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Zeitlupe

„Zum Teil sinnlos gelebt“

Der etwas andere Fußballer Neven Subotić

Nur selten reden Fußballer derart klar. Doch verwundern kann diese Direktheit nicht. Denn Neven Subotić, Deutscher Meister mit Borussia Dortmund 2011 und 2012, steht nicht erst seit gestern im Ruf, in diesem Gewerbe ein herausragender Vertreter gewesen zu sein. Seine Ernsthaftigkeit galt als hervorstechendes Merkmal des Ex-Innenverteidigers. Wann immer Magazine, das Fernsehen, Zeitungen und Radiosender auf der Suche nach dem ungewöhnlichen Fußballprofi waren – in Subotic wären sie fündig geworden, hätte dieser das mediale Spektakel vorbehaltlos mitgemacht. Dass er nicht mitmachte, entsprach eher seinem Naturell.

Blanke Folklore

Seine illustre Fußball-Vita ist ein geeigneter Stoff für eine Lebensgeschichte, wie sie so viele Kicker schreiben lassen. Jüngst erst trat Zlatan Ibrahimovic ein zweites Mal mit einer Biografie hervor. Dass sich Subotić von seinen Kollegen abgrenzen möchte, wird schon im Titel offensichtlich: „Alles geben: Warum der Weg zu einer gerechteren Welt bei uns selbst anfängt.“ Es ist keine jener Fußballer-Biografien, die sich an den großen Momenten der Karriere entlanghangeln. „Alles geben“ ist keine Abrechnung im üblichen Sinn, eher eine Bilanz, die der Vergegenwärtigung dient. Subotic braucht nicht viele Wörter, um zu skizzieren, in was für einem Milieu er früher tätig war. Es gehe ja meist nur um Glamour und spektakuläre Transfers und darum, „wer wo an welcher Stelle in der Tabelle steht“. Mittlerweile, sagt Subotić, könne er solche Fragen „nicht für eine Million Euro beantworten“. Belanglos seien die Diskussionen um den Profifußball – das insinuiert der einstige Profi. Und er hat ja gar nicht unrecht. Gemessen an Ereignissen von existenzieller Bedeutung gerinnt selbst jede Dortmunder Meisterschaft zur blanken Folklore für den Anhang.

Vermeintlicher Irrtum

Seine Haltung gegenüber dem Fußball erscheint auf den ersten Blick klar, wirkt aber ein wenig ambivalenter, je länger er darüber spricht und schreibt. Er schwankt zwischen Verwunderung und Verärgerung – als tue er sich schwer, sich den vermeintlichen Irrtum, im Profigeschäft gelandet zu sein, zu verzeihen. Er berichtet von einer Geschichte, die sich in Berlin ereignete, als er für Union spielte. Die Berliner waren gerade in die erste Bundesliga aufgestiegen, ein Underdog mit proletarischem Charme. Er fuhr mit der S-Bahn zum Training. Passanten und Fans gratulierten ihm dazu. Neven Subotić schüttelt den Kopf. Sich zu etwas beglückwünschen zu lassen, was für Millionen Menschen tagtäglich normal sei: Das zeige doch, wie verrückt die Dinge im Profifußball seien. Dass ihn allerdings erst der Fußball dazu befähigt, das zu tun, was er nun tut, ist ein Widerspruch, der auch für ihn nicht aufzulösen ist.

Trinkwasserversorger

„Im Rückblick schäme ich mich, dass ich damals zum Teil so sinnlos gelebt habe“, sagte Subotić in einem Interview. Er hat mit dem Profi-Fußball gebrochen. „Ich bin so angekotzt, weil vieles davon so irrelevant ist.“ Seit 2012 kümmert er sich mit seiner eigenen Stiftung darum, dass Menschen in Afrika mit Trinkwasser versorgt sind. Fußball interessiert ihn kaum noch. Mit Hilfe der Stiftung werden Sanitäranlagen- und Brunnenbauprojekte in Äthiopien, Kenia und Tansania realisiert. Knapp 500 Brunnen hätten bisher gebaut werden können, rund 180.000 Menschen erhalten durch sie einen Zugang zu Wasser und können so eines ihrer Menschenrechte realisieren.

 

Veranstaltungstipp:

Lesung Neven Subotić „Alles geben“ | Freitag 11. November, 19:30 Uhr | Kulturwerkstatt westend · Waller Heerstr. 294 · 28219 HB

Tickets:

0421 . 922 35-15 oder kultur [at] arbeitnehmerkammer [dot] de
0421 . 616 04 55 oder info [at] westend-bremen [dot] de