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Schwerpunkt

Nicht ohne wertschätzende Rahmenbedingungen

Ganztagsschulen: Die Forderungen des Personalrats Schulen Bremerhaven

Der Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung ist zumindest für die Grundschule ab 2026 beschlossene Sache. Das ist erfreulich. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird damit leichter. Der Umfang der Betreuung erstreckt sich auf alle Werktage mit je acht Stunden und er wird auch für die Ferien gelten. Es versteht sich von selbst, dass grundlegende Änderungen der Arbeitsverhältnisse an den Grundschulen und Herausforderungen auf die Kollegien zukommen werden, die von uns personalrätlich früh und genau in den Blick genommen werden müssen. Daraus werden Forderungen abzuleiten sein.

Furcht vor schlimmen Szenarien

Allerorten wird ein Fachkräftemangel beklagt. Das ist die Ganztagsbetreuung bereits prognostiziert und es bedarf keiner anstößigen Phantasie, wenn wir den unschönen Wettbewerb zwischen den Bundesländern und Kommunen innerhalb eines Bundeslandes auf uns zukommen sehen. Im Hinblick auf unsere Erfahrungen und die Weitsichtigkeit von behördlichen Entscheidungen müssen wir für die Zukunft schlimme Szenarien befürchten. Gut beraten wären die Träger, wenn sie sofort für gute, nein beste Arbeitsbedingungen sorgen wollen. Nur so kann man Fachkräfte gewinnen und behalten. Gute Arbeitsbedingungen können am ehesten Vollzeitjobs bieten. Wer im Ganztag arbeitet, muss davon leben können. Die Verwirklichung dieses Anspruches scheint schon jetzt fragwürdig. Teilzeitkräfte leisten doch tatsächlich mehr Arbeiten als ihrem Stundenanteil am Vollzeitjob entspräche. Wurden Zeiten für die Vor- und Nachbereitung, für Kooperation und Koordination aller Beschäftigten vollständig erfasst? Hier ist künftig mehr Zeit einzuplanen. Teilzeit darf nicht zur Notlösung von Beschäftigten werden, die vor nicht zu bewältigenden Aufgaben stehen.

Räume und Arbeitsplätze nötig

Arbeit im Ganztag ist also Arbeit am ganzen Tag, die nur mit angemessenen Pausen und Ruheräumen zumutbar ist. Das erfordert Raumkonzepte, die von Beginn an entwickelt worden sein müssen. Auch für die Kooperation zwischen den multiprofessionellen Teams werden Räume und Arbeitsplätze einzurichten sein. Zudem wird Platz für Medienarbeit, Bewegungs- und Begegnungsbereiche, für AGs und freie Lernzeiten benötigt. Wenn unser Arbeitgeber einen guten Ganztag ermöglichen will, muss er für die Teams angemessene und wertschätzende Rahmenbedingungen zur Verfügung stellen. Diese sind ohne eine großzügige Zeitressource nicht vorstellbar. Auch ausreichend qualifiziertes Personal und berufsbegleitende Qualifizierungsmaßnahmen sind wichtig.  Leitungskräfte brauchen zur Ganztagsorganisation mehr Leitungszeit. Zusätzliche Funktionsstellen müssen für unterrichtendes und nicht unterrichtendes Personal eingerichtet werden.

Unsere Vision

All das ist von den Verantwortlichen bei den längst angelaufenen Planungsarbeiten durch Personal- und Raumkonzepte berücksichtigt worden, an denen die Mitbestimmung und insbesondere die Kollegien beteiligt wurden. Leider haben wir davon bislang keine Kenntnis. Wir werden uns dafür einsetzen, dass das anspruchsvolle Projekt Ganztag mit der nötigen Finanzausstattung versehen wird. Es gab da doch dieses Beispiel vom Projekt der Inklusion, das alle wollten und gesetzlich gefordert war. Bremen und Bremerhaven sind stolz darauf, in der Umsetzung allen voraus zu sein. Wir, Gewerkschaften und Personalräte, haben uns vom ersten Tag dafür eingesetzt, dass ein Gelingen von der ausreichenden Ausstattung abhängen würde. Unfroh nehmen wir die Ignoranz zur Kenntnis, mit der unser Drängen beantwortet wurde, sowie die Realitäten, die sich daraus an den Schulen ergeben haben. Wir erwarten, dass sich ein solches Desaster wie bei der Inklusion nicht wiederholt.

Und dennoch darf weiter geträumt werden: Dann sehen wir Kinder in den Mensen unserer künftigen Ganztagsschulen, die sich über ihr frisch zubereitetes Mittagessen freuen, das nicht Ausdruck knapper Kassen sein wird.

Die letzten Klicks vor dem Druck: (vlnr) Werner Pfau, Karsten Krüger und der Grafiker Kai Becker bei der Schlussredaktion (Foto Mo 8. Febraur 2021)