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Schwerpunkt

Raus aus der Komfortzone!

Yelda Cedidi ist Berufsschullehrin in Kattenturm

Yelda Cedidi ist Berufsschullehrin in Kattenturm/Bremen
Yelda Cedidi | Foto: Susanne Carstensen

Bei dem Titel musste ich spontan an einen Beitrag über Freiheit und Grundrechte denken. Eines blieb mir dabei besonders im Gedächtnis. Darin wurde gesagt, dass Freiheit und Grundrechte keine Privilegien sind, die man sich verdient hat oder einem zustehen. Sie wurden uns auch nicht geschenkt, sondern hinterlassen. Ein besonderes Erbe, das wir den Menschen zu verdanken haben, die an die Freiheit geglaubt und gekämpft haben. Er besagte auch: „dass es ein Erbe ist, das gehegt, gepflegt und verteidigt werden muss.“ Übertragen auf die Gewerkschaft, ist sie auch nichts anderes als ein Erbe. Geerbt von den vielen Beschäftigten, die für mehr soziale Gerechtigkeit und Teilhabe gekämpft haben. Es sind die Früchte derer, die wir bis heute ernten. Bessere Arbeitsbedingungen, die wir als selbstverständlich erachten, waren uns damals so nicht gegeben. Aus diesem Grund ist die GEW für mich eine wichtige Konstante im Zusammenspiel zwischen Beschäftigten, Arbeitgeber und Politik, die nicht mehr wegzudenken ist. Wenn wir für mehr Teilhabe und soziale Gerechtigkeit auf die Straße gehen, zuletzt im November, dann war und ist es nie der Kampf eines Einzelnen, sondern die Interaktion von vielen Einzelnen zu einem geballten Ganzen, nämlich die GEW.

„Satt geht nicht auf die Straße“

Inzwischen haben sich bis heute sieben Gewerkschaften unter dem Dach des DGB versammelt. Trotzdem frage ich mich, warum die Zahl der Mitglieder rückläufig ist. Ich vermute, dass wir, wie in anderen Bereichen auch, einen Generationenwandel haben. Es scheint, dass wir zwar immer noch den Anspruch haben, aber es fehlt oft an Engagement. Ich vermute auch, dass ein Großteil der Beschäftigten bequem geworden ist, resultierend aus dem großen Erbe, denn „satt geht nicht auf die Straße“. Vermutlich denken viele, die GEW ist eine wichtige Sache! Sie begrüßen es, dass andere monatlich Beiträge zahlen und beim Streik auf die Straße gehen, aber sie sehen sich selbst nicht in diesem Gebilde. Vielleicht ist das Gefühl vorherrschend, die „anderen“ machen das schon und es macht keinen Unterschied, ob man sich genauso beteiligt.

Solidarität erforderlich

Ich sage jedoch, es macht einen Unterschied. Denn am Ende profitieren alle, unabhängig davon wer gestreikt hat oder Beitragszahler ist. Es erfordert deshalb auch mehr Solidarität. Ich bin der Auffassung, dass soziale Gerechtigkeit kein Gnadenerlass und auch keine Großzügigkeit ist, sondern eine Wertschätzung. Die Anerkennung unserer Arbeit und somit unseren Beitrag für die Gesellschaft.  Denn ohne soziale Gerechtigkeit wäre das Arbeiten irgendwann nur eine frustrierende Tätigkeit und würde ein emotional ungesundes Arbeitsklima schaffen. Die Legitimation und Erfolg der Gewerkschaften und ihre damit verbundene Ideologie von der sozialen Gerechtigkeit und Teilhabe setzt die Beteiligung jedes einzelnen und die daraus resultierende Handlung voraus. Sonst sind es nur Wortgebilde, die wie Seifenblasen verpuffen. Deshalb mein Appell an alle: Raus aus der Komfortzone!