Das Durchsetzungsvermögen einer Gewerkschaft hängt wesentlich von ihrer Streikfähigkeit ab. Dies gilt zwar an erster Stelle für die Privatwirtschaft, aber in modifizierter Form auch für den Öffentlichen Dienst. Die Versuche der Bremer GEW, diese Fähigkeit zu erlangen, haben zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen geführt. Einen ersten Tarifvertrag gab es in den 90er Jahren bei einer Privatschule (Mentor). Außerdem hatten sich die angestellten Lehrkräfte ab 1988 an den Tarifstreiks im Öffentlichen Dienst beteiligt. Deren Anteil in den Kollegien war in Bremen im Verhältnis zu den anderen westlichen Bundesländern unverhältnismäßig hoch, da der Senat seit Ende der 70er Jahre die meisten Neueinstellungen im Angestelltenverhältnis getätigt hatte. Mit ca. 2000 Personen war das rund ein Drittel der Lehrkräfte. Die Netto-Gehälter nach dem Bundes-Angestelltentarif blieben hinter den Bezügen der Beamten immer weiter zurück, da die Angestellten ihre Beiträge zur Sozialversicherung leisten mussten, während die Beamten davon befreit waren. Die Differenz betrug in vielen Fällen bis zur 500 D-Mark monatlich, obwohl beide Gruppen die gleiche Arbeit leisteten. Als besonders ungerecht wurde empfunden, dass ab Ende der 90er Jahre junge Lehrkräfte wieder als Beamte eingestellt wurden. Zum Ausgleich forderte die GEW einen Bewährungsaufstieg für Angestellte und begann darüber im Herbst 2001 eine Tarifauseinandersetzung.
Der Angestellten-Streik von 2002
Der Streik begann vielversprechend. Eine Tarifkommission wurde gebildet und Demonstrationen und Warnstreiks fanden statt. Der Senat bot lediglich „politische Gespräche“ an. Im April führte die GEW eine erfolgreiche Urabstimmung durch. Nach mehreren Streiks, gegen die der Senat erfolglos klagte, wurde eine Schlichtung unter Ex-Bürgermeister Hans Koschnick angesetzt, die in den Sommerferien 2002 tagte. Die von beiden Verhandlungskommissionen unterzeichnete Einigungsempfehlung führte zu heftigen innergewerkschaftlichen Auseinandersetzungen in der GEW. Für die Angestellten wurde eine fünfjährige Gehaltszulage vereinbart, zur Refinanzierung wurde darin vom Arbeitgeber eine fünfjährige Arbeitszeitverlängerung für junge Lehrkräfte um eine Pflichtstunde angekündigt. Ein Teil der Angestellten befürwortete das Ergebnis als Teilerfolg des Streiks, ein Teil fand die Zulage zu niedrig. Viele Beamte, insbesondere die jüngeren, waren empört. Der Bremer Gewerkschaftstag im Herbst lehnte das Ergebnis mehrheitlich ab und die Verhandlungskommission trat zurück. Der Senat hatte inzwischen angekündigt, die bisher im Angestellten-Status eingestellten Lehrkräfte bis zum Alter von 50 nachträglich zu verbeamten. Aufgrund der Spaltung der Mitgliedschaft und der Einschränkung des Betroffenen-Kreises fehlte jetzt die Kraft zu weiteren Streiks. Eine neue Verhandlungskommission konnte lediglich erreichen, dass der Senat vom Plan einer fünfjährigen Arbeitszeitverlängerung Abstand nahm und diese auf zwei Jahre reduzierte. Die Zulage wurde noch leicht erhöht. Durch die vielen nachträglichen Verbeamtungen blieb der Streik in Bezug auf das Erreichen der Tariffähigkeit eine Episode.
Wenig später begannen auf Bundesebene langwierige Verhandlungen über einen neuen Tarifvertrag für die Angestellten im öffentlichen Dienst. Die Arbeitgeber hatten die Absicht, die Arbeitszeit zu erhöhen. Während dieser Verhandlungen riefen die GEW, ver.di und die GdP mehrmals zu Angestellten-Streiks auf. Höhepunkt in Bremen war ein Warnstreik von über 5000 Beschäftigten am 14. März 2005, an dem sich viele Lehrkräfte beteiligten. Im September 2005 wurde dann der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Kommunen und des Bundes (TVÖD) ohne eine Arbeitszeitverlängerung unterzeichnet. Die Länder weigerten sich jedoch, den TVÖD und damit die alte Arbeitszeitregelung von 38,5 Wochenstunden zu übernehmen und erst im Mai 2006 gab es nach weiteren Streiks ein Verhandlungsergebnis (TVL), das den Ländern Abweichungen ermöglichte. In Bremen betrug die Arbeitszeit seitdem 39,12 Wochenstunden. Die Frage der Eingruppierung der angestellten Lehrkräfte (LEGO) blieb ungelöst.