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Vorschläge der GEW zur Verbesserung des Übergangs Schule –Ausbildung

(Aus dem Beschluss des GEW-Hauptvorstandes vom 12.-13. November 2010)

(…) 2. Reformkonzepte sind daran zu messen, ob alle Schüler/ innen einen Abschluss erhalten, und ob allen Bewerber/innen um Ausbildungsplätze der Übergang in Ausbildung ohne stigmatisierende Warteschleifen ermöglicht wird. Jugendliche, die keinen Ausbildungsplatz finden – 2010 wieder um die 100.000
– dürfen nicht unter Generalverdacht gestellt werden, nicht ausbildungsfähig zu sein. Lern- und Verhaltensprobleme sind kein Ausschlussgrund, sondern müssen in der Ausbildung bearbeitet werden. Die bisherige Diskriminierung bestimmter Personengruppen – z. B. Jugendliche ohne Abschluss, mit Hauptschulabschluss
und/oder mit Migrationshintergrund – muss beseitigt werden.

3. Die GEW wendet sich entschieden gegen die Abhängigkeit des Ausbildungsplatzangebots von wirtschaftlichen Interessen und konjunkturellen Einflüssen. Sie setzt sich für ein einklagbares Recht auf Ausbildung ein, was auch Ziel der Petition »Grundrecht auf Ausbildung« war, die 2008 an den Bundestag gerichtet wurde, initiiert durch mehrere Landesschülervertretungen gemeinsam mit der GEW und anderen DGB-Gewerkschaften.
Gebraucht wird eine klare rechtliche Regelung der staatlichen Verantwortung für Ausbildung, auch in Anbetracht der bisherigen Zersplitterung und Intransparenz bei der beruflichen Förderung, deren
Regelungen über die verschiedenen Sozialgesetzbücher verstreut sind.

4. Das duale System – also die Ausbildung in Betrieben (als Vertragspartner) und berufsbildenden Schulen – hat einen großen Wert für die berufliche Sozialisation, ist aber ergänzungsbedürftig, denn in den berufsbildenden Schulen sind nur noch circa 45 Prozent Auszubildende des dualen Systems und circa 39 Prozent Teilnehmende im Übergangssystem. Wenn statt des bisherigen Übergangsdschungels für alle
Jugendliche Ausbildungsplätze garantiert werden sollen, müssen diejenigen, die keinen Ausbildungsvertrag im dualen System abschließen können, an anderen Lernorten (berufsbildende Schulen, Träger) ausgebildet werden. Folglich müssen ergänzende staatliche Angebote an beruflicher Ausbildung den Mangel an Ausbildungsplätzen im dualen System ausgleichen, was bisher nicht ausreichend der Fall war. Bisher beschränkt sich die schulische Ausbildung auf 16 Prozent. Auch in
einer Ausbildung außerhalb des dualen Systems, an anderen Lernorten,
sind betriebliche Erfahrungen zu integrieren, wie es das Berufsbildungsgesetz im bisherigen § 43,2 vorgeschrieben hat.

5. Zur Finanzierung außerbetrieblicher Ausbildungsplätze können die beträchtlichen Ressourcen verwendet werden, die bisher in das Übergangssystem geflossen sind. Das sind gemäß Angaben des BIBB um die sechs Milliarden Euro. Diese finanziellen
Mittel müssen in Ausbildung investiert werden, anstatt in Warteschleifen.
Die Verantwortlichen der berufsvorbereitenden Bildungsgänge und Maßnahmen – Land/Schulen, BA/Träger, Bund/Bundesprogramme, ESF-Programme – sind aufgefordert, vollqualifizierende Ausbildung für alle Bewerberinnen und Bewerber zu finanzieren und zu organisieren. (…)

7. Der Prozess der Berufsorientierung an allgemeinbildenden Schulen darf nicht als Ausrichtung auf den Arbeitsmarkt verstanden werden.
Auch darf der Hauptschulbildungsgang nicht als eine vorgezogene Berufsvorbereitung auf so genannte »einfache Berufe« definiert werden. Arbeitswelt- und Berufsorientierung ist Bestandteil und Querschnittsaufgabe aller allgemeinbildenden Bildungsgänge, auch des gymnasialen, und soll jungen Menschen eine Berufswahl unter Berücksichtigung ihrer Stärken, Schwächen und Interessen ermöglichen. Die GEW hat bereits einen Vorschlag für eine umfassende Arbeits- und Lebensweltorientierung mit dem Titel »Zukunft in die Schule holen« ausgearbeitet.
Das hier formulierte Bildungsverständnis beinhaltet auch, dass sich die nachwachsenden Generationen die Handlungsmöglichkeiten zur Gestaltung der Arbeits- und Lebenswelt aneignen. In diesen Bildungsprozess sollten sowohl die Gewerkschaften als auch die Betriebe/Unternehmen als wesentlicher Lernund
Erfahrungsort einbezogen werden. Neben der Auseinandersetzung mit der Arbeits- und Lebenswelt und der Klärung eigener Stärken und Interessen sind natürlich auch die Kenntnisse realistischer Möglichkeiten auf dem aktuellen Ausbildungs- und
Arbeitsmarkt sowie der schulischen Bildungsangebote nötig.

8. Sofern für die Berufsorientierung an allgemeinbildenden Schulen und die Gestaltung des Übergangs die Zusammenarbeit von allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen vorgesehen ist, muss diese »auf Augenhöhe« stattfinden und strukturell abgesichert werden. Für die Ausweitung der Aufgaben der allgemein
bildenden Schulen müssen zusätzliche finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden. Die Zusammenarbeit mit externen Kooperationspartnern (Betriebe, BA, Jugendsozialarbeit) ist auf verbindliche und verlässliche Regelungen angewiesen, die der Unterstützung der Schulen dienen. Berufsorientierung darf nicht das Einfallstor für eine Deprofessionalisierung und Prekarisierung der Arbeit in den Schulen werden, z. B. durch den Einsatz von ehrenamtlich tätigen Menschen anstelle von ausgebildeten
Pädagog/innen.
Die GEW bekräftigt überdies ihre Forderung, dass an jeder Schule aufgabengerechte
sozialpädagogische Kompetenz vorhanden sein muss.
(…)
Der vollständige Text [hier...]

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Karsten Krüger
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