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Diskussion

Stellungnahme Bremer Friedensforum

Einige Gedanken zum Artikel des Werner Pfau unter dem Titel: „Wege und Abwege der Friedensbewegung“

Im Januarheft der Bremer Lehrerzeitung breitet das Redaktionsmitglied Werner Pfau seine Sichtweise zur Ermordung des iranischen Generals Soleimani und seiner Begleiter durch einen US-amerikanischen Raketenschlag aus. Neben der Denunziation des Bremer Friedensforums gibt Herr Pfau vor, dass ihm die Situation der gemäßigten und oppositionellen Bewegung im Iran wichtig sei.

Dazu einige Anmerkungen:

Grundsätzlich fällt auf, dass der Autor die Konfrontations- und Eskalationsstrategie der USA im Zusammenhang mit dem Iran hinter nichtssagenden Floskeln kleinredet.

Zerstörung des Atomvertrages durch die USA

Das ist zumindest bemerkenswert, denn es war US-Präsident Trump, der das funktionierende Abkommen zur Verhinderung einer atomaren Bewaffnung des Iran bewusst zerstört hat. Und das, obwohl die Bundesregierung und internationale Kontrollbehörden immer bestätigt haben, dass der Iran buchstabentreu alle Regelungen umsetzt. Mit der Zerstörung dieses völkerrechtlich verbindlichen Abkommens geht zugleich die Errichtung eines brutalen Sanktionsregimes der USA gegen den Iran einher. Konnte der Iran bisher täglich 2,5 Mio. Barrel Öl verkaufen, sind es jetzt mit großen Mühen etwa 500.000 Barrel. Wichtige Lebensmittel, Babynahrung, Medikamente und Einrichtungen für Krankenhäuser können nicht auf den internationalen Märkten beschafft werden, da die USA jede Firma, die etwas liefern würde, mit dem Bankrott bedroht. Trotz großer Bekenntnisse der Bundesregierung gegenüber dem Iran, bei der Rettung des Atomvertrages durch aktive Handelsbeziehungen behilflich zu sein, ist davon nichts zu sehen. Halten wir fest: Die USA zerstören den funktionierenden Atomvertrag und bei Herrn Pfau finden wir kein Wort zu dieser Ungeheuerlichkeit!

Soleimani war auf dem Weg nach Saudi Arabien

Wenden wir uns der Ermordung des iranischen Generals Soleimani zu. Festzuhalten ist, dass dieser völkerrechtswidrige Mord am Flughafen von Bagdad, also im Irak, stattgefunden hat. Aus Informationen der irakischen Regierung wissen wir, dass der iranische General auf Vermittlung des Irak via Bagdad auf dem Weg nach Saudi Arabien war, um dort über die Entspannung der politischen Beziehungen zwischen Iran und Saudi Arabien zu verhandeln. Die Aussicht auf Entspannung der Beziehungen zwischen Teheran und Riad war den Befehlshabern des Mordes möglicherweise Antrieb für diese Tat. Bei Herrn Pfau finden wir kein Wort zu diesem Versuch des Iran, einen Weg aus der angespannten Lage im Nahen Osten zu finden.

Dass dieser Mord außerdem gegen das Gewaltverbot der UN-Charta, Artikel 2 Nr. 4, verstößt, kommt ihm ebenfalls nicht in den Sinn. Niemand hat demnach das Recht Ankläger, Richter und Vollstrecker in einer Person zu sein! Die irakische Regierung hat die USA sofort nach dem Mord an Soleimani aufgefordert, die US-Truppen aus dem Irak abzuziehen. Dieser Abzug wird systematisch verhindert. Stattdessen kündigen die USA den Ausbau der Militärbasen an. Ein Akt, der an Dreistigkeit kaum zu überbieten ist!

„Kein Krieg gegen Iran. Verhandeln statt eskalieren!“

Mit diesem Slogan hat das Bremer Friedensforum in Sorge um den Frieden im Nahen Osten in Anbetracht der aufgeheizten Situation nach dem Attentat zu jener Kundgebung aufgerufen, die Herrn Pfau ein Dorn im Auge ist. Ebenso war auf einer picket line zu lesen: „Hände weg vom Iran“. Hintergrund dieser Aussagen ist der Aufmarsch der US-Kriegsmarine mit dem Flugzeugträger „USS Abraham Lincoln“, Kriegsschiffen mit Raketen und einer Bomberstaffel in Schlagweite zum Iran. Es ist erstaunlich, dass Herr Pfau angesichts des riesigen zerstörerischen Potenzials dieses Aufmarsches nicht selbst auf die Idee kommt, das Streben des Bremer Friedensforums nach Deeskalation zu unterstützen und sich auf dem Marktplatz für nichtmilitärische Lösungsansätze einzusetzen. Denn eins ist sicher, egal welche Meinungsverschiedenheiten uns unterscheiden mögen: Krieg kann nicht die Lösung sein!

Und – es hätte dem Artikelschreiber auch auffallen müssen, dass der von ihm heftig gescholtene Arzt Dr. Khaschayar Bayanifar in seinem Redebeitrag klar für politische Lösungen der Situation wirbt.

Last but not least

Herr Pfau gibt zu erkennen, dass ihm das Schicksal der Opposition im Iran am Herzen liegt. Da dürfte es wohl keine Meinungsverschiedenheiten zwischen uns geben, wenn wir an dieser Stelle festhalten, dass es genau die durch Präsident Trump und seine Hintermänner verursachte Einschnürung des Iran ist, die den politischen Spielraum der Opposition einengt. Auch um dies zu ändern muss schleunigst auf eine Entspannungspolitik im Nahen Osten hingearbeitet werden.

Schlussbemerkung:

Der Artikel von Werner Pfau ist inhaltlich unverschämt und denunziatorisch gegenüber einer befreundeten Organisation, die von der GEW 1983 mitbegründet wurde. Der Artikel ist außerdem pädagogisch und vor allem journalistisch unprofessionell. Wo bleibt das „Audiatur est altera pars“ (Man höre immer auch die andere Seite!). Herr Pfau hat bedauerlicherweise eine oberflächliche Web-Recherche dem direkten Gespräch mit Vertreter*innen des Bremer Friedensforums vorgezogen.

Hartmut Drewes, Mitglied der GEW

Sprecher*innenkreis Bremer Friedensforum

Leserbrief zu dem Artikel in der BLZ Januar/Februar 2020 von Werner Pfau

Befand ich mich auf Abwegen, als ich aus Protest gegen die völkerrechtswidrige Ermordung des iranischen Generals Soleimani und acht weiterer Personen durch einen US-amerikanischen Raketenangriff am 9. Januar an einer Kundgebung teilnahm?

Das jedenfalls legt mir der Kollege Pfau in der BLZ 1/2020 nahe.

Das Bremer Friedensforum hatte unter dem Motto: „Kein Krieg gegen den Iran - verhandeln statt eskalieren“ aufgerufen. Die Situation dort war hochexplosiv. Joe Biden brachte es auf den Punkt: Trump habe "eine Stange Dynamit in ein Pulverfass geworfen“.

Die TeilnehmerInnen setzten sich öffentlich gegen diese Militäraktion und für Deeskalation ein.

Doch diese militärische Aktion und das daraus erwachsende Kriegsrisiko kommen beim Kollegen Pfau nicht vor. Sein Problem ist, dass der Deutsch-Irani Dr. Bayanifar in seiner Rede für iranische Unterstützung Syriens Verständnis zeigte. Anlässlich von Gegenmaßnahmen der iranischen Regierung fordert Bayanifar: „Auf jeden Fall darf die Gewaltspirale nicht fortgesetzt werden!“ Das hat Kollege Pfau wohl übersehen.
Ich empfehle jeden Interessierten, die drei Redebeiträge von Volkert Ohm (IALANA), Dr Bayanifar und Walter Rufler von der Webseite des Friedensforums herunterzuladen, um sich ein eigenes Bild machen zu können.

Mich bewegt aber noch eine andere Frage:

Die BLZ-Redaktion muss sich etwas gedacht haben, wenn ihr ein solcher Verriss eine Doppelseite wert war. 

Die BLZ wird an die über 5000 Mitglieder verschickt. Da hat man schon eine Verantwortung und überlegt sehr genau, welche Wirkung ein Artikel haben soll. Ich gehe davon aus, dass der Artikel nicht aus Mangel an anderen Themen seinen Gang in die BLZ gefunden hat.

Was also war die Absicht der Redaktion?

Gibt die BLZ hier einen Diskussionsprozess in der GEW wieder? Anscheinend nicht, denn im Artikel findet sich kein Hinweis. Eine Diskussion des Themas vorher z.B. in der AG Internationales (Sprecher: Werner Pfau) hätte gewerkschaftlichen Gepflogenheiten entsprochen, zumal GEW und Friedensforum in der Vergangenheit oft kooperiert haben und viele Gewerkschafter sich an den Aktivitäten beteiligen.

Oder möchte die BLZ das Thema Frieden anstoßen, etwas in Bewegung setzen? 

Das würde ich persönlich sehr begrüßen. Da gibt es aktuell doch einiges Aktuelles wie Regionales:

  • Bis August läuft das größte US-Manöver Defender2020 seit 25 Jahren. Dagegen macht das Friedensforum schon wieder einseitige Aktionen und wird in den kommenden Wochen weitere starten. 
  • Den Rüstungshaushalt möchte die Bundesregierung bis 2024 von knapp 50 Mrd auf über 80 Mrd € erhöhen. Wofür, frage ich. Und eine Bildungsgewerkschaft kann sich ausrechnen, dass dann die Staatsknete nicht mehr reicht für Verbesserungen z.B. auch an Schulen und Universitäten. Mal abgesehen davon, dass durch Aufrüstung die Kriegsgefahr steigt. Und was ein Krieg in Europa bedeutet, weiß jedes Gewerkschaftsmitglied.
  • Zunahme der Propagierung von Feindbildern. Das braucht der Militarist, sonst kann er seine Rüstung nicht glaubhaft machen. Feindbilder brauchen die Rechten, um von den Ursachen abzulenken. Oder wenn Sozialabbau durchgesetzt werden soll. Ordne zu: Asylant - Russe - Muslim-Jude-Sozialschmarotzer. Ein umfängliches Arbeitsfeld gerade für eine Bildungsgewerkschaft.

In den Fragen Faschismus und Aufrüstung hat Carl von Ossietzky in seiner Weltbühne vor 1933 klar Position ergriffen mit guten Argumenten und scharfen Worten. Und ich sehe das Friedensforum genau in dieser Tradition.