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Prekäre Beschäftigungsbedingungen an der Musikschule Bremen

Wir Honorarkräfte der Musikschule Bremen fordern eine deutliche Honorarerhöhung bzw. auf Wunsch eine Eingruppierung in den öffentlichen Dienst. Seit einer kleinen Honorarerhöhung bei der Umstellung auf den Euro im Jahr 2002 sind die Honorare gleich geblieben und haben keine Tariferhöhung des öffentlichen Dienstes mitvollzogen oder die Inflation berücksichtigt.

Seit 2002 beträgt das Honorar für 45 min Einzelunterricht 20€. Bei einer durchschnittlichen jährlichen Inflation von 1,6% müsste es 2016 rund 25€ betragen. Die Unterrichtsgebühren sind in derselben Zeit um etwa 10% gestiegen. Das hat zur Folge, dass wir immer mehr arbeiten müssen, um die gleiche Kaufkraft zu behalten. Die Arbeit wird verdichtet, die Motivation, sich um den einzelnen Schüler zu kümmern, wird erschwert.
Die Teilnahme an Schülerkonzerten,“ Jugend Musiziert“, Fachbereichsprojekten, Konferenzen ist wichtig, aber zeitlich kaum möglich.
Die Arbeit und Außendarstellung der ganzen Musikschule leidet.
Eigene künstlerische Projekte und Weiterentwicklung kommen zu kurz, können nicht mehr auf den Unterricht ausstrahlen, Schüler wollen ihren Lehrer auch mal auf der Bühne erleben. Der Beruf des Musikers oder Musiklehrers kann nicht mehr vorbildlich dargestellt werden, die Nachwuchsgewinnung ist gefährdet. Welcher junge Mensch will unter solchen Bedingungen noch Musiker werden?

Was bedeutet die „Bremer Erklärung  für faire Beschäftigungsbedingungen“ für uns?

 „Punkt 4: Allgemein faire Arbeitsbedingungen als Zeichen von Wertschätzung der Arbeit sind für die im Bereich des bremischen öffentlichen Dienstes eingesetzten Beschäftigten unabhängig von ihrer konkreten Dienststelle notwendig. Faire Arbeitsbedingungen sollen für die Beschäftigten ein "Auskommen mit dem Einkommen", soziale Absicherung und Zukunftsperspektiven im Beruf und Alter sicherstellen.“

Aber wie ist es bei uns Honorarkräften an der Musikschule?

Im Krankheitsfall bekommen wir kein Geld, die Altersvorsorge wird die Grundsicherung nicht übersteigen (Harz IV). Die Kaufkraft sinkt ständig (siehe oben). Gegenüber Festangestellten müssten wir also einen erheblichen Risikozuschlag erhalten, um uns sozial absichern zu können. Auch bei Bankgeschäften (kein kostenloses Girokonto, keine Kredite usw.) und Versicherungen müssen wir mehr Geld aufwenden. Bei der Wohnungssuche merken wir, dass der Abschluss eines Mietvertrages für einen Freiberufler mit niedrigem Einkommen ebenfalls schwierig ist. Für die gleiche Arbeit muss es den gleichen Lohn geben. Wir leisten die gleiche Arbeit wie die Festangestellten, machen jahrelang und termingebunden unseren Unterricht, übernehmen teilweise noch Organisationsaufgaben und fangen keineswegs nur die Spitzen des Arbeitsaufkommens ab. Da wir unser Honorar auch nicht verhandeln können, fragt es sich, ob wir nicht scheinselbständig sind.

„Punkt 5: Wertschätzung und faire Arbeitsbedingungen sind ein wichtiger Aspekt für die Motivation der Beschäftigten für gute Arbeit und die notwendige qualifizierte Nachwuchsgewinnung. Nur so kann auf Dauer gute Arbeit für die Bürgerinnen und Bürger - auch unter schwierigen Bedingungen - ermöglicht werden.“
(Das ist für die Honorarkräfte auf derzeitiger Basis nicht möglich (s. o. Auswirkungen).)

„Im Bereich des bremischen öffentlichen Dienstes solle es im Arbeitnehmerbereich grundsätzlich für
alle Beschäftigten sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse geben,
- die geringfügige Beschäftigung nur im Ausnahmefall vorsehen,
- die auf Wunsch der/ des Beschäftigten in der Regel eine Vollzeitbeschäftigung ermöglichen, …“
An der Musikschule gibt es etwa 100 Honorarkräfte und 50 Festangestellte von denen nur 2 eine volle Stelle haben. Es ist also grundsätzlich umgekehrt wie gefordert. In Niedersachsen wurden alle Honorarkräfte, die an öffentlichen Schulen arbeiten, tariflich eingruppiert.
Es ist also möglich.

 

Christian Janssen, Mitglied der Arbeitsgruppe Honorarlehrkräfte an der Musikschule Bremen