Zum Inhalt springen

Schwerpunkt

„Widerstand mit meiner Stimme und Social Media“

Poetry-Slammerin Daniela Sepehri spricht über Asylrecht, die demokratiefeindliche AfD und subtilen Rassismus

Daniela Sepehri | Foto: privat

Daniela Sepehri ist eine deutsch-iranische Poetry-Slammerin, Journalistin und freie Social-Media-Beraterin. Als Aktivistin engagiert sie sich für Anti-Rassismus, Migration und Menschenrechte in Iran und ist regelmäßig in Talkshows und Podiumsdiskussionen zu sehen. Im Februar ist ihr Buch „Im Namen des Stiftes“ im Lektora-Verlag erschienen.

Das Interview mit ihr führte Julia Oesterling

Du setzt Dich als Aktivistin unter anderem gegen Rassismus ein. Wie hast Du Deine Stimme für den Widerstand gefunden?

Ich habe mich schon früh in meiner Heimat Paderborn eingesetzt für Geflüchtete. Aber meine Stimme habe ich so richtig gefunden, als ich 2013 mit Poetry Slam anfing. Da habe ich nach einer Weile gemerkt: Ich stehe hier sechs Minuten lang auf der Bühne und das Publikum muss mir zuhören – da kann ich das doch nutzen, um meine politischen Themen zu setzen. Und so nahm das seinen Lauf.

Welche Werkzeuge benutzt Du für Deinen Widerstand?

Meine Stimme und Social Media. Ich teile vor allem auf Instagram und TikTok Beiträge zu Migration und Menschenrechten, kläre über aktuelle Ereignisse auf und versuche, Menschen zu mobilisieren, selbst aktiv zu werden.

Was hindert Menschen daran, Widerstand zu leisten, und wie kann man sie unterstützen, ihre Stimme zu finden?

Ich glaube, bei vielen ist das eine Frage der Kapazitäten und Ressourcen. Aktivismus muss man sich leider auch erst mal leisten können. Ich denke aber, dass viele Angst davor haben, nicht laut genug zu sein, oder dass ihre Ideen und ihr Einsatz nicht groß genug seien. Da widerspreche ich ausdrücklich: Widerstand beginnt schon im Umfeld, wenn man mit Freund*innen über ein bestimmtes Thema spricht und es dadurch am Leben erhält. Man kann schon mit ganz wenig Ressourcen und Kapazitäten ganz viel erreichen.

Wann braucht es Widerstand und wann braucht es Bündnisse und Kompromissfähigkeit?

Alles drei braucht es immer, schätze ich. Bei Kompromissfähigkeit geht es aber nicht darum, bei Menschenrechten oder beim Recht auf Asyl Kompromisse einzugehen – das verteidigt man immer und überall. Und damit unser Widerstand, zum Beispiel gegenüber der aktuellen menschenverachtenden Asylpolitik, Gehör findet, brauchen wir viel mehr Bündnisse und das themenübergreifend. Ich setze mich beispielsweise für Menschenrechte in Iran ein – und verbünde mich dafür auch mit Gewerkschaften, Klimaktivist*innen, Lehrkräften und weiteren, denn all das sind Berufe oder Bereiche, die in Iran verfolgt werden. Da möchte ich deutlich machen: Das sind unsere und eure Kolleg*innen, die für das, was ihr hier selbstverständlich machen könnt, in Iran inhaftiert werden.

Der Wahlkampf vor der Bundestagswahl im Februar 2025 war von Stimmungsmache gegen Geflüchtete geprägt. Die AfD hat über 20 Prozent der Stimmen bekommen. Wie siehst Du die Situation nach der Wahl? 

Die Stimmungsmache geht ja nach der Wahl direkt weiter. Das sehen wir zum Beispiel am Koalitionsvertrag von Union und SPD, der ja von Hass auf Geflüchtete geprägt ist. Zwei Seiten lang Maßnahmen gegen Geflüchtete und Migrant*innen, aber kein Wort zur Gefahr durch den immer stärker werdenden Rechtsextremismus – da zeigen sich die Schwerpunkte der künftigen Regierung und da gilt es gegenzuhalten.

Welche Gefahr geht von der AfD aus? Welchen Ausblick hast Du auf die Bundestagswahl 2029?

Die AfD ist eine Gefahr für unsere Demokratie, das ist längst erwiesen. Und Union und FDP haben sich zu ihrem Steigbügelhalter gemacht, als sie Ende Januar wissentlich und willentlich eine Mehrheit mit dieser demokratiefeindlichen Partei gebildet haben. Damit hat die Union gezeigt: Sie würde auch mit der AfD koalieren, wenn sie müsste. Es waren schon mal Konservative, die den Rechten den Weg bereitet haben. Dieses historische Versagen darf sich nicht wiederholen. Dafür müssen wir den Druck auf die Union aufrechterhalten und alle Parteien wieder daran erinnern, Politik für die Menschen zu machen und die Menschenrechte immer in den Mittelpunkt zu stellen.

Was können Beschäftigte an Schulen, in Kitas und an der Uni für den Erhalt der Demokratie tun?

Immer wieder Gespräche und Aufklärung. Ich denke, das ist das Wichtigste. Ich gebe selbst zum Beispiel Workshops an Schulen und Unis und komme mit den Menschen ins Gespräch, versuche beispielsweise aufzuzeigen, wie Rassismus über Social Media ganz subtil stattfindet und was wir dagegen tun können. Ich denke, viele junge Menschen wollen sich unbedingt politisch engagieren und einen Beitrag leisten, und da ist es super wichtig, dass wir sie an die Hand nehmen und dabei unterstützen. 

Mehr von Daniela Sepehri