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Politische Einflussnahme

„Überlasst die politischen Entscheidungen nicht anderen“

Die „Mitmachgewerkschaft“ ist eigentlich eine gute Idee ...

... hieß es schon in Zeiten von Dieter Wunder und Achim Albrecht, als sie vor Jahrzehnten Vorsitzender und Vize-Vorsitzender der Bundes-GEW waren und diesen Begriff in die Weiterentwicklungsdebatte unserer Gewerkschaft nachdrücklich einbezogen. Er ist von dem Gespür getragen, dass allein den Vorständen und ausgewählten Gremien die Durchsetzung aller gewerkschaftlichen Überzeugungen und Anliegen nicht gelingen dürfte. Außerdem sprachen beide ein zutiefst demokratisches Prinzip an. Die Kolleg*innen „an der Basis“ mögen ihre Interessen selbst in die eigene Hand nehmen. Natürlich können nicht bei jedem Spitzengespräch mit Senator*innen oder Dezernent*innen alle Mitglieder dabei sein, aber im Endeffekt sind gerade sie das Subjekt der politischen Auseinandersetzungen. Die Mitmach-Nebeneffekte einer höheren Identifizierung mit der eigenen Organisation seien nicht verschwiegen, sind aber ja auch sinnvoll.

„Menge bringen

Was damals bereits so richtig angesprochen wurde, bekam im Laufe der Jahre eine eher stärkere Dringlichkeit. Für so manche Auseinandersetzung zählt schlicht die Anzahl der Menschen, die es gelingt zu mobilisieren. In Zeiten, in denen das Kriterium der Quantität gerade in der veröffentlichten Meinung und Berichterstattung eine Rolle spielt (letzter Bezug: „Wir sind mehr!“), muss auch die GEW zu gegebenen Anlässen schlicht „Menge“ bringen. Ruft man aktuell die Internetseiten unserer Landesverbände über die gesamte Republik auf, so fällt der Begriff der „Mitmachgewerkschaft“ stetig. Aber: Ist das ein ziehendes Lockmittel? Und: Warum müssen Landes- und Stadtverbände Kolleg*innen noch explizit zum „Mitmachen“ auffordern, geht es doch um ihre eigenen Interessen, zu deren Umsetzung sie in die GEW eingetreten sind. Schlüsselversicherungen für sich gibt´s nämlich woanders billiger.

Wenig Unterstützung

Kommen wir deutlicher zur Sache. Die Vorstände des Landesverbandes Bremen sind nicht ganz zufrieden mit der Quote der aktiven Beteiligung, also dem eigentlichen Mitmachen. Fehlt die Attraktivität? Reicht die Diskussions- und Informationsveranstaltung zu tatsächlich brennenden, weil Arbeitsbelastungen aufnehmenden Themen („Studierende in die Schule“) zur „aktiven Teilnahme“ nicht aus? Da ist das Mitmachen in der Tat eher intellektuell, muss man doch dem Dilemma fehlender Lehrkräfte einerseits und dem Anspruch einer Ausbildung mit Qualität andererseits beikommen. Gut, manche in unserer Gewerkschaft mögen es eher praktischer. Ungefähr 150 Kolleg*innen kommen auf den Marktplatz und gießen das Fundament einer neuen Schule, nachdem der ganze alte Müll verschrottet wurde. Mitmachen als Eimerschleppen, Eisenpfähle stabilisieren und Parolen schreien. Sicherlich nicht jedermanns und jederfraus Sache in einer Bildungsgewerkschaft, aber so wenig Unterstützung bei mehr als 5.000 Mitgliedern ...

„Setzt Prioritäten!

Tja, sagen einige der Mitmachexpert*innen, junge Leute agieren heute nur in Projekten und arbeiten digital. Das heißt letztlich, die GEW ist methodisch zu eingeschränkt und über das „Primat des Inhalts“ soll sie in Klafki-Gedächtnis-Veranstaltungen diskutieren.

Man kann sich weiter ereifern, aber: Die Frage nach wirksamer politischer Einflussnahme bleibt. Und es gibt nur eine Antwort, Kolleginnen und Kollegen unserer Organisation: Setzt Prioritäten!
Überlasst die politischen Entscheidungen nicht anderen.

Die Landesverfassung und das Schulgesetz sind auf eurer Seite. „Mehr Demokratie“ kann man aber nicht rein theoretisch wagen. Eine unzulängliche Situation an der Schule ändert sich nicht grundlegend durch noch eine Konferenz oder noch intensivere Stundenvorbereitung. Wie Dieter und Achim „Mitmachen“ definiert haben, wird sich auf ihre Zeit bezogen haben. Der Kern, mit-zu-machen, stimmt aber.

Jede Entscheidung gegen die eigene politische Aktivität stärkt die Gegenseite.

Jede*r Pädagog*in kann hinter den Bildschirm abtauchen und auf dem Schreibtischstuhl anwachsen und weiter arbeiten, immer weiter. Nur verbessern sich so die Arbeitsbedingungen nicht. Politik ausschließlich mit dem Wahlzettel zu beeinflussen ist lediglich ein bescheidener Anfang.
Die Mitmach-Idee als aktive Teilnahme am politischen Kampf trägt auch 2018 – und ihr könnt sie selber ausgestalten. Tut es!