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Versäumnisse der rot/grünen Schulpolitik

Die rot/grüne Koalitionsvereinbarung sah 2007 eine behutsame Weiterentwicklung des bestehenden bremischen Schulwesens vor. Die Senatorin für Bildung hat dann jedoch einen ganz anderen Weg beschritten, der auf eine kompletten Umbau des Schulsystems hinausläuft. Dabei schieben sie und ihre Behörde eine ganze Reihe ungelöster Fragen vor sich her, auf die hier näher eingegangen werden soll.

Gute Bildung kostet Geld

Trotz der Wiederbesetzung fast jeder frei werdenden LehrerInnenstelle unter dem rot/grünen Senat liegt Bremen bei der Personalversorgung der Schulen immer noch erheblich hinter den anderen Stadtstaaten zurück. Dies ist Ergebnis der massiven Stellenstreichungen der großen Koalition. Wer – wie die Parteien in ihren Wahlprogrammen – der Bildung oberste Priorität einräumt, der muss hier trotz schwieriger Finanzlage investieren.
Forderungen:
● Wiederbesetzung jeder frei werdenden Stelle in der nächsten Legislaturperiode.
● Für neue Aufgaben (Ganztagsschule, Inklusion) muss grundsätzlich ausreichendes Personal eingestellt werden, sonst geraten sie zur Mogelpackung auf Kosten der Beschäftigten und letztlich auch der Kinder und Jugendlichen.

Priorität für die Nachwuchsförderung

In Deutschland zeichnet sich ein Lehrer- und ErzieherInnenmangel ab. Deshalb muss Bremen besonders große Anstrengungen unternehmen, um eine ausreichende Zahl junger LehrerInnen und ErzieherInnen auszubilden und danach auch in Bremen und Bremerhaven zu halten.
Forderungen:
● Wiedereinführung der Studiengänge Behindertenpädagogik und Sport an der Universität.
● Verbesserung der Ausbildungsbedingungen am LIS durch Absenkung des bedarfsdeckenden Unterrichts und zusätzliche AusbilderInnen.
● Abschaffung der Mehrarbeit von jungen Lehrkräfte (U50-Stunde).
● Absage an jeden Versuch, über „Sanierungstarifverträge“ die Anstellungsbedingungen in Bremen zu verschlechtern.

Die verunglückte Schulreform korrigieren

Die rot/grüne Koalition ist mit dem Anspruch angetreten, längeres gemeinsames Lernen durchzusetzen und der sozialen Spaltung der Stadt entgegen zu wirken. Mit dem neuen Schulgesetz und seiner Umsetzung in der Stadtgemeinde Bremen wird jedoch das Gegenteil erreicht. Schon der mit der CDU vereinbarte Erhalt des Gymnasiums schränkt die soziale Zusammensetzung der Oberschulen stark ein. Die geplante und bereits begonnene Aufspaltung der Oberschulen in solche mit und solche ohne gymnasiale Oberstufe hat mittelfristig fatale Auswirkungen. Sie verstärkt die Gefahr, dass sich an Oberschulen ohne gymnasiale Oberstufe die sozialen Probleme konzentrieren. In der Endstufe der von der Bildungssenatorin geplanten „Reform“ werden so ca. 50% der Schulen abgekoppelt. Dieser Prozess wird durch das derzeitige Anwahlverfahren noch gefördert.
Forderungen:
● Erhalt der Oberstufenzentren (wie in Bremerhaven praktiziert) und ihre Wiedereinführung im Schulgesetz.
● Priorität des Wohnortes bei der Aufnahme in die Oberschule.

Die Arbeitsbedingungen verbessern

Die Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung und die Verordnung neuer außerunterrichtlicher Aufgaben haben ein Ausmaß erreicht, das über 40% der Lehrkräfte zum Schutz der eigenen Gesundheit in die Teilzeit treibt (bei entsprechendem Gehaltsverzicht). Es bleibt immer weniger Zeit für die Vorbereitung guten Unterrichts. Gute Bildung braucht jedoch gute Arbeitsbedingungen. Neue Aufgaben, wie die Bildung inklusiv arbeitender Jahrgangsteams erfordern Planungs- und Entlastungsstunden für die daran Beteiligten. Die Klassenfrequenzen in den Inklusionsklassen müssen gesenkt werden und es muss ausreichende sonderpädagogische Kompetenz zur Verfügung stehen. Auch die Pädagogischen MitarbeiterInnen brauchen entsprechende Vorbereitungs- und Planungszeiten.
Forderungen:
● Die von der großen Koalition verordnete Pflichtstundenerhöhung muss wieder abgebaut werden.
● Neue außerunterrichtliche Aufgaben müssen grundsätzlich mit Entlastungsstunden ausgestattet werden.
● Die Frequenzen in Inklusionsklassen müssen abgesenkt werden und jedem Jahrgang muss bei Einführung der Inklusion eine ganze Sonderpädagogenstelle zur Verfügung stehen.

Konzentration auf Förderung an der Basis

Alle Bildungstudien zeigen, dass soziale Herkunft und Migration in engem Zusammenhang mit dem Bildungserfolg stehen. Kita und Grundschule sollten laut Koalitionsvereinbarung gestärkt werden, um Defiziten zu begegnen. Jedoch wurde die Lehrerversorgung der Grundschulen um 4,5% gekürzt und ein Programm zur Sprachförderung wurde nicht in die Praxis umgesetzt. Stattdessen wurden die wenigen vorhandenen Arbeitskapazitäten und Finanzmittel für die Umorganisation der Sekundarstufe – oft gegen den Willen der Beteiligten - verschleudert.
Forderungen:
● Aufstockung der Zuweisungen für Sprachförderung.
● Erhöhung des Sozialstrukturzuschlages für Schulen in benachteiligten Stadtteilen.

Gegen Privatisierung, für Demokratisierung

Je schlechter das Bildungswesen ausgestattet ist und je geringer die Mitwirkungsrechte dort sind, desto stärker werden Initiativen zur Gründung von Privatschulen. Der Trend zur Privatisierung muss gestoppt werden. Gute Schulen sind eine Kernaufgabe des demokratischen Sozialstaats. Neben einer ausreichenden Finanzierung brauchen sie erweiterte Beteiligungsrechte der Lehrkräfte, Eltern und SchülerInnen.
Forderungen:
● Die von der großen Koalition vorgenommene Entdemokratisierung der Schule muss rückgängig gemacht werden.
● Novellierung des Schulverwaltungsgesetzes mit der Schulkonferenz als oberstem Organ und erweiterte Rechten der Gesamtkonferenz, des Elternbeirates und der SchülerInnenvertretung.