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Schulen und Kitas

Keine Haushaltssperre ist nicht genug! GEW-Bremen: Nachtragshaushalt „Kinder und Bildung“ ist notwendig!

Flüchtlinge brauchen unmittelbar Zugang zu Bildung. Das Menschenrecht auf Bildung gilt für alle Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen ungeachtet ihres Aufenthaltsstatus. „Bildung ist die Grundlage für Integration und Lebensperspektive. Um dies zu realisieren, bedarf es deutlich mehr Mittel für das Ressort Kinder und Bildung“, betont Christian Gloede, Landesvorstandssprecher der GEW. Bereits jetzt wüsste Bildungssenatorin Bogedan nicht, wie sie noch innerhalb des Ressorts Stellen zum nächsten Jahr erwirtschaften solle. Dabei seien die Zahlen beschlossen worden, weit bevor die Zahlen der Zuwanderung nach oben korrigiert wurden. Allein die Zahl der für Vorkurse zur Sprachförderung eingeplanten Lehrkräfte (75 Stellen) müsste mehr als verdoppelt werden.

Bremen – „Aber nicht die zusätzlichen Flüchtlinge stellen das Hauptproblem im Bildungsbereich dar, sondern die chronische Unterfinanzierung. Allein um bei den Ausgaben pro Schüler*in das Niveau von Hamburg und Berlin zu erreichen, fehlen den Schulen im Lande Bremen ca. 89 Mio. €. Demgegenüber nehmen sich die zur Verfügung gestellten 1,7 Mio. € für alle Schulen doch sehr bescheiden aus.“ Weitere 120 Stellen erst zum Schuljahr 2016/17 kämen viel zu spät. „Bis dahin sind viele Schüler*innen und Kolleg*innen auf der Strecke geblieben“, befürchtet Gloede. Gefährdungsanzeigen würden vorbereitet, um „den Dienstherrn“ auf seine Fürsorgepflicht hinzuweisen und für Abhilfe in den Spitzen der Überlastung zu sorgen.

Die GEW begrüße grundsätzlich die Entscheidung des Senats, 300 zusätzliche Stellen zur Integration von Flüchtlingen zu schaffen und einen Nachtragshaushalt zur Finanzierung vorzulegen. Doch diese Stellen seien überwiegend im administrativen Bereich angesiedelt, keine Stelle sei vorgesehen für die Unterstützung im Bereich Kinder und Bildung. Dass die bereits bewilligten Stellen im Bildungsbereich nicht der Haushaltssperre unterworfen würden, reiche bei weitem nicht aus.

Viele der neu nach Bremen und Bremerhaven kommenden Menschen würde hier bleiben, so die GEW. Dies erfordere neben einem Wohnungsbauprojekt auch eine neue, den zu erwartenden Bedarfen entsprechende mittelfristige Lehrer*innenbedarfs- und Schulraumplanung. „Hier könnten einige der Fehler der Vergangenheit, z.B. die Schließung von Schulen, korrigiert werden.“ Es müsse berücksichtigt werden, dass Kinder und Jugendliche aus den Vor- und Sprachförderklassen danach ins Regelsystem Schule wechselten.

Die Nutzung von Sporthallen, insbesondere von Schulsporthallen zur Unterbringung von Flüchtlingen beurteilt die GEW eher kritisch. Zum einen würde das integrative Engagement vieler Vereine konterkariert durch das Sperren der Hallen für den gemeinsamen Sport, zum anderen gibt es für alle Kinder und Jugendlichen im Schulalter eine hohe Notwendigkeit des Sportunterrichtes. Dieser könne nicht einfach gestrichen werden. „Politik ist hier eher gefordert, sich auch dem privaten und spekulativen Wohnungsmarkt zuzuwenden. Es gibt auch in Bremen einigen Leerstand. Alle Möglichkeiten einer Nutzung im Interesse des Allgemeinwohls müssen hier geprüft und realisiert werden, bevor Kindern, die ihn dringend nötig haben, der Sportunterricht gestrichen wird!“

Die GEW fordert einen drastischen Nachtragshaushalt für das Ressort Kinder und Bildung. „Wir brauchen ein Personalkonzept, das nicht nur den Umfang der notwendigen Stellen beschreibt, sondern auch die nötigen Qualifikationen und wo und wie diese zukünftigen Kolleg*innen gewonnen werden sollen. Es müssen z.B. Fortbildungen konzipiert werden, die zum Unterrichten in „Deutsch als Zweitsprache“ (DAZ) in möglichst kurzer Zeit befähigen.“

„Die Versetzung aktiver DAZ-Lehrkräfte darf an deren aktueller Stelle keine Lücken reißen. An fast allen Schulen ist der Einsatz von ausgebildeten DAZ-Lehrkräften mittlerweile notwendig.“ Die Einbeziehung von aus Altersgründen ausgeschiedenen Lehrkräften ersetze kein Personalkonzept, so der GEW-Sprecher. Studierenden könnte im Rahmen von Praktika, quasi „als zweiter Kraft“ ein gewisser Praxiseinblick verschafft werden.

Die GEW weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass ein systematisches übergreifendes Sprachförderkonzept entwickelt werden müsse, das im Prinzip von der Kita bis zur Hochschule reiche.

Denkbar sei im Rahmen der Sprachförderung auch eine enge Kooperation z.B. mit der VHS und den dort ausgebildeten Lehrkräften der Integrationskurse. Diesen oft prekär Beschäftigten könne ggf. über die Bildungsbehörde ein ordentliches Vertragsangebot zur Unterrichtung unterbreitet werden. Allerdings sei auch hier eine deutliche Aufstockung der Finanzmittel zur Ausbildung von Integrationskursleiter*innen dringend notwendig. Die GEW hatte bereits vor einiger Zeit hier eine bundesweite Kampagne eingefordert.

Längst überfällig sei nach Auffassung der GEW auch die Entscheidung, deutlich mehr Referendar*innen auszubilden und mit einer Übernahmegarantie an Bremen zu binden. „Gerade im Bereich Sonderpädagogik und DAZ gibt es einen riesigen Bedarf. Der kann mittelfristig nur mit einer deutlichen Erhöhung der Ausbildungskapazität gedeckt werden“, so Gloede weiter.

Sozialpädagogische wie psychotherapeutische Fachkräfte müssten den Pädagog*innen in Kitas und Schulen beratend, aber auch zu Supervisionszwecken zur Verfügung stehen. Die psychische Belastung, der die Kolleg*innen durch die Konfrontation mit z.T. schwer traumatisierten Kindern und ihren Familien ausgesetzt sind, sei nicht zu unterschätzen. Zusätzliche Beratungs- und Kooperationszeiten für alle Beteiligten seien daher unvermeidlich, so Gloede.

Die GEW sei bereit, an einem entsprechenden Personalkonzept mitzuarbeiten – ausgeschlossen sei aber ein Konzept, das zum Ziel habe, ohne deutlich mehr Mittel weitere Aufgaben zu bewältigen.

„Nicht zuletzt kommt Lehrkräften und sozialpädagogischem Fachpersonal in Kitas und Schulen eine herausragende Aufgabe bei der Vermittlung einer demokratisch-humanistischen solidarischen Grundhaltung zu.“ Den zunehmenden rechtspopulistischen und rassistischen Übergriffen einerseits und dem gegeneinander Ausspielen benachteiligter Gruppen in Deutschland andererseits müssten Bildungseinrichtungen etwas entgegensetzen. „Kitas und Schulen bieten Flüchtlingen nicht nur Bildung, sondern auch in hohem Maße Schutz“, so Gloede.

Für Nachfragen steht zur Verfügung:
Christian Gloede