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Workshops gegen Diskriminierung

Weltweit sind etwa 45 Millionen Menschen auf der Flucht. Im Jahr 2013 kamen etwa 1000 von ihnen nach Bremen, darunter auch viele Minderjährige. Doch welche Gründe haben Menschen, ihr Land zu verlassen und in Deutschland einen Asylantrag zu stellen? Und gibt es einen Unterschied zwischen Flucht und Migration? Diese uns andere Fragen thematisiert der Flüchtlingsrat seit etwa zwei Jahren in speziellen Workshops an Bremer Schulen. Das Ziel ist, die teilnehmenden SchülerInnen für die Besonderheit individueller Lebensverläufe insbesondere für Menschen mit Fluchterfahrung zu sensibilisieren, Diskriminierung vorzubeugen und ergänzend zum Lehrplan auf tagesaktuelle Politik einzugehen. Wenn junge Flüchtlinge in Bremen angekommen sind, haben sie in der Regel einen weiten Weg hinter sich. Denn sie kommen u.a. aus Afghanistan, Iran, Syrien oder auch aus westafrikanischen Ländern.

Ihr bisheriges Leben ist dadurch oft auf sehr unsanfte Weise unterbrochen worden; das gilt auch für ihre bisherigen Erfahrungen im Bereich Bildung und Ausbildung. Doch ihre Träume sind häufig die gleichen wie die ihrer in Bremen lebenden Altersgenossen: Sie möchten einen Schulabschluss, studieren oder eine Ausbildung machen. Doch an Bremer Schulen lernen auch viele Kinder von Geflüchteten, die keinen sicheren Aufenthaltstitel haben, obwohl sie in Deutschland geboren sind. Insgesamt sind es bundesweit etwa 40.000 Minderjährige.
„So viele“, ruft die 15jährige Fenja aus der Vahr erstaunt. „Wo und wie leben die Menschen denn hier?“ Diese Frage wird in den Klassen oft gestellt, berichtet Femi Abazi vom Flüchtlingsrat. Er selbst ist vor Jahren mit seinen Eltern nach Bremen geflüchtet und stellt sich nun Fragen der interessierten Klasse als Projektmitarbeiter. „Zu Beginn mussten wir in einem Flüchtlingsheim wohnen“, erläutert er, „bevor wir uns eine eigene Wohnung suchen durften.“
Ob er denn zur Schule gehen durfte und wovon er und seine Familie denn gelebt haben, will die Klasse wissen. Während er antwortet und die Hintergründe erläutert, bereitet sein Kollege eine Filmvorführung vor. Sie zeigen einen Dokumentarfilm über Bremer Flüchtlingsunterkünfte mit Interviews von BewohnerInnen und Hintergrundinformationen über ihre Lebenssituation. In der anschließenden Diskussion wird das Gesehene und Gehörte ausführlich diskutiert.
Die Workshops dauern zwischen zwei und sechs Unterrichtsstunden und können nach Absprache mit den Lehrkräften individuell für SchülerInnen der SEK I oder SEK II vorbereitet werden. Methodisch werden neben interaktiven auch multimediale Elemente eingesetzt. Bewusst werden dann zu Beginn der Workshops die Erwartungen der SchülerInnen abgefragt und so ihre Erfahrungen und Kenntnisse miteinbezogen. Für die Lehrkräfte stehen Handouts und Literaturlisten für eine mögliche spätere Vertiefung der Thematik im Unterricht zur Verfügung. Auf der Homepage des Flüchtlingsrats sind diese Materialien jederzeit abrufbar.
Ein weiterer positiver Effekt ist, durch die inhaltliche Auseinandersetzung mit der Situation von Geflüchteten, Vorurteile abzubauen. Denn Menschen mit Migrations- und Fluchterfahrungen bieten aus verschiedenen Gründen eine Projektionsfläche für Diskriminierung. Dabei werden bekanntermaßen nicht nur äußerliche Merkmale für Stigmatisierungen benutzt sondern auch das Lern- oder Sozialverhalten.

Das Leben von SchülerInnen mit unsicherem Aufenthalt unterliegt vielerlei Einschränkungen: finanziell, sozial und rechtlich. Das kann auch Auswirkungen auf ihr Lernverhalten haben und das beeinflusst eben auch die Arbeit von Lehrkräften. Denn nicht zuletzt auch die Beurteilungen und Entscheidungen der LehrerInnen können entscheidenden Einfluss auf die aufenthaltsrechtliche Situation haben, da eine „erfolgreiche“ Schullaufbahn auch von der Ausländerbehörde geprüft und berücksichtigt wird – positiv wie negativ (vgl. §25a Aufenthaltsgesetz). Über dieses Thema und die Erfahrungen mit den Workshops informiert der Flüchtlingsrat jährlich auf einer Veranstaltung am Landesinstitut für Schule (LIS). Die kommende Veranstaltung für MultiplikatorInnen findet dort am 13.02.2014 statt.

Infos und Kontakt

Kontakt
Karsten Krüger
Schriftleiter des Bildungsmagaz!ns
Adresse Bahnhofsplatz 22-28
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