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GEW Bremen

Abschiedsrede für Christian Gloede

Christian Gloede, GEW-LandesVorstandssprecher seit 2005, tritt im November nicht wieder an. Auf dem Gewerkschaftstag im November verabschiedete Caren Emmenecker (Landesvorstand GEW Bremen) Christian.

Abschiedsrede für Christian Gloede von Caren Emmenecker (Landesvorstand GEW Bremen)

Liebe Kolleginnen und Kollegen – lieber Christian

Es ist ein wenig kurios – ich bin sehr dankbar, dass ich Dir Christian diese Rede halten darf und ich bin traurig, dass sie gehalten wird - zum Abschied – weil Du, Christian nach 14 Jahren nicht mehr als Landesvorstandssprecher der GEW - unserer Gewerkschaft - antreten wirst.

 

Lieber Christian, liebe Kolleginnen und Kollegen,

in den letzten Tagen habe ich mit vielen Menschen über Dich gesprochen, mit Menschen aus unserer Gewerkschaft, aus der Geschäftsstelle, aus dem DGB, aus der Behörde. Und es ist großartig was da zusammenkam - an Erinnerungen, an Verständnis wie Unverständnis für Deine Entscheidung, an Betroffenheit und Bedauern und an Respekt wie großem Dank für Dein Wirken.

Und was für ein großes Kompliment, dass das Bild von Dir bei allen fast gleich ist: Gerade und unverstellt, ein Mensch mit klaren Positionen -  wie wichtig ist das in diesen politischen Zeiten: klar zu sein!, 24/7, fordernd, mit Dir selbst oft grenzenlos - häufig zu grenzenlos, klug und unbequem, konsequent wie pragmatisch, unbeirrbar, ein streitbarer Mensch, gerecht, ein Streiter, mutig, leidenschaftlich und dabei konstruktiv wie lösungsorientiert im Sinne der gemeinsamen Sache.

Das kommt Deinem Leitsatz: „Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren!“ schon sehr nah.

 

Christian ist vor mehr als 20 Jahren als Behindertenpädagoge aus den kirchlichen KiTa in den Bremer Stadtverbandsvorstand der GEW gekommen. Damals organisierte die GEW in den Schulen fast nur Lehrkräfte. Also hast Du Dich um die wenigen GEW-Mitglieder in den KiTa gekümmert. Das war nicht einfach, weil die ÖTV (später Teil von ver.di) die Organisation von Erzieher*innen als ihr Monopol ansah. Gegen diesen Anspruch gehst Du, gehen wir als vehemente Gegner*innen aller Abtretungsgeschäfte an ver.di heute noch an.

Als Interessenvertreter in den kirchlichen KiTa bist Du bald Vorsitzender der Mitarbeiter*innenvertretung geworden und hast damit die Kolleg*innen dort wie auch die Position der GEW im außerschulischen Bereich außerordentlich gestärkt.

Dein tarifpolitisches Wissen hast Du Dir vor allem in den KiTa-Streiks Ende der 1990-er Jahre angeeignet -und das wurde in der GEW  dringend gebraucht. Denn auch durch die zahlreichen Einstellungen von Pädagogischen Mitarbeiter*innen an den Schulen bekam die Tarifpolitik für die GEW insgesamt ein immer größeres Gewicht. Und weil ein großer Teil dieser Kolleg*innen nicht im öffentlichen Dienst, sondern bei freien Trägern beschäftigt war, hast Du selbstverständlich darum gerungen, dass sie angeglichen an den ÖD. bezahlt werden.

Inzwischen warst Du auch Mitglied der großen Tarifkommission der GEW auf Hauptvorstandsebene geworden und hast seit 2005 das Amt des Landesvorstandssprechers inne.

Etwas später kam Elke Baumann als Landesvorstands-sprecherin in Bremen hinzu, mit ihr hast Du den ersten Tarifstreik unter Einbeziehung der Beamt*innen im Jahre 2009 vorbereitet. Christians Anteil war insbesondere die Mobilisierung der Angestellten des ÖD und der freien Träger.

Seitdem hat er als Sprecher und Verhandlungsführer die GEW Bremen immer wieder in den zahlreichen Arbeitskämpfen vertreten. Dies nicht nur mit einem guten Gespür für die Verhandlungspartner*innen, oft eher -*innen, sondern auch mit Geduld, Zähigkeit und immer gut auslotend. Eine Kollegin erinnerte sich, dass Du in letzter Minute, durch schweigendes Sitzenbleiben und als eigentlich schon alles hätte vorbei sein können, in den Tarifverhandlungen mit dem Martinsclub noch 5% zusätzlich bei der Jahressonderzahlung für die unteren Entgeltgruppen rausgeholt hast.

Du hast mit der Bildungssenatorin gestritten, zäh und geduldig, dabei konstruktiv und lösungsorientiert, immer die Interessen aller Mitglieder und was für sie zu erlangen ist, im Fokus. Ihr habt zusammen das Bündnis für Bildung ermöglicht, habt A13 und nicht zuletzt das Thema ‚Seiteneinsteiger‘ durchgesetzt und geformt. Dabei warst Du für Claudia Bogedan, die Dir hier ihre Grüße übermitteln lässt, ein guter, harter, aber fairer Gesprächspartner.

Nicht zu vergessen: es soll nicht eine Tarifrunde ohne Berliner -satt in der Geschäftsstelle gegeben haben. Von Christian als Dankeschön für die geleistete Arbeit in einer besonders hochtourigen Zeit an die Kolleg*innen.

Seien es die kämpferischen politischen Reden bei Demos, Streiks oder zum 1. Mai  - selbst bei Dankesreden zu Abschieds-, Weihnachts- oder Jubilarsfeiern hast Du es immer geschafft, die Zuhörer*innen in den Bann zu ziehen und auf den Punkt genau die richtigen Worte zu treffen. Worte, die motivierten, ermutigten, oft das Herzen berührten. So hast Du es als Gewerkschafter, als politischer Mensch, immer wieder vermocht, Kolleg*innen zu gewinnen. Nicht indem Du ausschließlich vermeintlich eigene Interessen angesprochen hast, sondern weil Deine Reden tiefpolitisch sind, berühren und die jeweiligen, konkreten Interessen in die gesamtgesellschaftliche Lage einordnen.

Du hast wie so viele immer wieder darauf gedrängt und dafür gesorgt, dass die GEW eine Gewerkschaft ist, die die Interessen aller im Lehr-/Lernbereich Beschäftigten auf dem Schirm hat: die der Sozialarbeiter*innen, Lehrer*innen, Lehrenden aus Wissenschaft und Forschung, Erzieher*innen und Weiterbildner*innen wie die der Verwaltungskräfte in den Bildungsbetrieben und unserer Senior*innen; ebenso die der Lernenden.

Auch Dir liegt am Herzen, dass wir eine Organisation sind, die sich deutlich über  Bildungsfragen hinaus engagiert. So hat die GEW auch Dank Dir hohe Anerkennung in Bündnisfragen, beispielsweise zur Räterepublik, in den Bündnissen Soziale Arbeit, Wohnen als Menschenrecht, bei Schüler*innen- und Studistreiks, im Bremer Bündnis für Bildung erlangen können.

Als Arbeitgeber wirst Du von den Kolleg*innen der Geschäftsstelle als herausfordernd und anspruchsvoll, auch mal ins kalte Wasser schubsend, aber immer zugewandt wie wertschätzend wahrgenommen, mit Zutrauen in die Fähigkeiten und in der Regel Nachsicht bei Fehlern. Das Prinzip „Gute Arbeit“ wird von Dir nicht vor der Eingangstür der Geschäftsstelle abgelegt, sondern gilt als Maßstab auch in unserem Betrieb. Du hast Dich vehement für gute Arbeitsbedingungen, u.a. die Entfristungen von Arbeitsverträgen eingesetzt. Zwar warst Du wohl häufig eher irritiert, wenn Du wieder 100 % gegeben hast und die Kolleg*innen mit von Dir wahrgenommenen nur 50% bei der Sache waren. Aber auch das hast Du verknust, denn das kennst Du auch aus deinen anderen Wirkungsfeldern.

Du hast Rücken gestärkt, warst als Arbeitgeber-Kollege-Mensch ein Gegenüber. Immer mit der Maßgabe, dass jede*r ihre/seine Arbeit gerne und gut macht und dass dabei die Organisation/GEW gleichsam wie die Kolleg*innen gestärkt aus Konflikten herausgehen. Genau das habe ich selbst mit Dir erleben dürfen, als Du vor nicht allzu langer Zeit als Vorstandsmitglied ein bisschen wie ein Vorgesetzter für mich warst. Danke nochmals für Dein Zuhören, Deine Unterstützung und Deine klare Loyalität zu Arbeit und Leben Bremen.

Christian hat die GEW in ihrer ganzen Breite in den DGB getragen, sagte mir, mit Grüßen an Dich, unsere DGB Regionsvorsitzende Annette Düring. Nicht nur die Anliegen der Lehrer*innen, sondern die aller für Bildung zuständigen Beschäftigten und ihre Belange – mit dem klaren Blick über den Tellerrand Schule hinaus. Und mehr noch: Du hast im DGB, wie überall sonst die Interessen dieser Kolleg*innen - unsere Interessen - in den Kontext aller lohnabhängig Beschäftigten gestellt, und die Lage aller lohnabhängig Beschäftigten in den Zusammenhang von gesellschaftlichen Machtverhältnissen. Immer mit der Prämisse eines starken DGB, einer starken GEW als Mitgliedsgewerkschaft des DGB, Gewerkschaften als Teil der internationalen Gewerkschaftsbewegung – immer mit der Perspektive einer sozialen, solidarischen und gerechten Gesellschaft.

 

Seit der Pensionierung von Elke Baumann und Harry Eisenach im Jahr 2011 hast Du die GEW nicht nur tarifpolitisch, sondern zunehmend als Ansprechpartner für die Presse und schulpolitisch vertreten. Besonderes letzteres ist ein Feld mit vielen Fußangeln. Zwar gibt es in der GEW einen breiten Konsens im Kampf für eine bessere Bildungsfinanzierung und im Eintreten für eine ‚Schule für alle‘, bei der Beurteilung konkreter bildungs- wie gewerkschaftspolitischer Maßnahmen jedoch gibt es intern oft widersprüchliche Herangehensweisen, die nicht immer gut lösbar sind. Dazu kam, dass sich die Zusammenarbeit mit den Elke und Harry nachfolgend gewählten Landessprecherinnen kompliziert gestaltete und Du wieder mit der Arbeit als Landesvorstandssprecher auf Dich allein gestellt gewesen bist- man kann auch sagen allein gelassen warst.

Wir, Geschäftsführender – und Landesvorstand und weitere Beteiligte haben allesamt das Steuerbord, wenn ich unsere Gewerkschaft mal mit einem Tanker vergleichen darf, nicht mehr konstruktiv stärken können. Wir haben langwierige, konfliktreiche, Sitzungen, Begegnungen und Auseinandersetzungen hinter uns, die ihre Spuren hinterlassen haben. Spuren bei uns allen, bei Dir, Christian  die meisten - Du hast sie als Reibungsverluste bezeichnet als zu viele Reibungsverluste und ziehst nach 14 Jahren als Landesvorstandssprecher die Leine.

 

„Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren!“  Nein Christian, verloren hast Du nicht, Du bist auch jetzt, wie wir Dich kennen: konsequent und gerade.

Wir sehen uns wieder – in unserer Gewerkschaft, auf der Straße bei Aktionen, beim Feiern und vielem mehr.

Danke für alles, Christian