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Kommentar

Schulaufsicht – kann das weg?

Was ich schon immer mal sagen wollte – Eine Kolumne von

Frei nach Woody Allens „Was Sie schon immer über Sex wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten“ möchte ich in dieser Kolumne mal frei von der Leber weg meine Meinung zu einigen Themen der bremischen Bildungslandschaft loswerden. Das tue ich bewusst nicht in meiner Funktion als Personalrätin, sondern aus dem Blickwinkel einer Lehrerin, die nach zehn Jahren in der Schule inzwischen auch zehn Jahre Gelegenheit hatte, einen Blick „hinter die Kulissen“ zu werfen.

Eins noch vorweg: Ich habe nicht vor, persönlich zu werden. Das brauche ich auch gar nicht, da es sich bei den Dingen, die ich ansprechen möchte, um systemische Probleme der bremischen Bildungspolitik bzw. der Bildungsverwaltung handelt. Die Protagonisten sind vielfach austauschbar. Ähnlichkeiten sind rein zufällig – aber wer sich angesprochen fühlt, sei dennoch herzlich eingeladen. Und: Ausnahmen bestätigen die Regel. Denn natürlich gibt es auch positive Beispiele – die sind aber nach meiner Wahrnehmung deutlich in der Minderheit.

Was erlauben Strunz, äh - Schulaufsicht?!

Ich bin inzwischen seit 20 Jahren im bremischen Schuldienst und habe mich schon vor meiner Zeit im Personalrat gefragt, was eigentlich die Rolle der Schulaufsicht ist. An meiner Schule haben wir im Rahmen fortdauernder Auseinandersetzung irgendwann einmal die Schulaufsicht um Hilfe gebeten – ihr könnt euch vielleicht denken, wie das ausging…

Es gipfelte in der Aussage des damals zuständigen Aufsichtsbeamten „Man müsse auch einfach mal tun, was einem gesagt werde.“ Vielen Dank!

Bei einer anderen Gelegenheit, als ich nämlich selbst zum Dienstgespräch geladen wurde und gerügt werden sollte – zu Unrecht, wie sich herausstellte – habe ich besagten Beamten dann ganz direkt gefragt, ob die Schulaufsicht nicht auch dafür zuständig sei, bei Konflikten zwischen Leitung und Kollegium beide Seiten zu betrachten und zu vermitteln. Nein, sagte dieser, das sei nicht seine Aufgabe. Da hatte ich mich offensichtlich getäuscht.

Keine Hilfe zu erwarten

Das ist vermutlich eine Erfahrung, die viele von euch ebenfalls gemacht haben. Von der Schulaufsicht ist keine oder nur selten Hilfe zu erwarten. In der Regel unterstützt sie bei Problemen die Schulleitung. Mir wollte das nicht einleuchten, sagt doch schon der Begriff „Schulaufsicht“ eigentlich etwas Anderes aus. Als ich dann in den Personalrat kam und so allmählich verstand, wie Schulaufsicht und Schulleitungen beamtenrechtlich zusammenhängen und deren Zusammenspiel bei vielen Gelegenheiten beobachten konnte, wurde mir so einiges klar.

Von oben herabbefördert

Die eine Sache, die mir auffiel, war, dass die Position „Schulaufsicht“ für manche ein Sprungbrett ist zu einer Stelle als Schulleiter:in. Die Schulaufsichten sind zwar Dienstvorgesetzte der Schulleiter:innen, haben aber entweder die gleiche Besoldungsstufe wie diese, nämlich A15, oder liegen bei größeren Schulen, deren Leiter:innen A16 bekommen, sogar darunter. Man kann sich also in eine höhere Gehaltsstufe herabbefördern lassen. Ein sehr eigenartiges Konstrukt, dass die Frage aufwirft, ob es einen Einfluss auf das Verhalten von Schulaufsichten gegenüber den Schulleitungen hat, wenn man die Absicht hegt, selbst auch Schulleiter:in zu werden.

Küsschen links, Küsschen rechts

Das zweite, das mir auffiel, ist vermutlich etwas Typisches für unser kleines Bremen: Man kennt sich. Begleitete ich als Personalrätin Kolleg:innen zu einem Dienstgespräch oder zu anderen Terminen, bei denen es um Vorwürfe von dienstlichen Verfehlungen oder um innerschulische Konflikte ging, konnte ich oft beobachten, dass die Schulaufsicht und die Schulleitungen per du waren und sich offensichtlich gut kannten. Nicht selten gab´s zur Begrüßung unter Frauen auch ein oder zwei Küsschen auf die Wange – vor Corona natürlich!

So gut wie nie wurde das Gefühl vermittelt, die Schulaufsicht höre sich das Problem unvoreingenommen erst einmal von beiden Seiten an. Fast durchweg stützte die Schulaufsicht von vornherein die Haltung der Schulleitung.

Rückständiges Führungsverständnis

Auch bei Bewährungen von Schulleitungen am Ende der zweijährigen Probezeit halten die Schulaufsichten es bisher offenbar nicht für notwendig, sich ein belastbares Bild von der Wahrnehmung der Beschäftigten an den Schulen zu machen. Bei Schwierigkeiten und Konflikte werden diese systematisch den Kolleg:innen in die Schuhe geschoben. Immer wieder haben wir im Personalrat die Begründung gehört, die Schulleitung werde abgelehnt, weil sie notwendige, unbequeme Reformen anstoße. Dieses alberne Argument zeugt von einem rückständigen Führungsverständnis. Zu guter Menschenführung gehört es auch, Überzeugungsarbeit zu leisten und möglichst viele mitzunehmen. Wenn man das nicht kann, ist man für eine Leitungsposition ungeeignet.

Schulaufsicht – kann das weg?

Wir wollten im Personalrat irgendwann genauer wissen, was die Schulaufsicht macht und haben 2019 offiziell nach einer Aufgabenbeschreibung gefragt. Die erstaunliche Antwort lautete, es gäbe keine. Man wollte uns aber einen Geschäftsverteilungsplan zukommen lassen – darauf warten wir bis heute. Es bleibt also das Geheimnis der Behörde, wozu die Schulaufsicht gut ist.

Und wo ich grade dabei bin: Wofür brauchen wir eigentlich das neugegründete Schulamt, dessen Leitung, noch über der Schulaufsicht, immerhin eine B-Besoldung bekommt? Ich weiß es jedenfalls nicht und mir stellt sich die Frage: Kann das nicht weg?

Ihrem Namen gerecht werden

Ich würde mir ein neues Selbstverständnis von Schulaufsicht wünschen, bei dem partnerschaftlich mit allen in den Schulen kommuniziert wird. Das muss von der Behördenleitung initiiert werden. Sie ist es nämlich, die die Verantwortung für das System und die Haltung der Schulaufsichten trägt. Die einzelnen Protagonisten tun im Wesentlichen, was von ihnen erwartet wird. Und wie gesagt, einige wenige, die ich aber locker an einer Hand abzählen kann, machen aus meiner Sicht ihre Sache, soweit es das System zulässt, wirklich gut.