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Schwerpunkt

Sim Salem Bim

Ein Blick zu einem privaten Internat am Bodensee

Das Fazit vorweg: Elite ist Schiete - Mehr Geld in die staatliche Bildung. Der Weserkurier hat GEW-Berechnungen von 2021 bestätigt: Danach gab Bremen 2019 laut Angaben der Bildungsbehörde 8.100 Euro pro Schüler:in aus. Zwar habe das Land zuletzt seine Ausgaben pro Schüler:in erhöht, doch wenn nicht in den kommenden Jahren weitere zusätzliche Mittel investiert würden, werde „Bremen von der Ausgabenentwicklung abgekoppelt“, heißt es in einem Schreiben der Bildungsbehördenspitze. Hamburg gab pro Schüler:in 2500 Euro mehr aus und Berlin 3.200 Euro mehr als Bremen. Nota Bene: Pro Jahr.

Lehrkraft-Schüler-Verhältnis von 1:4

Nun ein anderes Beispiel: Voraussetzungen und Angebote einer Schule in Baden-Württemberg: Deutsche Sprache beherrschen in Wort und Schrift für gymnasialen Unterricht; Englische Sprache fließend für Baccalaureate/Test; Kleine Klassen mit im Durchschnitt 14 Schüler:innen; Soziale Dienste und Innungen Outdoor-Education: Outward Bound und Duke of Edinburgh International Award; Außergewöhnliche Lern- und Lehrumgebung am See; Große Bibliotheken mit umfangreicher deutscher und internationaler Literatur; Karriere- und Universitätsberatung durch spezialisierte Karriereberater; Feldhockey als Traditionssport sowie 20 weitere Sportarten; Schuleigenes Hallenbad am Standort; Schuleigener Hafen mit Segelbooten und Seekajaks; Schulmannschaften in vielen Sportarten mit Erfolgen auf Landes- und Bundesebene; Mitglied im G-30-Schools-Netzwerk der insgesamt 50 führenden Schulen der Welt; Maximal 600 Plätze für Mädchen und Jungen; Pädagog:innen-Schüler:innen-Verhältnis von 1:4; Dreijähriges verpflichtendes Engagement aller Schüler und Schülerinnen in sozialen Diensten (Feuerwehr, Rotes Kreuz, Technisches Hilfswerk, DLRG / Seenotrettung, Sozialdienst, Umweltdienst); Umfassende Gesundheitserziehung über acht Schuljahre hinweg; Außerschulisches Musikangebot mit 26 Lehrkräften; Theaterangebot. Unglaublich, aber wahr: Sim-Salem-Bim

4000 Euro Schulgeld im Monat

Dafür zahlen die Eltern von 450 Kindern und Jugendlichen im Monat einen Betrag von 3735 bis 4150 Euro. Das entspricht einer Summe von ca. 1,7 Millionen Euro pro Monat und pro Jahr rund 20,5 Millionen Euro. Dazu kommen noch ca. 150 Schüler:innen, die ein Stipendium zwischen 7.500 und 30.000 Euro erhalten, wenn sich edle Spender finden. Ein Grund dafür, warum es dieses Angebot nicht für alle Kinder und Jugendlichen gibt: In der Schule Schloss Salem am Bodensee zahlen reiche Eltern, in Bremen der angeblich arme Staat.

Leserbrief

Eine höchst elitäre Veranstaltung
Leserbrief von Thomas Weinknecht
zum Artikel „Sim Salem Bim“ von Wilfried Meyer (bildungsmagaz!n Nr. 2 /2022)

Soweit nach Süden, wie der Kollege Wilfried Meyer, bis an den Bodensee, muss man gar nicht gucken, wenn man eine teure Eliteschule sucht, die oft als LEH auch Schwesterschule Salems genannt wird: Louisenlund, ein malerisches Schloss als Zentrum der Schulgebäude mit Internat an der Schlei zwischen Schleswig und Eckernförde gelegen. Einigen Äußerungen nach ist diese die "Kaderschmiede der Freien Hansestadt Hamburg"... oder wie der aktuelle Leiter, Dr. R. stolz auf YouTube verkündet: „vielleicht die schönste Schule Deuschlands". Dort war ich fast sechs Jahre Schüler, nur unter Jungen. Die Koedukation wurde erst in den 70ern eingeführt. (Vorfälle wie in der Odenwaldschule habe ich jedoch nicht erlebt und sind mir auch nicht zu Ohren gekommen, wofür ich noch heute dankbar bin.)

Was soll ich zu einer Jugend dort in den 60ern schreiben? Dass die vielfältigen Sportangebote toll waren und ich begeistert in zahlreichen Schulmannschaften mitmachte? Dass es andererseits viele Verbote gab, ob es Zigaretten, Alkohol, Radiohören oder andere Genüsse betraf? Dass man eine Schuluniform (Schulpullover) zu tragen hatte und sich mit seiner Freundin nur heimlich im Wald treffen konnte?  Der Kontakt zum anderen Geschlecht, zumal aus den umliegenden Dörfern, wurde nur sehr ungern gesehen. Die der Internats-Klientel angemessenen Treffen mit Mädchen gab es in einer Kieler Tanzstunde, zu der wir unter Aufsicht im Bus gekarrt wurden. Natürlich wurde da auch ordentlich in kleinen Klassen gelernt und das Abitur wurde von externen Prüfern abgenommen...

Vieles hat sich dort geändert im Laufe der Jahre, ist internationaler, digitaler etc. geworden, nur eines nicht:

Es bleibt eine höchst elitäre Veranstaltung für den Nachwuchs der wirtschaftlichen Eliten, garniert mit einigen Exemplaren aus dem (Hoch-) Adel, Diplomaten- Sprösslingen und einigen Stipendiaten wie mir, der immer auch ein Minderwertigkeitsgefühl hatte, obwohl ich doch dem Bildungs-Bürgertum entstamme... Das ging bei der Kleidung los, über die PKWs der Eltern und den Urlauben, die ich im Zelt, die meisten anderen in angesagten Hotels verbrachten.

Die Schüler- und Studentenbewegung der 68er Jahre hat mir damals zum Glück die Augen geöffnet und „Arbeit und Leben" hat mir zu einer Perspektive im Bildungsbereich verholfen. Ich habe mich dann konsequent dafür entschieden, in einer Schule für alle, der GSW, zu arbeiten und das für über 36 Jahre.

Das war sicher die passende Antwort auf sechs Jahre "Elitenbildung".