Schwerpunkt
Zoom-Bombing und andere unerwünschte Nebenwirkungen
Gesundheitsschutz: Erfahrungsberichte des Personalrats Schulen Bremerhaven
Gesundheitsschutz während der Pandemie hat viele Facetten, manche davon sind offensichtlich (AHA-Regeln, Lüften etc.) andere weniger. Das vergangene Jahr hat dazu geführt, dass sich viele Lehrkräfte in kürzester Zeit in neue digitale Unterrichtsmethoden einarbeiten mussten, das lief autodidaktisch oder durch Fortbildungen. Für manche hatte diese neue Methode weitere unerwünschte gesundheitliche Nebenwirkungen. Im Personalrat Schulen werden wir auch mit anderen Begebenheiten konfrontiert. Die folgenden Erfahrungsberichte darf ich, mit freundlicher Genehmigung der Betroffenen, hier zusammengefasst weitergeben:
Von Sehnenscheidenentzündungen und Augenproblemen durch die stark erhöhte Zeit an den digitalen Endgeräten, führt die digitale Erreichbarkeit auch zu einer weiteren Entgrenzung der Arbeitszeit, eben mal schnell noch die Anfrage beantworten, Korrekturen nehmen mehr Zeit in Anspruch, ein Heft in die Hand nehmen ist eindeutig schneller als ein Dokument aufzurufen, es zur Bearbeitung zu speichern, zu korrigieren und dann wieder zu verschicken. Der Ausgleich zur Arbeit, die Möglichkeiten Sport zu treiben, sei es im Schwimmbad, Sportverein oder Fitnessstudio oder auch passiv in der Sauna fallen weg. Es können ja auch nicht alle Menschen eingefleischte Läufer*innen sein.
Kein geschütztes Zuhause
Neben den körperlichen Herausforderungen und den fehlenden Ausgleichsmöglichkeiten gibt es dann die psychologischen Auswirkungen vom sogenannten Zoom-Bombing, die auch gestandene Lehrkräfte nicht einfach wegstecken. Weitergegebene Zugangsdaten, die Weigerung den Bildschirm zur Identifizierung anzumachen („geht gerade nicht, ich komme gerade aus der Dusche“, unscharfe Bilder durch verschmierte Kameras, Datenschutz), das Problem der Steuerung der Mikrofone aber auch die Bildschirmgröße durch die gar nicht alle Schüler und Schülerinnen im Bild sind (die iPads sind hierfür viel zu klein) führen immer mal wieder dazu, dass der Online-Unterricht unangenehm gestört werden kann. Und diese Störung geschieht dann hinein in das „Home office“, vorbei ist jegliche Trennung zwischen Arbeitsplatz und geschütztem Zuhause.
Ein falscher Klick und dann
Ein erfahrener Kollege, dem dies zweimal widerfahren ist, berichtete dass es ihn sehr angegriffen habe. Beim ersten Mal fing es mit eindeutigen sexuellen Begriffen an und endete mit ‚Heil Hitler‘, besonders verstörend, wenn man den jüdischen Hintergrund des Lehrers kennt mit dem, mit dem dieser stets offen umgegangen ist. Was folgte waren entsetzte Schüler*innen und zeitaufwändige Gespräche mit der Schulleitung, ohne nennenswerte Konsequenzen. Trotz rigider Eingangskontrollen zu allen folgenden Onlinestunden, verbunden mit immer neuen Zugangsdaten (ein weiterer Arbeitsschritt) einer Verkleinerung der Gruppen, kam es in einer anderen Klasse zu weiteren Störungen, die trotz Einlasskontrolle stattfanden. Ein falscher Klick und plötzlich hat ein Schüler oder eine Schülerin die Bildschirmkontrolle. Wahrscheinlich war es ein Schüler, die dann geteilten pornografischen Bilder deuteten daraufhin. Der dadurch ausgelöste Stress bei dem Lehrer in dem Versuch die Kontrolle zu übernehmen ließ dieses scheitern, so dass es dann nur noch eine Lösung gab. Stunde beenden und Aufgabe hochladen. Aber als Risikolehrkraft ist zu Hause seine Gesundheit geschützt. Sichtlich verstört berichtet uns dies ein erfahrener Lehrer, was löst dies erst bei Berufsanfänger*innen oder den Schüler*innen aus.