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Hochschule

Wissenschaftshaushalt in Pandemiezeiten

GEW-Gewerkschaftstag fordert strukturelle und materielle Unterstützung vom Land

Von der Coronakrise massiv überschattet wurde in diesem Sommer der Doppelhaushalt 2020/2021 beraten und beschlossen. Da die Auswirkungen der CoVID 19 Pandemie zu diesem Zeitpunkt noch nicht wirklich absehbar waren, wurde der Haushalt 2021 jetzt erneut bestätigt.

Für den Wissenschaftsbereich stand auch schon vor Corona die große Frage im Raum, ob das Land Bremen die zugesagten Zuwächse für die Hochschulen, die der Wissenschaftsplan 2020 vorsieht auch tatsächlich halten kann. Der Wissenschaftsplan 2025 versprach den Hochschulen nach langen, von Einsparungsdruck und Kürzungen gekennzeichneten Zeiten, einen mittelfristigen Aufwuchs der personellen Ausstattung zur Verbesserung der Betreuungssituation, einen Aufwuchs an Studienplätzen insbesondere in Bremerhaven sowie, die für den Schulbereich in der GEW besonders interessante Nachricht der (Wieder-)einrichtung des Studiengangs Sport und die Stärkung der Lehramtsausbildung. 

Allen Unkenrufen zum Trotz, vermittelt der beschlossene Haushaltsplan den Eindruck, dass die Politik an den Zielsetzungen weiterhin festhalten möchte, wenn auch mit einem deutlich gedrosselten Tempo, was einen Aufwuchs der Finanzierung angeht. Eine öffentliche und transparente Debatte darüber, welche Ziele des Wissenschaftsplans weiterhin bis 2025 erreicht werden können, und welche Ziele aufgeschoben werden müssen, steht allerdings noch aus.
Besondere Problemlage befristet Beschäftigter

Mit der Coronakrise sind jedoch finanzielle Anforderungen hinzugekommen, auf die der aktuelle Haushalt (noch) keine Antworten gibt und geben kann. So wurden erfreulicherweise die Langzeitgebühren gestrichen, die Hochschulen bangen derzeit allerdings um eine Kompensation dieser weggefallenen Mittel. Hier ist ein dringendes politisches Signal notwendig, dass zum Ausgleich hierfür der Hochschulhaushalt aus Landesmitteln dauerhaft aufgestockt wird. Die notwendige Entlastung von Langzeit-Studis mit Kind und Job darf nicht hinterrücks zulasten der Lehr- und Betreuungsqualität gehen, weil an der Uni Kinderbetreuung und Tutor*innen-Stellen nicht mehr finanziert werden.

Die Coronakrise und der Lockdown haben gravierende Auswirkungen auf die Qualifikationsarbeiten und damit insbesondere für befristet beschäftigter Wissenschaftler*innen: Bibliotheken und Labore blieben längere Zeit geschlossen, Fachtagungen fielen und fallen aus, Feldstudien waren nicht und sind auch jetzt bestenfalls sehr eingeschränkt möglich, und der Aufwand für die Lehre hat sich durch die Umstellung auf digitale Formate bei vielen Kolleg*innen erheblich erhöht. Viele Qualifizierungsphasen mussten auch zur Betreuung von Kindern oder der Pflege von Angehörigen unterbrochen werden. Daher hat der Gesetzgeber durch eine Änderung im Wissenschaftszeitvertragsgesetz die Höchstbefristungsdauer für Qualifikationen um derzeit zwei Semester verlängert – eine Möglichkeit, von der die Hochschulen tatsächlich auch im Sinne der Beschäftigten Gebrauch machen. Auch Vertragsverlängerungen unterhalb der Höchstbefristungsdauer fallen aufgrund der Pandemie-Auswirkungen naturgemäß länger aus. Jenseits der aus Landesmitteln finanzierten Qualifikationsstellen sind die Beschäftigten jedoch wesentlich von den jeweiligen Geldgebern drittmittelfinanzierter Projekte abhängig. Daher fordert die GEW in einem auf dem Bremer Gewerkschaftstag einstimmig getroffenen Beschluss, Beschäftigten auf befristeten Qualifikationsstellen bei pandemiebedingten Verzögerungen aus zusätzlich zur Verfügung gestellten Landesmitteln eine Vertragsverlängerung zu ermöglichen, wenn seitens des Mittelgebers keine diesbezügliche Finanzierung bereitgestellt wird. Eine ähnliche Forderung gilt auch für Stipendiat*innen, die seitens der jeweiligen Fördereinrichtung keine Verlängerung erhalten, um pandemiebedingte Verzögerungen aufzufangen. Für diese müssen dringend Abschlussstipendien aus Landesmitteln eingerichtet werden. Andernfalls besteht die Gefahr, dass eine große Anzahl begonnener Qualifikationsvorhaben jetzt oder später aufgrund der Pandemiesituation abgebrochen werden.

Kompensation von Auswirkungen

Eine Folgewirkung pandemiebedingter Vertragsverlängerung auf die Studierenden darf hier auch nicht aus dem Blick geraten: Wenn bestehende Verträge (sinnvollerweise) verlängert werden, stehen für den kommenden Master-Absolvent*innenjahrgang regelhaft weniger freie Promotionsstellen zur Verfügung. Um hier einen Ausgleich zu schaffen und keinen „verlorenen Jahrgang“ zu erzeugen, müssen in der nächsten Zeit dringend temporär zusätzliche Qualifikationsstellen an den Hochschulen zur Verfügung gestellt und ausgeschrieben werden. Auch diesbezüglich wird die Bremer Landesregierung in dem besagten Gewerkschaftstagbeschluss zu strukturellen und materiellen Unterstützungsmaßnahmen aufgefordert. Denkbar, sinnvoll und notwendig wäre, den Hochschulen hierfür Mittel aus dem Bremen Fond zuzusagen.
 

Langfristige Aufgabe

Corona und die dadurch bedingten Folgen werden uns an den Hochschulen noch längerfristig beschäftigten. Die wirklich spannende Frage ist daher, was in den ersten Haushalten nach der Pandemie auf die bremischen Hochschulen zukommt. Dann ist die „Krisensituation“ vorbei und damit fällt die Möglichkeit weitere Schulden aufzunehmen weg, während das Land mit einer Rezession und niedrigen Steuereinnahmen und gleichzeitig hohen Schuldenzahlungsanforderungen zu kämpfen hat. Niedersachsen prescht an dieser Stelle bereits in unguter Weise voran und setzt an den Hochschulen den Rasenmäher an. Wenn es nicht zu einer massiven Streichorgien in allen Bereichen und anschließenden Verteilungskämpfen kommen soll, muss die solidarische gewerkschaftliche Forderung heißen: Weg mit der Schuldenbremse um langfristige Sicherstellung von Investitionen im Bereich Bildung und Wissenschaft sicherzustellen.