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Transparenz-Kodex für Unterrichtsmaterialien

Lobbyisten umwerben Schulen und Lehrkräfte so intensiv wie nie zuvor mit kostenlosen Unterrichtsmaterialien. Anders als Schulbücher werden diese Materialien nicht unabhängig geprüft oder ministeriell zugelassen. Weil häufig nicht einmal die Urheberschaft entsprechender Lehr-und Lernmaterialien ersichtlich ist, dringen vermehrt einseitige Positionen in den Schulunterricht. Deshalb hat die Deutsche Vereinigung für Politische Bildung (DVPB) einen Transparenz-Kodex entwickelt. Der Kodex fordert die Kultusministerien auf, eine transparente Kennzeichnung von Unterrichtsmaterialien durchzusetzen. Zukünftig sollen alle in Schulen genutzte Materialien Angaben über Produzenten, Finanziers und unterstützende Organisationen enthalten.

Insbesondere finanzkräftige Wirtschaftsverbände und Konzerne überschwemmen die Schulen zunehmend
mit kostenlosen Unterrichtsmaterialien. Diese beschäftigen sich mit gesellschaftlichen und politischen Themen wie soziale Sicherung oder Energiewende sowie mit lebenspraktischen Fragen wie private Altersvorsorge oder Geldanlage. Die Anbieter nutzen die Unterrichtsmaterialen oft dazu, das Thema einseitig nur aus ihrer Sicht darzustellen, um die Lernenden im Sinne ihrer Weltanschauung und Interessen zu beeinflussen. Das Spektrum reicht von einschlägigen Formen der Meinungsmache bis hin zur Kundenakquise. Besonders stark tritt die Versicherungs-und Finanzindustrie an Schulen auf.
Viele Anbieter versuchen zu verschleiern, wer genau das Material beauftragt, produziert und finanziert hat. Deshalb ist es für Lehrende und Lernende häufig nicht oder nur schwer ersichtlich, welche Lobby
hinter einem Material steht. Manche Anbieter verstecken sich hinter Vereinen mit wohlklingenden Namen. Diese Intransparenz erschwert es Lehrenden und Lernenden, sich kritisch mit den Absichten der Finanziers und Autoren auseinanderzusetzen.

Die zunehmende Praxis von Lobbyisten, die Unterrichtsfächer des gesellschaftlichen Lernens mit nicht gekennzeichnetem Werbematerial zu unterwandern, alarmiert die Deutsche Vereinigung für Politische Bildung (DVPB). Als Fachverband der Politischen Bildung in Deutschland mit über 2000 Mitgliedern aus Schule, Hochschule und Erwachsenenbildung hat die DVPB deshalb einen Transparenz-Kodex entwickelt. Sie fordert die Kultusminister auf, diesen aufzugreifen und umzusetzen.

Vier Regeln
Die vier Regeln des DVPB-Transparenz-Kodex für Unterrichtsmaterialien definieren die Mindestanforderungen an Transparenz in Schule und Unterricht:

1. In Schule und Unterricht verwendete Materialien Dritter müssen im Impressum nicht nur die Herausgeber, sondern auch die Finanzierungsquellen sowie die Herstellung und Vertrieb unterstützenden Organisationen angeben.
2. Sofern dies aus Platzgründen als nicht praktikabel erscheint, muss das Material einen direkten Link zu einer Webseite mit diesen Informationen enthalten.
3. Wird eine Organisation wie z.B. ein Verein, eine Stiftung oder ein Institut als Förderer oder Finanzierer angegeben, sind auch deren Geldgeber explizit, vollständig und leicht auffindbar zu nennen.
4. Die Autorinnen und Autoren des Materials sind ebenso zu nennen wie ggf. ihre Zugehörigkeit zu einer Organisation.

 

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Reinhold Hedtke
(reinhold.hedtke@uni-bielefeld.de),
der im Bundesvorstand der DVPB für den Kodex zuständig ist.