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Bremen nach der Wahl

Spickzettel für die Koalitionsverhandlungen

Um die zukünftigen Regierungsparteien an die höchste Priorität von Bildung für die Koalitionsverhandlungen und die nächste Regierungsperiode zu erinnern, werden wir diese durch das Verbreiten unserer Forderungen unter dem #SpickzettelfürBildung in den nächsten Tagen begleiten. 

Wir erwarten, dass Bildung für die neue Regierung allerhöchste Priorität bekommt. Kinder und Jugendliche sind die Zukunft. Der Fachkräftemangel in Schulen, der mittlerweile in jedem Bundesland erschreckende Ausmaße annimmt, ist eine Katastrophe mit Ansage. Als Gewerkschaft warnen wir seit über 20 Jahren davor. Um wenigstens mittel- und langfristig wieder genügend Fachkräfte in den Schulen zu haben, müssen jetzt Maßnahmen ergriffen werden, die dies ermöglichen. Dazu gehören u.a. Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung der pädagogischen Berufe und zu Qualifizierungen.Die Koalitionsverhandlungen müssen diese Aspekte berücksichtigen.

Für den Bereich Schule muss gelten:

  • Attraktivität der pädagogischen Berufe

Der Bildungsauftrag, wie er in den Artikeln 26 und 27 der Bremischen Landesverfassung  und in den §§ 3 bis 5 des Bremischen Schulgesetzes verankert ist, muss wieder erfüllt werden. Dafür müssen umgehend vielfältige Maßnahmen eingeleitet werden, die schnell zur Entlastung des Personals führen und die dafür sorgen, dass jeder pädagogische Arbeitsplatz in Schule wieder attraktiv wird.

Erst wenn das Personal an allen Standorten wieder pädagogisch wirksam für alle Kinder und Jugendlichen agieren kann, besteht eine Chance den substanziellen Ungleichheiten im Bildungssystem effektiv zu begegnen. Inklusion wird zu einem Gewinn für alle, wenn die Bildungseinrichtungen hierfür gut ausgestattet werden.

  • Bessere Ausstattung von Schulen in besonders herausfordernden Standorten

Um der in der Wahl deutlich zum Ausdruck gebrachten Frustration vieler Wähler*innen Rechnung zu tragen, müssen insbesondere Standorte in herausfordernder Lage eklatant besser ausgestattet werden. Hierfür sind Sozialindikatoren aufzustellen, die stadtübergreifend gelten, vergleichbar sind und bei der Mittelzuweisung Berücksichtigung finden.

Diesbezüglich muss sich Bremen auf Bundesebene dafür einsetzen, dass mehr Mittel nach Bremen fließen. Der Königsteiner Schlüssel kann hierfür kein Maßstab sein.

Die Bremer Ausgaben für Bildung müssen sich an die der anderen Stadtstaaten angleichen. Auf Bundesebene muss sich Bremen für ein Sondervermögen für Bildung einsetzen.

  • Ausbildungsoffensive für alle pädagogischen Berufe

Um langfristig eine gute Personalausstattung in den Schulen zu gewährleisten muss eine Ausbildungsoffensive für alle pädagogischen Berufe eingeleitet werden. Auf der einen Seite müssen hierfür die pädagogischen Berufe in der Berufsfindung junger Menschen in den Sekundarschulen wieder in den Vordergrund rücken. Die Bildungsstandards und Curricula sind hierfür zu überprüfen und anzupassen.  

  • Ausbildungskapazitäten für alle pädagogischen Berufe

Auf der anderen Seite müssen die Ausbildungskapazitäten für alle pädagogischen Berufe erhöht werden. Das gilt bei Lehrkräften für beide Phasen der Ausbildung. Erzieher*innen- und Sozialpädagog*innenausbildung müssen standardmäßig die Möglichkeit haben, ihren praktischen Ausbildungsanteil auch in Schulen in beiden Städten absolvieren zu können. Alle Erzieher*innen sollen nach S8b bezahlt werden.

  • Seiten- und Quereinstieg

Jeder quereingestiegenen Erzieher*in, Sozialpädagog*in und Lehrer*in muss ein Angebot zu einer Qualifizierung vorgelegt werden, die es ermöglicht, einen gleichwertigen Abschluss zu erlangen.

Das Ziel, alle Bildungseinrichtungen mit ausgebildetem Personal zu versorgen, darf in Zeiten des Fachkräftemangels nicht aus den Augen gelassen werden.

Alle Qualifizierungen müssen durch Mentoring begleitet werden, für die das Personal in den Einrichtungen Entlastung erfährt.

  • Anerkennung ausländischer Abschlüsse

Die Anerkennung von Abschlüssen aus dem Ausland für alle pädagogischen Berufsgruppen muss deutlich vereinfacht werden. Insbesondere Berufserfahrungen aus dem Ausland müssen bei der Anerkennung berücksichtigt werden. In diesem Zusammenhang muss überprüft werden, ob das Festhalten an der Zwei-Fach-Lehrkraft der richtige Weg ist. Außerhalb von Deutschland wird dies nur in wenigen Ländern dieser Welt praktiziert. Trotzdem darf es dadurch nicht zu einer tariflichen Abwertung und somit zu einer Abgruppierung der Lehrkräfte kommen.

  • Unterrichtsentlastung von Lehrkräften

Eine deutliche Unterrichtsentlastung für Lehrer*innen (mindestens die Rücknahme der Erhöhung der Pflichtstundenanzahl von 1997 um zwei Stunden) bei gleichzeitiger Reduzierung der Klassen- und Kursgrößen, wird dazu führen, den Beruf wieder attraktiver zu machen. Im Stundenplan sind Springstunden auf ein Minimum zu reduzieren. 

  • Ausreichend Kooperationszeiten fest verankern

Zeiten für Kooperation sowie Vor- und Nachbereitung müssen für alle nicht unterrichtenden Pädagog:innen fest verankert werden und deutlich erhöht werden. Insbesondere für Unterrichtsstunden, die bei Ausfall einer Lehrkraft von einer nicht unterrichtenden Pädagog:in betreut wird, muss eine zusätzliche Vor- bzw. Nachbereitungszeit von mindestens 15 Minuten gewährt werden.

  • Mehr Leitungszeit für Schulleitungen

Schulleitungen benötigen mehr Leitungszeit. Darüber hinaus müssen diese von bürokratischen Verwaltungstätigkeiten entlastet werden, damit sie wieder mehr Kapazitäten für Schulentwicklung bekommen.

  • Multiprofessionelle Schulleitungsteams

An allen Ganztagsschulen muss eine Leitungsstelle für nicht-unterrichtende Pädagog:innen geschaffen werden, die auf Augenhöhe in der Schulleitung arbeitet.

Multiprofessionelle Zusammenarbeit ist eine signifikante Gelingensbedingung für einen guten Ganztag. 

  • Arbeitszeit

Ganztagsschule für Schüler:innen muss einhergehen mit dem Angebot an alle pädagogisch Beschäftigten ganztägig mit Vollzeitverträgen zu arbeiten. Familienfreundlichkeit muss für alle Beschäftigten gewährleistet werden. Verlässliche und gute Teilzeitmöglichkeiten sind hier ein Muss. Zudem können zusätzliche Aufgaben nur dann angeordnet werden, wenn gleichzeitig eine Entlastung an anderer Stelle stattfindet.

  • Nachhaltigkeit in die Curricula

Wichtige Aufgaben der Zukunft, z.B. Bildung für nachhaltige Entwicklung, müssen in die Curricula aufgenommen werden, dafür müssen die Bildungspläne entschlackt werden und Verwaltungsaufgaben delegiert werden. Das Personal benötigt wieder mehr pädagogische Freiräume, um wichtige Themen der Zukunft projektorientiert und fächerübergreifend zu unterrichten. 

  • Entlastung auch für die Schüler*innen

Die Ansprüche an die Schüler*innen in Zeiten des Fachkräftemangels dürfen nicht weiter verschärft werden. Zentrale Abschlussprüfungen müssen realistisch an die Situation angepasst oder ganz abgeschafft werden. Für das Abitur werden flexible Wege, wie z.B. in der Potsdamer Erklärung beschrieben, für Bremen gesucht. Bildung muss ganzheitlich betrachtet werden. Der Fokus auf überprüfbare Kompetenzen ist hier meistens nicht hilfreich. 

  • Bedarfsgerechte sozial- und sonderpädagogische Förderung

Sonderpädagogische Ressourcen müssen wieder bei den Schüler:innen mit Förderbedarf ankommen. Sonderpädagog:innen sind keine Vertretungsreserve. Für alle Schulen muss eine bedarfsgerechte Zuweisung für Sozialpädagogik und Sonderpädagogik vorgenommen werden, auch in den Schulen der Sekundarstufe 2. Es werden mehr Angebote für geflüchtete Schüler*innen benötigt, insbesondere auch mit Blick auf erlebte Traumata. Der Einsatz von Schulpsycholog*innen ist für jeden Standort zu prüfen.

  • Digitalisierung

Alle Schulen müssen für die technische Umsetzung der Digitalisierung mit Techniker*innen ausgestattet werden.

  • Ressourcen für den Gesundheitsschutz

Die im Arbeitsschutz- und Mutterschutzgesetz vorgeschriebenen Gefährdungsbeurteilungen müssen im geforderten Maße erstellt werden. Auch hierfür müssen den Schulen personell Ressourcen zur Verfügung stehen.

  • Mehr Partizipation

Die Novellierung des Schulverwaltungsgesetzes im Sinne einer Re-Demokratisierung, die in der vorherigen Regierung angefangen wurde, muss wie zugesagt weitergeführt werden.