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Am 10. Dezember, nach den bundesweiten Demonstrationen anlässlich des „Bildungsgipfels“, kam es zu folgendem Interview in der Uni. Die Fragen von Jürgen Burger beantworteten Anne-Mareike Voss und Marinus Reuter.

Wann und warum habt ihr mit der Besetzung angefangen?

Die Besetzung hat am 24.11. angefangen. Wir hatten zu einem Plenum eingeladen, weil deutschlandweit gestreikt wurde und in Bremen nichts passiert war. Vorbereitet hatten wir das Plenum schon seit einer Woche. Die Idee kam aus Stugas und von Einzelpersonen. Der Rektor hatte ein Gesprächsangebot gemacht. Es war von vornherein klar, dass diese Veranstaltung nicht ausreichen würde, um unsere Belange zu äußern und wirklich etwas zu bewegen. Die Veranstaltung war eigentlich nur eine Geste. Die Kultusminister und Rektoren haben bisher die Verantwortung immer schön hin und her geschoben und keiner hat etwas unternommen.

Was wurde auf der Veranstaltung mit dem Rektor vorgebracht?

Es waren gut 400 Leute da und zunächst wurden erst einmal Forderungen gesammelt. Das waren zum Teil ganz spezifische Probleme aus den einzelnen Studiengängen, zum Teil aber auch ganz grundsätzliche Kritiken. Auch die Raumnot ist ein großes Thema. Symbolisch war schon beim letzten Streik ein „GW III“ aufgestellt worden. Die großen Themen, die – wie überall deutschlandweit – angesprochen wurden, waren die fehlende Mitbestimmung und die Freiheit, selbst über seine eigene Bildung zu entscheiden. Denn im bestehenden System wird man als ein unmündiges Kind behandelt.

Und wie war die Reaktion?

Zuerst wurden Fragen gesammelt beantwortet, zur Mitte des Gesprächs wurde abgestimmt, dass jede Frage einzeln beantwortet werden sollte. Inhaltlich wurden Zugeständnisse versprochen: z. B. bei den Anwesenheitslisten, die im Grunde jetzt schon abgeschafft sind, z.B. bei der Offenlegung der Finanzen. Wir haben eine AG gegründet, die sich damit beschäftigt, welche finanziellen Abhängigkeiten eigentlich bestehen. Die AG hat dann die Verwaltung besucht, und die wusste überhaupt nicht, dass so ein Zugeständnis gemacht worden ist. Es gab viele Versprechungen, aber dann keine weitere Kommunikation. Wir haben nach zwei Wochen die erste e-mail vom Rektor erhalten.

Wie viele Studierende haben an der Besetzung teilgenommen?

Am Anfang waren wir ca. 150. Mit der Zeit sind das wie überall in Deutschland weniger geworden. Jetzt, nach der KMK, wird die Aktion wahrscheinlich in den meisten Städten erst einmal dem Ende zugehen.

Es war überraschend, dass so kurz nach dem Bildungsstreik im Sommer jetzt schon wieder so viele Aktionen gefolgt sind. Wie schätzt ihr die Wirkung ein?

Das wird bei uns selbst sehr unterschiedlich eingeschätzt. Zum einen wird in den Medien den Forderungen der Studierenden großes Verständnis entgegen gebracht, dahinter versteckt sich zum anderen aber viel Ignoranz, wenn man die Beschlüsse der Kultusministerkonferenz liest oder wenn man den regelmäßigen Stellungnahmen von Frau Schawan zuhört. Man kann sehr schwer einschätzen, was auf der politischen Ebene passiert und ob nicht nur Beschwichtigungspolitik betrieben wird. Es wird in den Medien fast nie inhaltlich auf die Forderungen eingegangen.

Wie seht ihr eure eigene Rolle dabei?

Die Jugend fühlt wieder etwas mehr, dass sie ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen muss. Wir sind eine behütete Generation, die jetzt Stück für Stück von Katastrophen geplagt wird, die zum Teil auch medial zu uns transportiert werden. Es entsteht ein Gefühl, dass man die Verhältnisse nicht nur einfach ertragen muss und dass man das Recht hat, dazu etwas zu sagen. Die Bewegung ist sehr pragmatisch, sehr sachbezogen und versucht sich von Ideologien fern zu halten. Aber im Endeffekt ist es schon eine Bewegung einer Generation, die ganz bestimmte Sachen, die ihr von einer anderen Generation auferlegt worden sind, nicht in Ordnung findet.

Wie ist euer Verhältnis zum AStA?

Der AStA ist erst mal politisch. Er ist über politische Listen gewählt. Die Wahlbeteiligung liegt bei gerade einmal sieben Prozent. Wir arbeiten mit vielen Leuten aus dem AStA zusammen. Es wäre blödsinnig, Parallelstrukturen aufzubauen. Es hat auch Konflikte gegeben. Aber nicht mit dem AStA als Gruppe, sondern zwischen verschiedenen Einzelpersonen. Wir versuchen auf jeden Fall, mit möglichst vielen Leuten zusammen zu arbeiten.

Ihr habt einen „Vorläufigen Forderungskatalog“ verfasst. Was soll damit passieren?

Das sind zum einen die Forderungen, die auf der Veranstaltung mit dem Rektor vorgebracht wurden. Danach wurde u.a. auf einem großen Plenum weiter an dem Papier gearbeitet. Auf einer Stugen-Konferenz am 8.12., auf der 15 Stugen (Fachschaften) vertreten waren, wurde es einstimmig unterstützt. Wir werden ein Gespräch mit dem Konrektor führen und sind gespannt, wie es weitergeht. Von den Beschädigungen im GW II haben wir uns distanziert. Da geht es um die Außenwirkung. Der Vorwurf des Rektors, dass wir mit der Besetzung zweier Arbeitsräume den Universitätsbetrieb aufhalten würden, ist reichlich übertrieben.

Kontakt
Karsten Krüger
Schriftleiter des Bildungsmagaz!ns
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