicht der GEW ist eine entscheidende Voraussetzung für eine Stärkung der Selbstständigkeit die demokratisch orientierte Novellierung des Schulverwaltungsgesetzes. Leitbild sollte dabei nicht die Schulleitung als betriebswirtschaftlich orientierter „Filialleiter“ einer Schule sein, sondern eine demokratische Schulgemeinde, die von einer pädagogischen, kollegialen Schulleitung als „Erste unter Gleichen“ geführt wird. Die Wiederherstellung der Rechte der Konferenzen einschließlich des Votums bei der Schulleiterfindung ist dabei unverzichtbarer Bestandteil.
Die GEW empfiehlt den Kollegien, diese Überlegungen sowie die vom Personalrat Schulen herausgegebene „Checkliste Eigenverantwortliche Schule“ und die darin enthaltenen Fragen insbesondere zu den Arbeitsbedingungen in ihre Diskussion und Entscheidung über die Teilnahme an dem Modellversuch einzubeziehen.

Kontakt
Karsten Krüger
Schriftleiter des Bildungsmagaz!ns
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