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Hilflosigkeit über Parteigrenzen

Nach Jahren mangelnder Unterstützung auch durch die Bremische Bürgerschaft greift das Landesparlament nun die Schulen frontal an. Wenn die Kernaussage lautet, dass es darauf ankomme, „was zwischen Lehrer und Schüler im Unterricht passiert“, sind die Schuldigen an den schlechten Ergebnissen von Seiten der Politik ausgemacht: Die Beschäftigten in den Schulen haben versagt!

Bremen – Die vorgeschlagenen „Maßnahmen“ bringen dagegen die tatsächliche Hilflosigkeit der Parlamentarier*innen zum Ausdruck:

  • Die Aussage von Bürgermeister Sieling (SPD), Struktur- und Qualitätsfragen angehen zu wollen, um in den Klassen etwas zu verändern, ist so allgemein wie ohne substantielle Aussage;
  • die Vorschläge von Matthias Güldner (Grüne), auf altertümliche Unterrichtsmethoden und Noten zu setzen, orientieren auf Paukschule und Disziplinierung. Sie finden zwar Zustimmung bei der CDU, ignorieren aber alle Erkenntnisse der Lehr- /Lernforschung;
  • die wiederholt formulierte Forderung, den Unterricht laut Stundentafel mit dem Hinweis auf das „Recht auf Bildung“ (FDP) garantieren zu müssen oder wegen der festgestellten Lernergebnisse nicht nur in Mathematik, sondern auch in Deutsch auszuweiten (Linke), verdrängt hartnäckig, dass dieses Bundesland ein echtes Problem hat, genügend Lehrkräfte zu gewinnen, um die gültige Stundentafel abzudecken.

Jenseits der Rhetorik besteht der tatsächliche Parteienkonsens darin, die Verantwortung für die Bildungssituation in Bremen, die maßgeblich auf das politische Handeln dieser Parteien zurückzuführen ist, abzulehnen und diese den Schulen zuzuschieben.

Vor diesem Hintergrund

  • beschließt die Bürgerschaft ein Qualitätsinstitut, das noch gegründet werden muss und
  • setzt sich für mehr Ausbilder*innen am LIS ein;

Der Senat seinerseits veröffentlicht einen „Pakt zur Verbesserung der Bildungsqualität“, der 19 Grundschulen eine Mathestunde zusätzlich pro Klasse ermöglicht, indem weitere Referendar*innen eingestellt werden. Diese Maßnahme erreicht damit knapp 10 % aller Schulen des Landes.

Und die Daumen müssen gedrückt werden, damit diese Initiative klappt, steht sie doch unter dem Vorbehalt, dass die zukünftigen Referendar*innen auch ihren Dienst in Bremen tatsächlich antreten. Nur zur Erinnerung: Im Sommer 2017 wurden nicht alle Referendarsplätze besetzt (Bewerber*innenmangel) und die Haltekraft des Landes beim Übergang vom Studium ins Referendariat kritisch eingeschätzt (vgl. das kürzlich vorgelegte Personalentwicklungskonzept). Außerdem sind Referendar*innen Auszubildende. Bei allem persönlichen Einsatz, der von ihnen eingebracht wird, müssen sie lernen zu unterrichten!

Abschließend muss gesagt werden, was die Parteien in ihrer Geschlossenheit nicht tun:
Sie gehen nicht daran, die Ausstattung der Schulen so zu verbessern, dass diese dem schulgesetzlichen Bildungsauftrag nachkommen können.
Und sie schaffen keine Bedingungen, weder hinsichtlich der Ausbildungskapazitäten an der Universität noch bezüglich der konkreten Arbeitssituation an den Schulen, um nachhaltige Verbesserungen zu ermöglichen.
So stellt man lieber seit PISA unbestrittene Zusammenhänge über Sozialstruktur und Bildungserfolg als Erklärungsansatz in Abrede – und bewegt sich jenseits jeder wissenschaftlichen Expertise.

Die Hilflosigkeit ist nicht wegzudiskutieren!

Für Nachfragen steht zur Verfügung: Bernd Winkelmann | 0162—97 31 230