Arbeitszeiterfassung
Geschäftsmodell auf Kosten der Gesundheit
Senat hebt Beschluss zur Arbeitszeiterfassung in Schulen auf | Gemeinsame Presseerklärung des Personalrats Schulen und der GEW Bremen
Wüsste man es nicht besser, könnte man es schon für einen Aprilscherz halten, dass ausgerechnet ein rotrotgrüner Senat, der doch eigentlich das Sinnbild für arbeitnehmerfreundliche Politik sein sollte, am 1. April den Beschluss zur Arbeitszeiterfassung an bremischen Schulen aufhebt.
Spätestens seit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts von 2022 ist vollkommen klar, dass alle Arbeitszeit aus Gründen des Gesundheits- und Arbeitsschutzes erfasst werden muss - auch die von Schulbeschäftigten. Das stellt niemand mehr ernsthaft in Frage. Nur verschanzen sich die Verantwortlichen bisher hinter allerlei fadenscheinigen Argumenten um eine Umsetzung soweit wie möglich zu verzögern.
So behauptet die Bildungsbehörde, man müsse erst einmal die Soll-Arbeitszeiten von Lehrkräften und deren Aufgaben und Tätigkeiten bestimmen.
Nein muss man nicht!
Die Arbeitszeit ist nämlich genau so hoch, wie im übrigen öffentlichen Dienst – sie verteilt sich nur anders über das Jahr. Und die Aufgaben und Tätigkeiten sind auch schon beschrieben, nämlich in der sogenannten Lehrerdienstordnung. Die übrigen Beschäftigtengruppen werden bei der Diskussion übrigens gerne einmal unterschlagen, sind aber im Antrag des Personalrats enthalten.
Senat setzt Gesundheit der Beschäftigten wissentlich aufs Spiel
In den entsprechenden Dokumenten von Senat und Bildungsbehörde kommt bezeichnender Weise an keiner einzigen Stelle der Begriff „Gesundheitsschutz“ vor.
So wichtig ist dem Senat also das gesundheitliche Wohl von etwa einem Viertel seiner Beschäftigten im öffentlichen Dienst.
Stattdessen werden ganz unverblümt und in gewisser Weise auch scheinheilig „erhebliche haushaltsrelevanten Folgen“ als Grund für die Aufhebung des Einigungsstellenbeschlusses benannt. Übersetzt heißt das schlicht und ergreifend: Senat und Senatorin wissen ganz genau, dass sie ihren Beschäftigten in ganz erheblichen Ausmaß Überstunden zumuten und dass Bestimmungen zum Gesundheitsschutz, also Pausen und Ruhezeitregelungen sowie die Höchstgrenze der wöchentlichen Arbeitszeit, regelmäßig missachtet werden.
Wenn also die Arbeitszeiten von Schulbeschäftigten erfasst würden, so offenbar der Gedanke des Senats, könnte das schöne „Geschäftsmodell“, das auf dem Rücken der Beschäftigten aufrechterhalten wird, möglicherweise zusammenbrechen.
Wird also die Unterrichtsversorgung zusammenbrechen, wenn die Arbeitszeit in Schulen erfasst würde, wie von Bildungsbehörde und Senat angedeutet? Nein, denn zunächst einmal wollen die Interessenvertretungen erreichen, dass die geleisteten Überstunden und Risiken für die Gesundheit der Beschäftigten sichtbar werden und nicht wie bisher unter den Tisch fallen. Welche Konsequenzen daraus gezogen werden, wird man im nächsten Schritt verhandeln müssen. Aber klar ist:
In den letzten 25 Jahren wurden Schulbeschäftigten immer neue Aufgaben aufgebürdet, denen keinerlei Entlastungen gegenüberstanden. Hier kann und sollte man sich von vielem, das nichts mit den Kernaufgaben zu tun hat, wieder verabschieden.
Die Verantwortung und Fürsorgepflicht für das Schulpersonal hat die Arbeitgeberin, also Frau Aulepp. Sie verschließt aber lieber weiterhin die Augen vor der dauerhaften Überlastung der Beschäftigten, anstatt endlich damit zu beginnen, Abhilfe zu schaffen.
Arbeitszeiterfassung ist kein Hexenwerk
Um die Arbeitszeiterfassung von Schulbeschäftigten aufgrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu erfüllen, genügt es übrigens, Anfang und Ende der täglichen Arbeitszeit und eventuell die Pausen zu erfassen. Man kann also direkt loslegen und sich dabei an anderen Ressorts wie Polizei oder Justizvollzug orientieren.
Die Aufhebung des Einigungsstellenbeschlusses muss noch als vorläufig angesehen werden, denn aus Sicht des Personalrats Schulen stand dem Senat in dieser Angelegenheit gar kein Letztentscheidungsrecht zu. Eine entsprechende Klage liegt dem bremischen Verwaltungsgericht bereits vor.
Für Nachfragen stehen zur Verfügung:
GEW Landesvorstandssprecher Fabian Kinz | kinz@ [at] gew-hb [dot] de | 0160 – 910 530 99
Vorsitzender PR Schulen Jörn Lütjens | joern.luetjens@ [at] schulverwaltung.bremen [dot] de | 0421| 361 4467
Angelika Hanauer Sprecherin GEW AG Arbeitszeiterfassung | pr-schulen@ [at] schulverwaltung.bremen [dot] de | 0421 361 4467