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Waldarbeiter am Werk

In der Bremer Bildungslandschaft gehen pekuniäre Waldarbeiter um: Sie sägen, hacken und brennen alles weg, was Einsparung verspricht. Der Mischwald LIS, grüne Lunge für Fortbildung, Ausbildung und Personal- und Qualitätsentwicklung, ist seit einigen Jahren beschnitten worden. Jetzt aber kommt der Kahlschlag.

Über 20.000 vom LIS angebotene Fortbildungsstunden werden den Schulen im Schuljahr 2013/14 fehlen. Dafür erhalten die über 150 (!) Bremischen Schulen insgesamt 12 (!) Stellen für die eigene Schul- und Unterrichtsentwicklung.
Die Waldarbeiter grinsen zufrieden und denken, sie hätten Gutes getan.

Das LIS ist von massiven Stundenkürzungen betroffen. Schon jetzt wird deutlich, dass die Angebote zur Unterstützung der Schulen aufgrund früherer Kürzungen weniger geworden sind. Obwohl das LIS eine gute und wichtige Unterstützungsarbeit für die Schulen leistet, wurden Abordnungen in den Bereichen Fortbildung und Beratung gänzlich oder zum Teil gestrichen.

Die Personalvertretungen LIS und Schulen wurden dabei nicht einbezogen, weil Abordnungen i.d.R. nur für ein Jahr bewilligt werden und daher einfach nicht wieder verlängert wurden. Die Leistungen der weggekürzten KollegInnen können nicht mehr angefordert werden und fallen einfach weg.

Gut nachgefragte und anerkannte Unterstützungsleistungen für die Schulen gerade jetzt wegzuschneiden, da die Situation an den Schulen geprägt ist von Abordnungen und weniger Neueinstellungen, ist katastrophal. Nicht einmal die Schößlinge für die Aufforstung werden geschützt: es werden kontinuierlich weniger ReferendarInnen eingestellt und pensionierte Lehrkräfte kaum ersetzt. Die Schulreform, die Umstellung auf das System Oberschule und die Inklusion sind keineswegs abgeschlossen und Qualifizierung ist gerade jetzt vonnöten. Der Boden erodiert – doch der Wald wird kahlgeschlagen.

Zurück an den Absender – Return to sender

Zur Erinnerung: Die LIS-Leitung wollte die Streichung über 300 Stunden pro Woche nicht verantworten müssen und gab die Organisation des Abbaus an die Behörde zurück.
Die senatorische Behörde hat keine klare Entscheidung hinsichtlich des Verzichts getroffen, machte keine Aussage darüber, auf welchen Bereiche und welche Aufgaben der Unterstützung sie für das kommende Schuljahr 2013/14 verzichten will; sie verlangte nur die von der rot-grünen Landesregierung im Haushaltsausschuss beschlossenen Streichungen für das Haushaltsjahr 2013. (Unsere vorherige Senatorin begründete damit ihren Rücktritt.)

Gute Schule ohne Fortbildung?

Mit den Themenfeldern Schulstrukturreform, Inklusion, Ganztag, Sprachförderung, Migration, Generationenwechsel und Schulleistungsstudien ist das Feld der Herausforderungen im schulischen Bereich grob umrissen. Diese wenigen Schlagworte machen deutlich, womit sich die Schulen beschäftigen.
Bremens Situation als Haushaltsnotlageland macht die Sache auch nicht leichter. Dem Unterricht hierbei eine besondere Priorität zuzuweisen, ist nachvollziehbar und richtig. Aber: gute Schule besteht nicht nur aus der Summe erteilter Unterrichtsstunden. Gerade in Zeiten grundlegenden Wandels braucht gute Schule, vor allem auch gute inklusive Schule Arbeitsbedingungen, die den an sie gestellten Aufgaben entsprechen.
Gute Schule ergibt sich - bei aller Kompetenz und Einsatzbereitschaft der Kollegien - nicht irgendwie von selber. Zu den notwendigen Bedingungen guter Arbeit gehört zwingend ein funktionierendes Unterstützungssystem,

  • das seinen Teil zur Ausbildung neuer LehrerInnen beiträgt,
  • das Fortbildung in fachlicher, methodischer und sozial-kommunikativer Hinsicht leistet,
  • das professionelle Reflexion im Sinne von Supervision und Coaching ermöglicht,
  • das den Generationenübergang kooperativ unterstützt,
  • das zum Gelingen von Bildung unter kulturell heterogenen Bedingungen beiträgt,
  • das Angebote zur Gesundheitsförderung konzipiert und praktisch durchführt,
  • das vor Ort in den Schulen Prozesse der Schul-, Unterrichts- und Personalentwicklung kompetent begleitet und
  • das zentrale Abschlussprüfungen ermöglicht.


Diese notwendigen Aufgaben werden in großem Umfang unter dem Dach des LIS durch abgeordnete LehrerInnen aus den Bremer Schulen erbracht. Dies ist notwendig, um die Erfahrungen der schulischen Praxis einzubringen und zugleich in die Schulen zurückzuwirken. Diese hoch qualifizierten FortbildnerInnen und ReferentInnen unterstützen die Schulen in zentralen und schuleigenen Fortbildungen mit Begleitangeboten.
Wenn LIS-MitarbeiterInnen ihre Abordnungsstunden wieder im Unterricht verbringen, dann haben ihre eigenen Schulen viel davon, denn ihre spezielle Expertise kommt ihnen zugute. Aber allen anderen Schulen wird sie entzogen. Das ist zum Schaden der Schulen, zum Schaden der in ihnen Arbeitenden und auch zum Schaden der SchülerInnen. Vom Schaden für die Beschäftigten des LIS ganz zu schweigen.
Allen Beteuerungen bezüglich des „hohen Guts“ Bildung zum Trotz erlebt auch das LIS seit Jahren eine Kürzungsrunde nach der anderen. Zum letzten Schuljahr gab es eine Kürzung von fast 50% der Anrechnungsstunden allein im Referat Schulentwicklung in der Fortbildungsabteilung, d.h. ModeratorInnen mussten ihr Angebot für schulinterne Fortbildungen kürzen. Die Wegschneiden nimmt kein Ende, und den vorläufigen Höhepunkt erleben wir derzeit:
Das LIS hat für 2013/14 seine Zusammenarbeit mit abgeordneten LehrerInnen um 300 Lehrerwochenstunden reduzieren müssen. Das entspricht einer Kürzung von rund 40% der Anrechnungsstunden. Greifbarer wird diese Zahl, wenn man ausrechnet, was das in realer Arbeitszeit bedeutet: Wir sprechen von rund 20.000 Arbeitsstunden pro Jahr, die den Schulen an Unterstützungsleistung entzogen werden.
Die Abteilung Fortbildung des LIS wird daraufhin umstrukturiert, um Angebote und essentiell wichtige Kooperationen aufrechtzuerhalten. Aus dem Mischwald wird zum Glück keine Monokultur, aber ein Mischwäldchen.
Aufgabengerechte und verlässliche Ausstattung des Unterstützungssystems für die Bremer Schulen und die Menschen, die in ihnen arbeiten, um gemeinsam gute inklusive Schule zu machen, das wird kahlgeschlagen. Es wird auch so gehen, sagen die Waldarbeiter, Hauptsache, die Zahlen sehen besser aus.

Fazit – sind die Unterstützungsleistungen verzichtbar?

Wer bestimmt die Nachfrage? Verschiedene LIS-Leistungen können 2013/14 nicht angefragt werden, weil sie nicht angeboten werden können. Werden sie nicht angeboten, wird man 2014/15 sagen können, dass auf sie gänzlich verzichtet werden kann, da es für sie keine Nachfrage gibt. Vielleicht braucht man dann in 2015/16 auch kein LIS mehr? Die bremische Schuldenbremse hätte gewirkt – Stillstand!
Die pekuniären Waldarbeiter denken, sie hätte beschnitten, um neues Wachstum zu befördern. Sie stehen jetzt vor ihrem toten Holzhaufen und wundern sich.