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Neue Regierung in Bremen

"Wir müssen den Druck eher erhöhen"

Bremens neue ››Lınks-der-Mitte-Regierung« - eine Erwartungshaltung

Bildung ist der neuen Koalition wichtig. Sie steht weit vorne und kein Bereich des Koalitionsvertrages umfasst mehr Zeilen. Eine klare Schwerpunktsetzung ist erkennbar:

Bildung wird als Mittel gegen Armut und Ausgrenzung sowie für ein selbstbestimmtes Leben gesehen - vom Anfang bis zur Weiterbildung.

Deutlich erkennbar in den Formulierungen ist die Absicht, eine bessere Ausstattung zu realisieren, gleichwohl bleiben Konkretisierungen an vielen Stellen aus. Es gibt keine leeren Versprechungen im Bildungsteil des Koalitionsvertrages. »Angesichts des Finanzrahmens werden wir diese Maßnahmen nur Schritt für Schritt umsetzen können.« Dieser Realismus schon in Zeile 96 (von knapp 6.000) lässt niemanden abheben.

Gleichwohl weht ein Hauch von Armutsbekämpfung und Demokratisierung, von Nachhaltigkeit und sozialer Gerechtigkeit (nicht nur) durch den Bildungsteil des Vertrages.
Gelebte Demokratie als Ziel Bildungspolitisch innovativ ist zum Beispiel die Rückbesinnung auf Schule als Ort der gelebten Demokratie durch Stärkung der Mitbestimmungs- und Konferenzrechte und einer entsprechenden Projektorientierung. Weltoffenheit, Nachhaltigkeit und solidarisches Handeln werden wesentliche Ziele bremischer Bildungspolitik. Das ist außerordentlich zu begrüßen, auch wenn es schon so ähnlich in der Landesverfassung steht, aber EX-Senator Willi Lemke hat das Bremische Schulgesetz in seiner Amtszeit durchaus entdemokratisiert - daher auch »Rückbesinnung«.

Ich will jetzt nicht in eine Einzelbetrachtung von im Koalitionsvertrag angerissenen Maßnahmen verfallen, dies kann älteren, wie aktuellen oder zukünftigen Pressemitteilungen entnommen werden. Eigentlich geht es im Wesentlichen um zwei Punkte:

1. Entlastung für die Beschäftigten und Gewinnung von Fachkräften
(die geplanten Maßnahmen zur Fachkräftegewinnung sind eher im Bereich der Hoffnung als der Zuversicht anzusiedeln; zu wenig konkret und substanziell, aber da kann ja noch was kommen.)

2. Bau und Finanzierung der notwendigen Bildungsräume (ob sich eine mögliche ››Schulbaugesellschaft<< in Form eines joint Ventures (››gemeinsames Wagnis<<) zwischen Immobilien Bremen und der Gewoba durchsetzt, ist wohl noch Bestandteil der möglichen Sternendeutung des Koalitionsausschusses.

Unsichere Jahre

Diese beiden Punkte gelten bildungspolitisch für viele unserer Bereiche, von der Kita bis zur Uni. Fast alles andere fällt in seiner Bedeutung dahinter zurück, das gilt selbst für das von uns nach wie vor mit Kritik überzogene IQHB Qualitätsinstitut). Und ob Bertelsmann mit seinen Zahlen richtig liegt oder die Bremer Bildungsbehörde schon komplett upgedatet ist, spielt anlässlich der großen personellen Lücken keine Rolle - die nächsten Jahre bleiben ungesichert, egal, was die Senatorin derzeit in Blüm'scher Redundanz (››die Rente ist sicher«) verkündet.

Aber natürlich wünschen wir uns alle, dass wir uns irren.

Eine andere Frage sollte uns bewegen: Wie entwickeln wir Politik anlässlich einer ››linksorientierten<< Regierung? Wir haben keine Partei in der Opposition, der wir uns oder die sich uns nahe fühlt. Es gibt Berührungspunkte, ja, aber mehr? Gegen »]amaika« Politik zu machen wäre leicht gewesen. Linke und SPD hätten uns mit Angeboten überrannt. ››GroKo<<, geschenkt. ››Rot/Grün« unter Druck zu setzen, da hatten wir die Linken an unserer Seite – aber nun? Alle, die uns als Opposition wohlgesonnen waren, sitzen nun in der Regierung. Dies verändert unsere strategische Haltung zur Regierung und den sie tragenden Parteien. Dies gilt im Übrigen nicht nur für die GEW, sondern für alle Gewerkschaften und auch für Initiativen.

Partizipation einfordern

Es wäre ein Fehler zu glauben, bei einer »linken« Regierung seien unsere Anliegen quasi schon umgesetzt. Allein die Fortschreibung der Schuldenbremse sollte uns mit Realitätssinn auf die besser: ››Links-der-Mitte-Regierung<< blicken lassen.

Um Forderungen durchzusetzen, müssen wir den Druck eher erhöhen und Partizipation stärker als bisher einfordern. Der Zeitplan bis zur nächsten Haushaltsaufstellung zieht sich, wie man hört, womöglich bis zum Sommer hin. Das ist lang.

Schön, dass wir schon durchgesetzt haben, dass es keinen Beförderungsstopp in der haushaltslosen Zeit gibt, aber das Geld für neue Kitas, Schulen und Fachkräfte ist damit noch nicht freigegeben.

RZG ist ein spannendes Projekt - ohne unseren (kreativ-konstruktiven solidarisch resoluten) Druck wird  aus gut gemeinter Absicht keine gute Politik. Wir dürfen aber nicht vergessen: (parlaments- und regierungs-) politisch gibt es für (die meisten von) uns keine (viel) bessere Konstellation.

Dies war ein Aufschlag. Gegenstandpunkt erwartet. Für eine lebhaft-solidarische Debatte in der GEW!