Die von der GEW Niedersachsen initiierte Arbeitszeit-Studie der Universität Göttingen hat auf bisher einzigartiger empirischer Basis nachgewiesen, dass die Lehrkräfte in allen Schulformen in erheblichem Maße Arbeitszeiten haben, die über das im Öffentlichen Dienst zulässige Limit hinausgehen. Dass dieser Befund auch für Bremen gilt, zeigt ein Vergleich der Pflichtstunden in beiden Bundesländern. Sie liegen außer in der Primarstufe in Niedersachsen deutlich niedriger als in Bremen. Der Vergleich ist nur zum Teil unmittelbar möglich, da das niedersächsische Schulsystem anders strukturiert ist als das bremische. Aber die Tendenz ist unverkennbar. Hier die Zahlen:
Pflichtstunden im Vergleich
Schulform | Bremen | Niedersachsen |
Grundschule | 28 | 28 |
Hauptschule | --- | 27,5 |
Realschule | --- | 26,5 |
Oberschule Sek. I | 27 | 25,5 |
Oberschule Sek. ii | 25 | --- |
Förderzentrum | 27 | 26,5 |
Gymnasium Sek. I | 27 | 23,5 |
Gymnasium Sek. li | 25 | 23,5 |
Gesamtschule | --- | 24,5 |
Berufsschule 25 24,5 | 25 | 24,5 |
Wie die Tabelle zeigt, ist das niedersächsische Schulsystem bedeutend traditioneller als das bremische gegliedert. Die Gesamtschule ist – wie in Bremen bis 2005 – eine vierte Schulform neben den Schularten Gymnasium, Realschule und Hauptschule. Ein Teil der Haupt- und Realschulen ist inzwischen zu Oberschulen zusammengefasst. Auch die starke Benachteiligung der anderen Schularten gegenüber dem Gymnasium ist ein Relikt der altdeutschen ständischen Gliederung des Schulsystems.
In der Bremer Sekundarstufe I ist die Oberschule am stärksten verbreitet. Ihr sind die niedersächsischen Gesamtschulen und Oberschulen am ähnlichsten. Und deren Pflichtstunden von 24,5 bzw. 25,5 liegen bedeutend niedriger als die 27 Stunden in Bremen (in Oberschulen mit Oberstufe bei Einsatz in Sek. I und Sek. II 26 bis 26,5 Stunden).
Somit unterrichtet ein großer Teil der Bremer Lehrkräfte 1,5 bis zwei Wochenstunden mehr als die in den niedersächsischen Oberschulen und Gesamtschulen.
Sehen wir uns nun die Empfehlungen der niedersächsischen Arbeitszeit-Kommission an, so sind ihre Empfehlungen gänzlich auf Bremen übertragbar:
● Sie empfiehlt die Reduzierung der Unterrichtsverpflichtung in der Primarstufe von 28 auf 27 Stunden.
● Für die Sek. I empfiehlt sie keine generelle Reduzierung, sondern mehr Entlastungsstunden. Angesichts der deutlichen Differenz zu Bremen ergibt sich auch hier die Forderung nach einer generellen Stundenreduzierung. Dies gilt auch für das Gymnasium, wo die Differenz zu Niedersachsen noch größer ist.
● Für die Gymnasiale Oberstufe hat die Kommission berücksichtigt, dass ein wesentlicher Teil der Mehrarbeit aus dem Aufwand für Korrekturen resultiert und folglich eine Verringerung der Kursgrößen empfohlen. Die durchschnittliche Kursgröße in der Qualifikationsphase soll von 18-20 auf 17-19 reduziert werden. In der letzten Bremer GyO-Kursstatistik lag sie im 12. Jahrgang (Q1) bei 20,8 Schüler*innen, in Q2 bei 17,3.
● Außerdem gilt für alle Schularten die Empfehlung, durch Entlastungsstunden und schulinterne Maßnahmen Abhilfe zu schaffen. Für die Realschulen, Förderzentren und Berufsschulen wurden keine Empfehlungen abgegeben – nicht deshalb, weil dort keine Mehrarbeit geleistet würde, sondern aufgrund unzureichender Datengrundlage.
Es ist absehbar, dass die Arbeitgeber mit Verweis auf den Lehrkräftemangel versuchen werden, diese Empfehlungen auszubremsen.
Wir haben uns also auf eine langwierige Auseinandersetzung einzustellen.
Aber ein Anfang ist gemacht. Die unzulässige Mehrarbeit der Lehrkräfte kann nicht mehr ernsthaft bestritten werden. Die GEW in Bremen und Bremerhaven muss sich darüber verständigen, mit welchen Forderungen sie in diese Auseinandersetzung gehen will.