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Arbeitsbedingungen

Nicht nur Lehrkräfte, nicht nur in Bremen

Fachkräftemangel trifft den Bereich Bildung besonders hart

Der Lehrkräftemangel begleitet uns schon lange. Jedes Jahr stellen wir uns die Frage, ob es noch schlimmer werden kann und dann wird es schlimmer. Trotz anderslautender Aussagen der Bildungsbehörde (WK, 2. Mai) gehen wir nicht davon aus, dass es in Bremen ab 2025 mehr Grundschullehrkräfte als benötigt geben wird. Bei der Rechnung der Bildungsbehörde scheinen die Bedarfe aufgrund des Rechtsanspruches auf Ganztagsbetreuung, steigender Schüler:innenzahlen aufgrund von Migration, Abbruchquoten in der Lehramtsausbildung sowie des, von der Koalition formulierten Anspruches, „jedes Kind nach seinen Fähigkeiten zu einem guten Abschluss [zu] führen" [Anm.: Seite 9, Koalitionsvertrag Bremen 2019-2023], nicht berücksichtigt zu sein. Hinzu kommt, dass die Attraktivität des Bremer Umlandes nicht gesehen wird. Wenn Niedersachsen demnächst nach A13 besoldet, verliert Bremen diesen Standortvorteil, auch weil dort in vergleichbaren Schulen der Sek I (aber auch in der Sek II) die Unterrichtsverpflichtung geringer ist.

2030 fehlen 150.000 Lehrkräfte

Die 2021 veröffentlichte Studie des Bildungswissenschaftlers Klaus Klemm [Anm.: vgl. Süddeutsche Zeitung, 25.1.22] ermittelt einen Bedarf von mindestens 81.000 Lehrkräften für das Jahr 2030, die KMK kommt dagegen nur auf 14.000. Und in diesen 81.000 hat Klemm noch nicht die zusätzlichen Bedarfe aufgrund des Ausbaus des Ganztags, für die besondere Förderung von Schulen im sozialen Brennpunkt und den Bedarfen an zusätzlichen Sonderpädagog:innen berücksichtigt. Hierfür veranschlagt er einen weiteren Bedarf von 74.000 Lehrkräften. Somit fehlen nach seiner Prognose bald 150.000 Lehrkräfte, mehr als das zehnfache der durch die KMK erstellten Prognose.

Mangel vor allem in sozialen Brennpunkten

Mit dem Fachkräftemangel steht Bremen nicht alleine da. Die Bundesländer buhlen untereinander um die Gunst der Lehrkräfte und entwickeln dazu Werbekampagnen. Auch Fachkräfte anderer Professionen werden dabei schon gezielt in den Blick genommen. Der Mangel ist dabei sehr ungleich verteilt. Denn es trifft überwiegend Schulen in sozialen Brennpunkten, die noch eklatanter betroffen sind. Lehrkräfte werden aber nicht nur bundesweit, sondern auch europaweit und zum Teil weltweit (z.B. USA) gesucht. Eine länderübergreifende Forschungsgruppe der Mittuniversitetet in Schweden (‚What About Teacher's Shortage') beschäftigt sich mit den Ursachen. Hilfreich ist dabei der Blick auf das einzige europäische Land, in dem kein Lehrkräftemangel herrscht: Finnland. Ob das mit dem hohen Stellenwert von Bildung in Finnland, den hohen Gestaltungsfreiräumen beim Unterrichten (es gibt keine zentralen Tests) oder weiteren anderen Faktoren zusammenhängt, ist dabei nicht klar. Vielleicht werden die Erkenntnisse der Forschungsgruppe den Entscheidungsträger:innen weiterhelfen, die richtigen Weichen zu stellen.

Arbeitsbedingungen verbessern

Bis dahin muss die GEW weiter auf die unattraktiven Arbeitsbedingungen hinweisen, nicht nur für Lehrkräfte sondern auch für andere Schulbeschäftigte. In Schulen und Kitas fehlt es zusätzlich an qualifizierten Erzieher:innen und Sozialarbeiter:innen. Und außerhalb von Bildung hört der Fachkräftemangel auch nicht auf. In der öffentlichen Verwaltung können viele Stellen nicht besetzt werden. Jetzt erwägt die Bremer Behörde „einzelfallbezogen" Dienstanreize durch höhere Stufen oder Zulagen bei unbesetzten Stellen zu schaffen (WK, 29. April). Für das Bestandspersonal ein Schlag ins Gesicht.

Wie wäre es stattdessen, wenn sich die öffentlichen Arbeitgeber für bessere Arbeitsbedingungen einsetzen, in den Tarifverhandlungen mindestens an der Inflationsrate orientieren würden und Tätigkeiten aufwerten. Bei den Erzieher:innen ist letzteres schon längst überfällig.