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Arbeitszeit

Stichwort: Arbeitszeiterfassung

Entscheidung über flächendeckende Erfassung der Arbeitszeit an allen Schulen und ReBUZ fällt am Mittwoch

Foto: Gunnar Weber

Das Thema Arbeitszeiterfassung an Schulen beschäftigt den Personalrat Schulen und auch die GEW Bremen ja schon eine ganze Weile…
Trotz der spätestens seit 2022 geltenden Verpflichtung aller Arbeitgeber:innen, die Arbeitszeit ihrer Beschäftigten aus Gründen des Gesundheitsschutzes zu erfassen, tun sie es in Schulen bisher einfach nicht.  Anfang Februar hat nun die beim Senator für Finanzen angesiedelte Einigungsstelle einen Initiativantrag des Personalrats Schulen bestätigt, in dem dieser die Pilotierung und anschließende flächendeckende Erfassung der Arbeitszeit an allen Schulen und ReBUZ beantragt hatte. Der Personalrat bekam Recht, weil er ja eigentlich nur die Umsetzung geltender Rechtsprechung eingefordert hat. Normalerweise ist ein Mitbestimmungsverfahren in derartigen Angelegenheiten mit der Einigungsstelle abgeschlossen, und die beantragte Maßnahme muss umgesetzt werden.

Was bisher geschah - ein Versuch einer Chronologie

  • Februar 2025 - Einigungsstelle gewonnen
    Im Februar dieses Jahres hat die Einigungsstelle den Initiativantrag  des Personalrats zur Arbeitszeiterfassung aller an Schulen  Beschäftigten bestätigt. Der Personalrat hat die Durchführung eines  Pilotprojektes und die anschließende flächendeckende Erfassung der  Arbeitszeit beantragt, so wie es die geltende Rechtsprechung  spätestens seit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts von 2022  vorschreibt.
  • April 2025 - Entscheidung durch den Senat wieder aufgehoben
    Am ersten April hat der Senat diesen Beschluss auf Grundlage seines  Letztentscheidungsrechts wieder aufgehoben mit der Begründung "Die  Arbeitszeiterfassung von Lehrkräften hat Auswirkungen auf die  Erledigung des Amtsauftrags und damit auf das Gemeinwohl."  Außerdem,  so der Senat weiter, “Die Einführung der Arbeitszeiterfassung an  Schulen kann darüber hinaus erhebliche haushaltsrelevanten Folgen  haben.”
  • Februar 2025 - Personalrat stellt das Letztentscheidungsrecht des  Senats in Frage
    Der Personalrat hatte schon vor der Senatsentscheidung vor dem  Verwaltungsgericht Klage eingereicht, weil er die Auffassung vertritt,  die Senatorin für Kinder und Bildung hätte den Senat gar nicht anrufen  dürfen, da es sich um eine soziale Maßnahme zum Gesundheitsschutz der  Beschäftigten handelt, bei der dem Senat kein Letztentscheidungsrecht  zusteht und die ohnehin geltendes Recht ist. Der Beschluss der  Einigungsstelle wäre demnach direkt bindend.
  • Mai 2025 - Verwaltungsgericht entscheidet über Letztentscheidungsrecht  des Senats
    Das Verwaltungsgericht Bremen entscheidet nun, ob der Senat im Rahmen seines Letztentscheidungsrechts berechtigt war, den Einigungsstellenbeschluss aufzuheben, den der Personalrat erwirkt hatte.

Die Verhandlung findet am 14.05.25 um 9.30 Uhr im Justizzentrum am  Wall in Saal 4 statt.
Die Verhandlung ist öffentlich. Wenn ihr also an diesem  Mittwochvormittag Zeit und Interesse habt, kommt gerne vorbei. Die  Plätze im Gerichtssaal sind zwar begrenzt, aber zahlreiches Erscheinen  kann der Arbeitgeberin ja auch vor dem Gerichtgebäude zeigen, wie groß  das Interesse am Ausgang des Verfahrens ist. 

Fragen und Antworten zur möglichen Arbeitszeiterfassung an Schulen
 

  1. Wie ist derzeit die Rechtslage zur Arbeitszeiterfassung?
    Das Bundesarbeitsgericht hat 2022 entschieden, dass auch in Deutschland die gesamte Arbeitszeit von Angestellten und Beamt:innen aufzuzeichnen ist.
  2. Darf der/die Arbeitgeber:in mit der Arbeitszeiterfassung warten, bis das Arbeitszeitgesetz an die neue Rechtsprechung angepasst ist?
    Nein! Das Bundesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die gesamte Arbeitszeit aufzuzeichnen ist – damit ist das bereits heute geltendes Recht.
  3. Was genau muss der/die Arbeitgeber:in erfassen?
    Um die Einhaltung der Höchstarbeitszeit sowie der täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten gewährleisten zu können, müssen Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit aufgezeichnet werden.
  4. Wie soll die Arbeitszeit erfasst werden?
    Das wurde bisher noch nicht festgelegt. Die Aufzeichnung kann digital oder auch handschriftlich erfolgen.
  5. Kann weiterhin eine Vertrauensarbeitszeit vereinbart werden?
    Ja! Eine Dokumentation der Arbeitszeit steht der Vertrauensarbeitszeit, wie sie z. B. für Lehrkräfte gilt, nicht im Wege.
    Die Vorgaben des Arbeitsschutzes, um die es bei der neuen Rechtsprechung geht, sind auch bei Vertrauensarbeitszeit heute schon einzuhalten.
  6. Wer ist zuständig für die Erfassung der Arbeitszeit?
    Zuständig ist der/die Arbeitgeber:in. Die Erfassung kann aber teilweise oder vollständig an die Beschäftigten delegiert werden.
  7. Kann die Arbeit auch an einem anderen Ort als der Schule erledigt werden?
    Ja! Daran ändert die Arbeitszeiterfassung nichts.
  8. Muss auch die Art der Tätigkeit, die ich ausübe, erfasst werden?
    Nein, es geht in dem Urteil um Arbeits- und Gesundheitsschutz der Beschäftigten. Eine Verhaltens- und Leistungskontrolle durch den Arbeitgeber ist nicht erlaubt.
    Eine Definition, was zur Arbeitszeit gehört und was nicht, ist dennoch zu erwarten.
  9. Bin ich verpflichtet Pausen zu machen?
    Ja, werden sechs Stunden überschritten, muss eine Pause von insgesamt 30 Minuten und nach neun Stunden eine Pause von 45 Minuten eingelegt werden. Die Pausen können auch in kleinere Zeitabschnitte von mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden.
  10. Welche Folgen hat es, wenn die Arbeitszeit über- oder unterschritten wird?
    Ob die Arbeitszeit über- oder unterschritten wird, lässt sich bei Lehrkräften aufgrund der Art der Arbeitsorganisation nicht wochen- oder monatsweise feststellen. Vermutlich wird es zu einem Jahresarbeitszeitkonto kommen.
    Stellt sich heraus, dass die Arbeitszeit überschritten wurde, so muss ein Ausgleich erfolgen und es müssen Maßnahmen ergriffen werden, damit die Arbeitszeit nicht weiterhin regelmäßig überschritten wird.
    Eine wiederholte Überschreitung der zugelassenen Höchstarbeitszeit von 10 Stunden täglich oder 48 Stunden in der Woche, bzw. die Nichteinhaltung der Erholungszeit von 11 Stunden erfordert eine schnellere Reaktion des/der Arbeitgeber:in. Hier muss gemeinsam mit dem Beschäftigten nach Lösungen gesucht werden.
    Mit nennenswerten Unterschreitungen der Arbeitszeit ist zwar nicht zu rechnen, aber auch hier müsste ein Ausgleich erfolgen.
  11. Wie hoch ist die Arbeitszeit von Lehrkräften in Zeitstunden?
    Die Arbeitszeit von Lehrkräften orientiert sich am öffentlichen Dienst. Bei Beamt:innen sind das 40 Wochenstunden. Da die Ferien zu berücksichtigen sind, lässt sich folgende Rechnung aufstellen: Man zieht von den 52 Jahreswochen sechs für Erholungsurlaub und die gesetzlichen Feiertage ab. Was übrig bleibt, wird mit 40 Wochenstunden multipliziert. So erhält man die Jahresarbeitszeit, die je nach Kalenderjahr leicht schwanken kann. Geht man z. B. von 10 Feiertagen, also zwei Wochen, aus, bleiben 44 Wochen. Das wären dann 1760 Jahresarbeitsstunden.
  12. Ist der Aufwand, der durch die Arbeitszeiterfassung entsteht eigentlich auch Arbeitszeit?
    Ja.

[Quelle: Personalrat Schulen Bremen]

•Die Mitgliedstaaten müssen die Arbeitgeber „verpflichten, ein objektives, verlässliches und zugängliches System einzuführen, mit dem die von einem jeden Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann“

•Der EuGH qualifiziert die Schutzvorschriften der EU-Arbeitszeitrichtlinie als Europäische Grundrechte, die zwingend einzuhalten sind.

•Ohne Arbeitszeiterfassung kann der Arbeitgeber nicht dafür sorgen, dass diese eingehalten werden.

•Ohne Arbeitszeiterfassung können die Beschäftigtenvertretungen ihre Kontrollfunktion nicht wirksam ausüben.

•Die Mitgliedsstaaten müssen daher durch geeignete Maßnahmen Sorge tragen, dass die Arbeitgeber die Arbeitszeit erfassen.

•Das kann auch durch Selbstaufzeichnung durch die Arbeitnehmer geschehen.

•Volltext des Urteils:
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf;jsessionid=95BED4EB68E692725A9D4FC13C830264?text=&docid=214043&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=7965679