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„Umverteilen.Macht.Gerechtigkeit“

Ein Kongress ändert die Verhältnisse nicht. Aber er kann helfen, Orientierung zu bieten. Denn wer blickt noch durch bei den vielen Baustellen, sei es Kommunale Armut, Schuldenbremse, Euro-Rettung, Finanzmarktregulierung, Alternativen zur Verarmung in Südeuropa?

Dafür kam der Kongress „Umverteilen.Macht.Gerechtigkeit“ Ende Mai in Berlin gerade recht. Auf Initiative des Bündnisses Umfairteilen ( DGB, Verdi, ATTAC, Paritätischer Gesamtverband u.a) sowie mehrerer Stiftungen + Zeitungen haben in Berlin ca. 600 Menschen über Auswege aus der sozialen Ungerechtigkeit in Europa beraten.
Bereichernd dabei die Beiträge aus Österreich, der Schweiz, Griechenland und Großbritannien. Als gleich zu Beginn der britische Gesundheitswissenschaftler Richard Wilkinson seine umfangreiche Studie vorstellt, nach der weltweit die sozialen Probleme einer Gesellschaft umso größer sind, je ungerechter sie organisiert ist, steuern Schweizer AktivistInnen bei, wie dem beizukommen ist: Mit der Initiative 1:12 soll per Volksabstimmung durchgesetzt werden, dass das höchste Monatsgehalt in einem Unternehmen/Behörde nicht höher sein darf als das Jahresgehalt des Geringstverdienenden.

Umverteilung als Ursache der Staatsverschuldung

Klar wurde auf dem Kongress: Europa hat sozialstaatlich nicht „über seine Verhältnisse“ gelebt. Staatsverschuldung hat ihre Ursachen in massiver Umverteilung von unten nach oben, bei der Vermögende sich immer mehr aus der Staatsfinanzierung heraus gestohlen haben. Deren „gespartes“ Geld heizte die deregulierten Finanzmärkte an. Als diese vor 5 Jahren kollabierten, verschlangen die Rettungspakete weitere Steuermilliarden, und zum Dank wurden die Staaten von den „Märkten“ mit höheren Zinsen auf die erhöhten Schulden erpresst. Klasse Spiel!
Staatsverschuldung nutzt nur den Gläubigern, sprich großen Geldbesitzern. Die Schuldenbremse kann aber nicht in Kürzung von Gemeinwohlausgaben liegen, sondern in der Stärkung der Einnahmen durch gerechtere Besteuerung. Nur so können auch wachsende antideutsche Ressentiments in Südeuropa verhindert werden. Denn die Regierung Merkel ist die Scharfmacherin für „Sparpolitik“, sprich europaweite Kürzungen öffentlicher Ausgaben sowie Aushöhlung von Tarifautonomie, Lohnsenkungen, Verschlechterung von Arbeitsbedingungen.
Und das zunehmend autoritärer - ohne demokratische Legitimation durch EU-Parlament und nationale Parlamente. Nächster Schritt ist ein „Europäischer Wettbewerbspakt“ zur weiteren Verschärfung der Sozialdumpingkonkurrenz. Dem muss schnell ein europäischer Masterplan zur Stärkung von öffentlicher Infrastruktur entgegengesetzt werden und in Deutschland brauchen wir statt Agenda 2010 Mindestlöhne und sichere Beschäftigung.
Das hohe Gewicht Deutschlands in der EU liegt zudem an der Beschränkung auf eine Fiskalunion ohne Wirtschafts- und Sozialunion. Das verstärkt zwangsläufig Leistungsbilanzungleichgewichte und “Exportweltmeister“ Deutschland drückt die schwächeren Ökonomien an die Wand. Ein – aktuell diskutiertes - „Raus aus dem Euro“ ist für mich auch keine Lösung. Verteuerte Importe bei abgewerteter Währung würde die Massenarmut in Südeuropa nur verstärken. Lösungen liegen eher in einer Transferunion zur Angleichung von Wirtschaftskraft, ähnlich dem deutschen Länderfinanzausgleich.

Weitere Aktivitäten

 

Für weitere Aspekte der europäischen Krise ist an dieser Stelle kein Platz. Der Aufruf „Europa geht anders“ (unter www.umverteilen-macht-gerechtigkeit.eu/download/ ) fasst aber aus meiner Sicht die Herausforderungen treffend zusammen.


Für ein solidarisches Europa muss an vielen Stellen gekämpft werden. In Bremen haben wir als Bündnis „Umfairteilen“ am 13.4. auf unserer „Umfairteiltour“ Zeichen gesetzt. Wir werden weiter nerven: Gegen öffentliche Armut hilft nur Reichtum besteuern.
Für den 7. September ruft der DGB zur Großkundgebung „Gute Arbeit. Sichere Rente. Soziales Europa. Aktiver Staat“ nach Hannover auf. Gelegenheit, nach den Ferien und vor der Bundestagswahl neu durchzustarten für ein gerechtes + solidarisches Europa.
  • Achim Heier arbeitet im Trägerkreis des Bremer Bündnisses „Umfairteilen“ mit