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Schwerpunkt

„Schulführungen“ unter staatlicher Aufsicht

Privatschulen sind nicht immer in guter Verfassung –das Grundgesetz gibt klare Grenzen vor

Foto: Lena Kunz

„Herr Staets, schade, dass Sie schon da sind!“ So begrüßte mich ein Mitglied der „Schulführung“ einer Bremer Waldorfschule, wandte sich zum versammelten Kollegium um und rief entrüstet „Wer hat ihn denn hier eingeladen?“ Danach konnte ich dann aber doch einer neugierigen Pädagogischen Konferenz über die GEW und über die Möglichkeiten und Chancen einer Betriebsratsgründung berichten. Denn ja, die GEW nimmt selbstverständlich auch Kolleg*innen von privaten Schulen auf und vertritt ihre Interessen. Dazu gehören in Bremen etwa Haustarifverhandlungen an mehreren Schulen, die Hilfe bei der Gründung von Betriebsräten und Betriebsgruppen sowie deren Betreuung benötigen. Gegenüber dem Management der International School Bremen (ISB) vertraten wir die Forderungen der Kolleg*innen etwa zur Lage der Arbeitszeiten oder nach Gehaltserhöhungen. Und leider brauchen nicht nur Kolleg*innen an dieser einen Privatschule oft auch die Hilfe unseres gewerkschaftlichen Rechtsschutzes, um sich beispielsweise gegen eine Kündigung zu wehren. Privatschulen müssen sich unter anderem an das normale Arbeits- und Betriebsverfassungsrecht halten (es sei denn, für sie gilt kirchliches Arbeitsrecht).

Schulgenehmigung in Gefahr

Das Grundgesetz macht in Art. 7 Abs. 4 wichtige Auflagen für die Genehmigung und den Betrieb aller privaten Ersatzschulen. Diese dürfen erstens „in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen“. Zweitens darf keine „Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern“ gefördert werden. Das heißt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass die Aufnahme von Schüler*innen nicht an fehlenden finanziellen Mitteln scheitern darf. Dazu reichen wenige Freiplätze oder Stipendien nicht. Ist das Schulgeld für Ärmere nicht erschwinglich, muss der Staat der Schule die Genehmigung entziehen. Das gilt drittens auch, „wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.“ Auch die Kolleginnen und Kollegen an Privatschulen müssen also mit ihrem Lohn ein ihrer beruflichen Stellung entsprechendes Leben führen können. Für private Grundschulen gilt die zusätzliche Voraussetzung (Abs. 5), dass die Behörde ein besonders pädagogisches Interesse an der Schule sieht oder dass eine entsprechende Schule mit dem gewünschten Bekenntnis oder der Weltanschauung in der Gemeinde nicht besteht.

Damit haben die Mütter und Väter des Grundgesetzes einerseits eine Privatschullandschaft ermöglicht, die auch weltanschauliche und pädagogische Alternativen zu den öffentlichen Schulen bietet. Andererseits gaben sie den Ländern alle Instrumente an die Hand, Eliteschmieden, Schmalspurschulen und die Ausbeutung von Lehrkräften zu verhindern. Trotzdem sehen wir in Bremen an genehmigten Ersatzschulen Schulgelder von mehr als 1.000 Euro im Monat, hören Gerüchte von gekauften Noten und wissen von teilweise niedrigen Löhnen. Hier ist die staatliche Aufsicht gefragt. Ein von der GEW-nahen Max-Traeger-Stiftung schon 2013 in Auftrag gegebenes Gutachten des Schulrechtsexperten Professor Dr. jur. Hermann Avenarius sei ihr ans Herz gelegt.

Interessenvertretung und Professionalisierung

Wahr bleibt aber auch: Es rettet uns kein höheres Wesen. Hinter manchen Privatschulen und ihren Praktiken stehen starke, auch wirtschaftliche, Interessen. Deshalb muss die Gewerkschaft Missstände anprangern – damit die öffentlichen Schulen nicht perspektivisch zu Restschulen verkommen. Und Verbesserungen der Arbeitsbedingungen gibt es im Normalfall nur, wenn die Beschäftigten sich selbst dafür einsetzen – am besten in der Gewerkschaft und mit Betriebsrat. Der kann gerade auch da zu einer Professionalisierung und Rollenklärung beitragen, wo eine „kollegiale Selbstverwaltung“ durch eine immer stärkere „Schulführung“ herausgefordert und ausgehöhlt wird.