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Schwerpunkt

 „Viele Angebote müssen ausfallen“

Kita-Situation in Bremen: Die GEW Bremen lud zu einem Onlinetreffen und Beschäftigte diskutierten

Still sein fördert das richtige Zuhören | Foto: Susanne Carstensen

Die Arbeitsbedingungen in den Kinderbetreuungseinrichtungen sind – besonders jetzt in Coronazeiten – nicht optimal und die Herausforderungen für die Beschäftigten entsprechend groß. Der Fachkräftemangel vergrößert die bestehenden Probleme noch zusätzlich.
Zwei Beispiele dokumentieren die derzeit oft schwierige Lage.

Thomas Garz arbeitet in einer Kita in Bremen-Nord:

„Ich bin seit längerem krankgeschrieben. Das geht mir nicht alleine so. Es sind eigentlich immer so drei bis vier Kolleg:innen krank. Und da unser Personalbestand auch nicht so riesig ist, macht sich das bemerkbar. Wir hatten mal an die 100 Kinder, jetzt nach einer Gruppenauflösung sind es 75 bis 80, auch weil ein Raum plötzlich nicht mehr für die Betreuung geeignet ist. Das hat die Baubehörde nach Jahrzehnten herausgefunden. Wegen der Gruppenauflösung mussten neue Teams gebildet werden, die sich erst zusammenruckeln müssen. Ich arbeite mit zwei Kolleginnen im Team. Wir haben aber fast noch nie in der ganzen Zeit ab Anfang 2020 komplett zusammengearbeitet. Es gab in der Coronazeit immer wieder Umbesetzungen, aber nur wenn die Kolleg:innen in der gleichen Kohorte waren ging das. Da entsteht natürlich eine Menge Unruhe im Betrieb. Und das ging auch nicht immer ohne Unstimmigkeiten oder Missverständnisse untereinander ab. Es ist eine sehr angespannte Situation. Ich habe, weil ich jetzt schon länger fehle, ein schlechtes Gewissen. Aber ich kann es nicht ändern.

Wir haben bei uns nicht nur einfache Kinder. Es gibt auch schon welche, die sind aggressiv gegenüber sich selbst oder den anderen. Einige Kinder ohne deutsche Muttersprache verstehen uns kaum und können sich nicht so leicht in den Alltag einfinden. Kita Bremen ist ja der Träger, der eine sogenannte Grundversorgung übernimmt. Manche Träger nehmen nicht alle Kinder auf. Wir nehmen sie alle und das ist auch in Ordnung so. Dadurch ist aber der Betreuungsschlüssel von vor 1990 nicht mehr der Situation angemessen.

Unsere Kita hat ein offenes Konzept mit viel Partizipation für die Kinder, aber viele Angebote und Kooperationen mussten zuletzt ausfallen. Das Einzige, was wir noch machen konnten, waren Ausflüge zu unserer Kita-Parzelle.

Normalerweise haben wir immer um 7.45 Uhr ein Briefing, wo alles für den Tag, die Woche oder länger geplant und besprochen wird. Das ging wegen der Pandemie lange nicht. Wir sind alle so ein bisschen entkoppelt. Das ist schwierig, so zu arbeiten. Wir konnten uns wegen der Kohortenregelung nicht mehr gegenseitig vertreten. Das macht es kompliziert und nervig. Es gibt nur wenig Planungssicherheit für den Jahresablauf, das hat mich frustriert. Die Motivation ist schon ab und zu auf einem Tiefpunkt. Dabei möchte ich, dass die Kinder Spaß haben und viele Möglichkeiten zum freien Lernen haben.

Stefan Heesch arbeitet als persönliche Hilfe bei der Lebenshilfe im Hort eines Kinder- und Familienzentrums von Kita Bremen. Er betreut eine Siebenjährige im Rollstuhl, unterstützt seine Hortkolleg:innen aber auch bei allen pädagogischen Arbeiten:

„Wir haben eigentlich eine gut funktionierende Gruppe, sind aber derzeit in einer Notbetreuung, weil eine Kollegin ausgefallen ist. Aus zwei Gruppen mit je 20 Kindern wurde eine. In dieser Gruppe sind die Kinder, die am bedürftigsten oder zuerst angemeldet worden sind. Sie werden eigentlich von zwei Personen betreut. Üblich ist eine Erzieher:in und eine Sozial- oder Integrationspädagog:in. Ende Januar waren wir mit mir, der ja eigentlich nur für ein Kind zuständig ist, nur zu zweit. Der Krankenstand ist – auch vor der Coronazeit – immer recht hoch. Nicht zuletzt, weil die Kinder häufig krank in die Kita kommen und wir einfach eng am Kind arbeiten. Und dazu ist es eine anstrengende und schwere Arbeit, die körperlich und psychisch belastet. Das Arbeitsklima ist dennoch gut. Wir arbeiten seit November mit Maske. Das ist körperlich super anstrengend, zumal man es nicht schafft, zwischendurch einmal rauszugehen. Offiziell soll man nach 45 Minuten ja für 15 Minuten durchatmen, das geht bei uns derzeit gar nicht. Wir öffnen die Fenster und Türen so oft es geht, aber es bleibt schwierig, die Pausen einzuhalten.

Mehr Personal würde auf jeden Fall helfen, wenigstens ein, zwei Leute mehr. Ich halte es für wichtig, in Kita und Hort Angebote zu machen. Ich mache freiwillig Musikangebote und erzähle einmal pro Woche Geschichten. Diese Angebote müssen aber oft ausfallen, weil es organisatorisch nicht geht.

Wir arbeiten in einem Container. Probleme mit der Elektrik gab es, das Licht geht oft nicht. Im Herbst war die Heizung kaputt, sie wurde aber schnell repariert. Im Container zu arbeiten – das ist einfach schwierig. Bei einer anderen Kita, bei der ich davor gearbeitet habe, ist eine der beiden Küchentüren rausgefallen. Die musste zugeschraubt werden. Ein Jahr verging, ohne das ein Handwerker vorbeikam. Insgesamt gibt es viele Probleme. An vielen Gebäuden müsste viel mehr gemacht werden.

Es ist angenehm bei der GEW-Gesprächsrunde einmal alles erzählen zu können. Ich habe Glück, dass ich mich mit meiner Frau, die in der Jugendhilfe arbeitet, austauschen kann. Ich weiß, dass aber viele Kolleg:innen allein nach Hause kommen und den ganzen Kram mit sich schleppen. Ich habe an der Onlinediskussion gerne teilgenommen, weil es explizit eine Runde für Kitabeschäftigte war.“