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Sozial- und Erziehungsdienst

Wenn Arbeitgeber zynisch sind

Streik und Tarifverhandlungen in Zeiten von Krieg und Pandemie

Die letzten beiden Jahre waren geprägt von Covid-19, gefangen in der Sorge um das Wohl „unserer“ Kinder einerseits und um die Fürsorge unser aller Gesundheit anderseits. Dies hat die Erzieher:innen vielerorts an den Rand ihrer Professionalität und Kraft gebracht. Zudem die Konfrontation mit einem verängstigenden, menschenverachtenden Krieg in der Ukraine, den es eben auch in den Bildungseinrichtungen aufzuarbeiten gilt. Eine „Über-Nacht-Entscheidung“, die unvorstellbare Summe von 100 Milliarden für weitere Aufrüstung bereitzustellen, lässt die Beschäftigten, die sich seit Jahren mit einer bildungskürzenden Schuldenbremse auseinandersetzen mussten, hilflos zurück.

Seit Februar laufen nun die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst für die Beschäftigten bei Bund und Kommunen, um für bessere Arbeitsbedingungen und faire Löhne zu kämpfen.

Die Mängelliste ist lang: zu große Gruppen, zu wenige und zu kleine Räume, völlig unzureichender Fachkraft-Kind-Schlüssel, nie ausreichende Krankheitsvertretungsreserven….

Enorme Belastungen
Die Arbeitgeberhaltung kann eingedenk der stetig steigenden enormen Belastungen in den Einrichtungen nur als zynisch betrachtet werden:
Kein Verständnis für Streiks zu diesem Zeitpunkt“ titelt der VKA (Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände).
Die Gewerkschaften forderten eine generelle Aufwertung der Gehälter im Sozial- und Erziehungsdienst, obwohl diese bereits überproportional seien, eine Verkürzung der Arbeitszeit um fünf Stunden in der Woche, und trotz 30 Tagen Urlaub zusätzliche freie Tage. Dass die Gewerkschaften eine weitere monetäre Besserstellung der Beschäftigten als Verhandlungsziel in der Öffentlichkeit forderten, erzeuge ein falsches Bild der tatsächlichen Gehälter, so die Sprecher:innen der Arbeitgeber. Die Erzieherinnen und Erzieher seien damit übrigens bereits heute die Spitzenverdiener [sic] im Vergleich zu anderen Berufsgruppen mit vergleichbarer Ausbildung im öffentlichen Dienst. Final kommen sie dann zu dem Schluss, dass von einer schlechten Bezahlung und unangemessenen Arbeitsbedingungen zu sprechen, daher nicht nachvollziehbar sei…

Keine fachliche Qualitätssicherung
Zum besseren Verständnis: Hier heißt „Arbeitgeber“ kommunale Vertreter:innen der Politik, sie verwalten somit Steuergelder und verteidigen politische Entscheidungen wie z.B. die von ihnen beschlossene Schuldenbremse…

Mehrfinanzierungen im Bereich der frühkindlichen Bildung hat es vor allem in Bremen unbestreitbar gegeben, wurde aber durch z.B. das „Gute-Kita-Gesetz“ vielerorts lediglich für eine Beitragsfreiheit in den Kitas genutzt und nicht in die fachliche Qualitätssicherung investiert. Somit lässt sich eine elternorientierte Betreuungspolitik ausmachen, nicht aber eine Richtung - einer Bildungsoffensive gleich -  die es am Bildungsort „KiTa“ durch ausreichende Ausfinanzierung Kolleg:innen ermöglicht, ihre anspruchsvollen Tätigkeit als Bildungsbegleiter:innen überhaupt auszuüben.

Wir alle wissen, dass die Kolleg:innen nur wegen ihres hohen Verantwortungsbewusstseins und ihres Berufsethos überhaupt noch fachliche „Betreuung“ gewährleisten können, immer im Zwiespalt, ihrem eigentlichen Anspruch an pädagogischer Arbeit zunehmend nicht gerecht werden zu können.

Völlig unabhängig davon, ob es den politisch Verantwortlichen gelingt, den selbstverursachten Fachkräftemangel in den nächsten Jahren aufzufangen und für den prognostizierten Bedarf ausreichend auszubilden, wird weiterhin das größte Problem sein, qualifizierte Menschen für einen Beruf zu begeistern, der in der Prioritätenliste stetig ganz hintansteht.

Was ist zu tun?

Wir wollen und müssen uns einmischen! Die GEW wird sich weiterhin kämpferisch für Rahmenbedingungen einsetzen, dass sich Kindertageseinrichtungen endlich zu besseren Orten des Lernens, des Spielens – der frühen Bildung  (weiter) entwickeln können.

Neben der unumstößlichen Wahrheit unserer eher schlechten Arbeitsvoraussetzungen zeigt sich eben auch die Notwendigkeit, die Hoffnung, die Heiterkeit und die Lust an einem wunderbaren Beruf nicht zu verlieren, und wir möchten euch mit unserer Kompetenz und politischer Einflussnahme zur Seite stehen.