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Schwerpunkt

Wie die Privatschule ISB versucht, zu beschwichtigen

Rassismus, Notenmanipulation und Mobbing – die massiven Vorwürfe stehen weiter im Raum

Worum geht es?

Viele ehemalige und aktive Lehrkräfte der International School of Bremen (ISB) beklagen sich unter anderem über Anfeindungen, Einschüchterungsversuche, Ausgrenzungen, Beleidigungen, Rassismus, Notenmanipulationen oder die Instrumentalisierung von Abhängigkeitsverhältnissen. Einigen Betroffenen droht bei einem angedrohten Verlust des Arbeitsplatzes das Ende ihrer Aufenthaltserlaubnis. Zwei Lehrerinnen haben Klage gegen ihren Arbeitgeber eingereicht. Sie fordern Schmerzensgeld.

Wie hat die ISB reagiert?

Die Schulleitung zeigte sich überrascht über die Vorwürfe und kündigte eine unabhängige arbeitsrechtliche Compliance-Untersuchung der Vorwürfe an, bei der sich alle Angestellten anonym äußern können.

Nach einer „transparenten und intensiven Prüfung“ wurde bekannt gegeben, dass „man nicht davon ausgehe, dass die Vorwürfe der Wahrheit entsprechen", so die Schulleitung.

GEW-Landesvorstandssprecherin Elke Suhr dazu: Es wurden an nur zwei Tagen nur ausgewählte Personen interviewt. Es gab eine Anfrage des ISB-Anwalts und den Wunsch, dass wir Namen nennen und belastende Dokumente zur Verfügung stellen sollten. GEW-Rechtsschutzreferent Gerd Rethmeier vermutet, dass es sich bei der Untersuchung eher um eine interne als um eine unabhängige Befragung gehandelt hat. „Die Untersuchungsmethoden wurden uns nicht bekannt gegeben. Wir hatten erfolglos eine Checkliste angefragt, unter anderem auf den Datenschutz und Löschungsfristen hingewiesen. Die ISB beauftragte für die Untersuchung Dr. Steffen Albicker aus Frankfurt. Dieser hatte Geschäftskontakt zu Dr. Claudia Nottbusch, eine von sechs Gesellschafterinnen der „ISB gemeinnützige GmbH“. Hätte es eine unabhängige Untersuchung geben sollen, hätte eine zweifelsfrei unabhängige Person beauftragt werden müssen. Jetzt sieht es danach aus, als solle eine intern beschlossene  Schadensbegrenzung auf die Schnelle bewirkt werden, und zwar gegenüber den übrigen Gesellschaftern, der Öffentlichkeit, der als Aufsichtsorgan zuständigen Bremer Schulbehörde sowie den zahlenden Eltern.“

Nach Angaben von „butenunbinnen“ hat das ISB-Management im Vorfeld versucht, den Gang vor Gericht zu verhindern, indem sie den beiden nun klagenden Lehrerinnen jeweils 5.000 Euro angeboten haben.

Wie verhält sich die Bildungsbehörde?

Kinder- und Bildungssenatorin Sascha Aulepp ist zuständig für die Kontrolle der ISB. Schon vor den aktuellen Vorwürfen wurde die Qualität der Abschlüsse und das hohe Schulgeld kritisiert. Bis zu 16.000 Euro pro Jahr müssen Eltern für den Schulbesuch bezahlen. Die Senatorin zeigte sich geschockt über die Vorwürfe. Auch nach der von der ISB beauftragten Untersuchung laufen die Ermittlungen der Behörde weiter. Sie informierte die Bildungsdeputation Mitte März über einen Zwischenstand.

Welche Rolle spielt die GEW? Was sind die Forderungen?

Mehrere ISB-Lehrkräfte sind GEW-Mitglieder. Im Austausch mit Elke Suhr und in Beratungsgesprächen mit Gerd Rethmeier haben sie Missstände bestätigt und ein Klima des Misstrauens und der Angst an der ISB ausgemacht. Mit ihrer Gewerkschaftszugehörigkeit gehen die GEW-Lehrkräfte nicht offen um, weil sie Repressalien fürchten.

Die GEW fordert als Sofortmaßnahmen: 1. Eine sofortige unabhängige und externe Untersuchung der Vorfälle, wobei absolute Vertraulichkeit sicher zu stellen ist. 2. Eine wirkliche Implementierung eines Compliance-Management-Systems, dass eine Verhinderung von Regelverstößen sicherstellt. 3. Die Übernahme persönlicher Verantwortung des derzeitigen Personals.

Wie geht es weiter?

Die Klagen der ehemaligen ISB-Lehrerinnen werden am 29. März und 28. April am Bremer Arbeitsgericht verhandelt. Parallel zu den Verfahren finden auch an der ISB Betriebsratswahlen statt. Elke Suhr: „Dem jetzigen Betriebsrat gehört fast ausschließlich Personal an, das der Schulleitung sehr nahesteht. Beschwerden werden nicht ernst genommen und der Betriebsrat verweigert die Zusammenarbeit mit der GEW. Viele Beschäftigte trauen sich nicht, den Betriebsrat anzusprechen, wenn sie Probleme haben. Wir arbeiten daran, auch viele GEW-Mitglieder zur Wahl zu stellen, um für das Personal der Schule wieder eine vertrauenswürdige Interessensvertretung zu haben.“

Was drohen der ISB für Konsequenzen?

Bildungssenatorin Sascha Aulepp schloss ein Ende der finanziellen Unterstützung für die ISB nicht aus. Die Privatschule bekommt jährlich mehr als eine Millionen Euro Steuergelder. Sollten sich die massiven Vorwürfe vor dem Arbeitsgericht bestätigen und gravierende Regelverletzungen festgestellt werden, ist auch die Schulschließung eine mögliche Folge. 

Diskriminierungsmechanismen

Über Einstellungsverfahren, Unterschiede in der Bezahlung und im Umgang mit Schüler*innen mit einem nicht weißen Hintergrund in internationalen Schulen weltweit wird in einem Artikel, der am 4. März bei „Bloomberg Businessweek + Equality“ berichtet (https://www.bloomberg.com/news/features/2022-03-04/elite-international-school-education-runs-on-systemic-racism). Es werden Diskriminierungsmechanismen beleuchtet, die wenig mit den formulierten Ansprüchen an Diversität zu tun haben. Die Autorin ist selber Absolventin einer internationalen Schule und reflektiert ihre eigenen Erfahrungen.