Kinderarbeit
Raus aus Kinderarbeit – in die Schule!
Projektentwicklung in Zimbabwe
Während wir hierzulande für die Etablierung eines verbindlichen Lieferketten-Gesetzes streiten, das soziale Standards, gute Bezahlung von Lohnarbeit und Ächtung von Kinderarbeit entlang der gesamten Lieferkette unserer Konsumgüter garantieren soll, kämpfen unsere Kolleg*innen der afrikanischen Bildungsgewerkschaften vor Ort für gute Bildung statt Kinderarbeit.
Ihre mit Geldern der GEW-Stiftung fair childhood mitfinanzierten Projekte werden in der Regel einmal im Jahr von einem Vorstandsmitglied der Stiftung und einem Mitarbeiter der Bildungsinternationale (BI) besucht.
Projektentwicklung in Zimbabwe
Im März 2019 machte der Zyklon IDAI ein Vordringen bis zu der Projektregion im Chipinge-Distrikt an der Grenze Zimbabwes zu Mozambique unmöglich. In diesem Jahr konnte ein Monitoring-Besuch noch gerade rechtzeitig vor dem Corona-Shutdown erfolgen. So bekamen unsere Vertreter Einblick in die Weiterentwicklung des Projekts und führten Gespräche und Interviews mit den Lehrkräften und Schüler*innen dort.
Die Stiftung fair childhood unterstützt seit 2019 die Fortführung des Projekts „Out of Work Into School“, in dem die beiden Gewerkschaften der Lehrkräfte Zimbabwes* PTUZ und ZIMTA bereits seit 2015 arbeiten.
Die Zahl der beteiligten Schulen wuchs seitdem von 11 auf 24. Mit der Erweiterung um 13 Schulen konnten die Entwicklung des sozialen Dialogs mit den Bezirksbehörden von Chipinge und die seit 2017 begonnene Arbeit konsolidiert werden. Erst aus 7 der 24 Schulen liegen genaue Daten zum letzten Jahr vor: 68 Jungen und 54 Mädchen kamen aus Kinderarbeit in die Schule. In den ersten elf Projektschulen sind die meisten Kinder bereits integriert und die Zuwächse geringer. Hier richten Lehrkräfte jetzt ihr Augenmerk auf Kinder, die z.B. wegen Beeinträchtigungen nicht im System sind.
Besonderheiten des Projekts
Vor 2013 galt in dieser Tee produzierenden Region über Jahrzehnte das so genannte Earn&Lern-System. Große Teeunternehmen wie Tanganda ließen Kinder in den Teeplantagen für sich arbeiten und erlaubten ihnen dann, zeitweise am Unterricht in firmeneigenen Schulen teilzunehmen. An dieses System gewöhnt, war es tabu, Kinderarbeit anzuprangern. Als Earn&Lern 2013 durch öffentlichen Druck verboten wurde, geschah nichts, um die privaten Schulen zu ersetzen und den Kindern der Region einen Schulbesuch zu ermöglichen. Das führte zu Ressentiments und Unverständnis bei der Bevölkerung und behinderte die Sensibilisierungsarbeit für Bildung statt Kinderarbeit, die Lehrkräfte-Gewerkschaften begonnen hatten. PTUZ begann in fünf Schulen Chipinges damit, Diskussionsrunden und Lehrgänge für Schulkinder und Lehrer*innen durchzuführen. „Diese Sitzungen sind enorm wichtig, um die Earn&Lern-Mentalität der Kinder zu ändern... Diese Art des Denkens verschwindet nicht von heute auf morgen.“, erklärte uns Sekundarschullehrer Joseph Machuwaire. Sein Kollege David Beta, inzwischen Schulleiter, berichtete: „Nach dieser Sensibilisierung reden die Kinder mit ihren Eltern über das Gelernte. So entwickelt sich eine Bildungsdebatte in den Gemeinschaften dieser Schulen.“
In allen 24 Schulen bestehen aktive Kinderrechte-Clubs der Schüler*innen. Ihre künstlerische Arbeit macht die Schulen attraktiv und bei ihren Auftritten auf Märkten und in Gemeindeveranstaltungen lenkt sie die Aufmerksamkeit auf das Thema Kinderarbeit – ein entscheidender Beitrag, die Haltung der Bevölkerung zu verändern.
Aktuell entwickeln die Schulen mit unseren Unterstützungsgeldern Programme, die Einnahmen generieren. Damit finanzieren sie die Schulgebühren für bedürftige Kinder und Schulmahlzeiten. Ein Gemüsegarten an der Mafumise-Grundschule ermöglicht ein Mittagessen für die Schulkinder und lockt so Kinder zurück in die Schule, die wegen des Hungers zu Hause geblieben waren.
Bei den Projektaktivitäten und in der Lehrkräftefortbildung finden PTUZ und ZIMTA Unterstützung durch das staatliche Kinderschutzkomitee des Distrikts und seine Vertreter*innen in den Schulen. 43 Mitglieder des Ausschusses für Schulentwicklung wurden im letzten Jahr neu in Fragen der Kinderarbeit geschult.
Nach und nach treten auch die Vereinigung der Teeproduzenten und Unternehmen wie Tanganda und Ariston Holdings öffentlich für den Kampf gegen Kinderarbeit ein.
*ZIMTA (Zimbabwean Teachers‘ Association) und PTUZ (Progressive Teachers‘ Union of Zimbabwe) sind die größten und anerkannten Lehrkräfteorganisationen in Zimbabwe und schließen sich in den letzten Jahren häufiger in Arbeitskämpfen zusammen.
Fotos: Dorit Moenig und Sam Grumiau
Dorit Moenig: Lehrer und ehemalige Kinderarbeitern an der Rattleshoek Sekundarschule im Interview