Weltploitik
Zehn Tipps, wie man friedliche Koexistenz nachhaltig sabotiert
Zum Krieg in der Ukraine
1. Man sei Präsident eines großen Landes mit Atomwaffen und erkläre öffentlich, die gegnerische Großmacht mit Atomwaffen sei gar keine Großmacht mehr, sondern nur noch eine unterlegene Regionalmacht, auf deren geostrategische Interessen man keine Rücksicht mehr nehme.
2. In der Folge ignoriere man Warnungen und rote Linien des Gegners und entwickele das eigene Militärbündnis bis an die Grenzen des Gegners und betone dabei stets den eigenen Friedenswillen. Selbst dann, wenn der Gegner in internationalen Konflikten mit der eigenen Seite vermehrt seine Interessen mit militärischer Gewalt durchsetzt, setze man den eigenen Expansionskurs unbeirrt fort und rüste eigene Partnerländer an der Grenzlinie weiter militärisch auf.
3. Innere Konflikte in dem betreffenden Land nutze man konsequent für die eigenen Interessen, auch wenn sie schon zum Bürgerkrieg zu eskalieren drohen. Öffentlich betone man dagegen die breite Unterstützung der Bevölkerung für die Partnerregierung und das eigene Bündnis.
4. Am besten ist es, wenn alle Konfliktparteien einen gemeinsamen Friedensvertrag unterschreiben ohne den Willen, diesen auch umzusetzen. Im Nachhinein erkläre man dann, man habe sowieso nur unterschrieben, um der eigenen Seite mehr Zeit zur Aufrüstung zu geben.
5. Wenn der Gegner dann tatsächlich einen völkerrechtswidrigen zwischenstaatlichen Krieg vom Zaun bricht, muss man natürlich völlig überrascht und aufrichtig empört sein. Sollte es aus völlig kriegswidersinnigen Gründen direkt nach Kriegsausbruch zu Friedensverhandlungen zwischen den Kriegsparteien kommen, so sind alle Beteiligten verpflichtet, diese umgehend abzubrechen.
6. Man setze sich für den weiteren Kriegsverlauf möglichst hohe sportliche Ziele, wie die gegnerische Großmacht militärisch zu besiegen oder durch Sanktionen wirtschaftlich zu ruinieren. Anschließend gehe man All-in und setze alles auf die militärische Karte und den Sieg der eigenen Seite. Für die öffentliche Unterstützung dieses Kriegskurses unterschätze man dabei systematisch die militärisch-industriellen Kapazitäten des Gegners und überschätze die eigenen.
7. In der Folge überhöhe man in der Mediendarstellung die eigenen militärischen Erfolge sowie die Opferzahlen des Gegners. Es schadet dabei für die eigene Siegeszuversicht keineswegs, wenn die Opferzahlen die Truppenstärke des Gegners übersteigen oder dem Gegner die Panzer ausgehen, sodass er in absehbarer Zeit nur noch mit Vorderladern und Knüppeln kämpfen kann.
8. Um die Kriegsprofite der Rüstungsindustrie zu erhöhen und den Krieg möglichst schnell zu gewinnen (bzw. de facto zu verlieren), ermuntere man den eigenen Bündnispartner jedes Jahr zu einer möglichst verlustreichen militärischen Großoffensive. Wenn die dafür militärisch notwendige Luftunterstützung fehlt, dann geht’s halt mal schief. So what? Better luck next time. Sind ja noch nicht die eigenen Soldaten.
9. Kriegsgegner und Bedenkenträger im eigenen Lager markiere man in möglichst eindeutiger Weise als 5. Kolonne des Gegners und finde geeignete Bezeichnungen wie Lumpenpazifisten oder Putinversteher. Öffentliche Debatten mit solchen Subjekten müssen durch den empörten Hinweis auf Kriegsverbrechen und Gräueltaten des Gegners zwingend emotionalisiert werden. Alle Aufforderungen zu diplomatischen Verhandlungen weise man strikt mit Verweis auf die eigenen Kriegsziele ab: Erst wird gesiegt, dann verhandelt.
10. Angebote zu diplomatischen Verhandlungen zu Waffenstillstand und Frieden an die gegnerische Kriegspartei sind der eigenen Seite erst dann erlaubt, wenn die eigene militärische Lage so schlecht ist, dass der Gegner einem lachend den Vogel zeigt und dankend ablehnt. Auf diese Art wird gewährleistet, dass die konjunkturbelebende Maximallänge eines Krieges nicht unnötig verkürzt wird und der eigenen Seite die militärische Eskalation zum Atomkrieg als Option erhalten bleibt.