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Vorkurslehrerkräfte dringend gesucht

Die Flüchtlingsbeschulung in Bremen ist und bleibt bis auf weiteres eine große Herausforderung für alle Beteiligten

Flüchtlinge menschenwürdig aufnehmen und professionell betreuen - Bremen versucht derzeit eine große Herausforderung zu meistern. Dass diese Herausforderung nicht klein ist, wird am Beispiel der Unbegleitet Minderjährigen Flüchtlinge (UMF) mehr als deutlich. Von 2010 bis 2014 hat sich die Anzahl dieser  jungen Menschen, die im Land Bremen aufgenommen worden sind, mehr als verzehnfacht. Aktuell sind in Bremen Neuzugänge von 60-80 UMF pro Monat zu verzeichnen. Diese Tendenz wird nach Einschätzung von Experten mindestens in diesem Jahr anhalten. Um diese Herausforderung zu stemmen, müssen Unterkünfte organisiert, Krankheiten bekämpft und auch die Beschulung von Flüchtlingskindern und -Jugendlichen organisiert werden.

Letzteres ist vor allem Aufgabe der Bildungssenatorin. Das Konzept der Behörde ist angesichts der oft schwierigen Situation für den Großteil der Flüchtlinge mehr als ambitioniert. "Solider Spracherwerb, eine schnelle Integration in eine Regelklasse und eine Orientierung in Ausbildung und Studium", so die grundlegenden Ziele des Konzeptes. Die jungen Menschen erleben, wenn sie nach Bremen kommen, aber völlig neue gesellschaftliche Verhältnisse, müssen sich in einer fremden Umgebung orientieren, unter Menschen, die oft nichts über sein persönliches Schicksal wissen und deren Sprache er nicht versteht. Der Verein Fluchtraum Bremen merkt an, dass es "momentan viel zu wenig Ausbildungs- und Beschulungsangebote für Flüchtlinge gibt.

Die Bildungsbehörde berichtet, dass mittlerweile und aktuell 90 Vorkurse an 68 Schulen eingerichtet sind. Insgesamt werden darin 1110 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Sprecherin Christina Selzer verspricht, dass nach Bedarf weitere Kurse organisiert werden. Und dass zusätzliche Vorklassen auch im neuen Schuljahr benötigt werden, ist für Ümit Zerdali, Fachbereichsleiter für interkulturelle Bildung an der Allgemeinen Berufsschule (ABS) gar keine Frage: "Derzeit werden bremenweit monatlich zwei neue Vorkurse eingerichtet. Ab September werden es wohl drei pro Monat sein." Die ABS in Walle ist Pionier bei der Beschulung von Flüchtlingen. Seit 28 Jahren werden dort Migranten und Flüchtlinge beschult, derzeit sind sieben Vorkurse organisiert, dazu kommen mehr als zehn Sprachlernklassen.

Das größte Problem bei der Einrichtung eines Vorkurses ist neben der Organisation eines geeigneten Schulstandortes das Finden von professionellem Lehrpersonal. Die Behörde findet zwar nach eigenen Angaben bisher ausreichend geeignetes Personal. Geeignet heißt in diesem Fall Zweites Staatsexamen und eine Qualifikation "Deutsch als Fremdsprache/Zweitsprache". Aber an einigen Schulen mit Vorkursen kann man festestellen, dass nicht alle Lehrkräfte über die erwünschten Grundqualifikationen verfügen. "Vor allem bei den Kolleginnen und Kollegen, die über die Stadtteilschule eingestellt sind, ist dies der Fall. Bei uns an der ABS unterrichten vier der sieben Vorkurslehrkräfte ohne zweites Examen", sagt Zerdali. Lehrkräfte fehlen aber nicht nur an den Schulen, auch andere Bildungsträger wie zum Beispiel die Volkshochschulen suchen dringend Personal.

Dass ein schneller Schulbesuch enorme Vorteile für die Flüchtlinge bringt, ist bei allen Beteiligten unbestritten. Schule und Unterricht bringt oft wohltuende Ablenkung, Herausforderung und bietet einen Ort der Begegnung und sinnvolle Perspektive in einem. Zerdali wünscht sich mehr Zuweisung von Ressourcen durch die Behörde für die Leitung, Verwaltung und Steuerung. "Die Oranisation aller Vorklassen müsste unter einer Regie, am besten zentral in der Behörde, erfolgen." Und er hat einen weiteren Wunsch: für eine schnellere Aufnahme der Flüchtlinge in den Schulbetrieb, ist es notwendig, dass die Erstaufnahmeeinrichtungen die Daten der Flüchtlinge schneller an die Schulen melden: "Im Moment vergehen etwa sechs bis acht Wochen bis zum Beratungstermin und weitere sechs Wochen bis zur Einschulung. Es wäre für die Beschulung sehr wichtig, wenn die Klärung des Aufenthalts, die Altersfeststellung, Gesundheitsuntersuchung und die bleibende Unterkunft zügig erfolgt.“

Ein Schritt in Richtung "Schnelle Beschulung" ist bei der Bildungsbehörde in Arbeit. Behördensprecherin Selzer berichtet über "den Aufbau einer zentralen Schule für junge Flüchtlinge, die sich noch in der Erstaufnahmeeinrichtung befinden und denen deshalb noch kein Platz an einer Schule zugewiesen werden kann."