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Schulsozialarbeit in Bremen

Zurzeit arbeiten weit über 100 »SchulsozialpädagogInnen« in Bremen, überwiegend aus der Ganztagsförderung finanziert und meist bei Schul- und Fördervereinen angestellt.

Anfang 2012 wurden über eine Finanzierung aus Bundesmitteln weitere 50 »SchulsozialarbeiterInnen«-
Stellen bei diversen freien Trägern der Jugendhilfe geschaffen. Diese Stellen wurden ab 01.08.2014 entfristet, auf 55 aufgestockt und durch die Senatorin für Bildung und Wissenschaft eingestellt. Diese »SchulsozialarbeiterInnen « sind zusätzlich mit einem Koordinator ausgestattet, der mit einer halben Stelle ebenfalls bei der Senatorin für Bildung und Wissenschaft beschäftigt ist. Laut Arbeitsplatzbeschreibung sind die Schwerpunkte der SchulsozialarbeiterInnen die Zusammenarbeit mit dem ZuP (Zentrum für unterstützende Pädagogik), Systemberatung, Gemeinwesenarbeit sowie die Mitarbeit an der Schulentwicklung. Zu den Aufgaben gehören Einzelfallhilfe, Elternarbeit sowie die Begleitung des Übergangs Schule-Beruf. Kooperation mit anderen Trägern sowie die Entwicklung und Umsetzung von Projekten sind weitere Teile des Stellenprofils.

Für die SchulsozialpädagogInnen, die zum Teil seit fast 20 Jahren an Bremer Schulen beschäftigt sind, gibt es kein äquivalentes Stellenprofil. Jede Schule hat für sich ein eigenes Konzept der Schulsozialpädagogik entwickelt.

 

Die LAG Schulsozialarbeit

Im Januar 2013 hat sich die Landesarbeitsgemeinschaft Schulsozialarbeit Bremen (LAG) als fachliche
Interessenvertretung der Sozialen Arbeit an Bremer Schulen gegründet. Dabei wurde der Begriff »Schulsozialarbeit « als gleichbedeutend mit dem Begriff der »Sozialen Arbeit an Schulen« gewählt, wobei immer die klassischen Bereiche der Sozialarbeit und der Sozialpädagogik als konstituierende
Elemente der Sozialen Arbeit gedacht werden. Die LAG hat aus der inhaltlichen, politischen und strukturellen Diskussion um die Soziale Arbeit an Schulen zusammen mit den Organisatoren des 4. Bremer Fachtages im Mai 2014 Thesenentwürfe formuliert, aus denen im Zusammenschluss mit verschiedenen Gremien die 13 Bremer Thesen zur Sozialen Arbeit an Schulen entwickelt
wurden.

Zentrale Grundlage ist die Erkenntnis, dass Soziale Arbeit an Bremer Schulen sich nur erfolgreich entwickeln kann, wenn Gemeinsamkeiten über Unterschiedliches gestellt werden. Unabhängig von den konkreten Arbeitsweisen innerhalb der Sozialen Arbeit, aber auch unabhängig von den formalen Anstellungsmodalitäten oder den jeweiligen Finanzierungshintergründen, ist für uns alle Arbeit, die SozialarbeiterInnen und SozialpädagogInnen oder KollegInnen anderer Berufsgruppen innerhalb der Schulen professionell leisten, Schulsozialarbeit. Dabei kooperiert Schulsozialarbeit mit den KollegInnen aus der Sozialen Arbeit in Sozialzentren, Freizeitheimen, Beratungsstellen, ReBUZ und vielen anderen Unterstützungsinstitutionen.

Die 13 Bremer Thesen beschreiben, wie wir uns Schulsozialarbeit in Bremen in der Zukunft vorstellen und haben damit einen klaren Forderungscharakter. Diese Thesen sind zugleich ein Angebot zum Dialog mit allen an Schule Beteiligten, auch mit den KollegInnen der anderen in Schule tätigen Berufsgruppen.

 

 

Dreizehn Bremer Thesen zur Sozialen Arbeit an Schulen

These 1

Schulsozialarbeit an jeder Schule!

• Unabhängig von Sozialindex und Schulart braucht jede Schule Schulsozialarbeit. Die vielfältigen Aufgaben und Arbeitsfelder der Schulsozialarbeit sind an allen Schulen relevant.
• Erhöhte Bedarfe erfordern einen höheren Personaleinsatz.
• Schulsozialarbeit arbeitet als Team.
• An allen Schulen sind sowohl weibliche wie männliche KollegInnen zu beschäftigen.
• Wie die GEW betrachten wir mindestens eine volle Stelle Schulsozialarbeit für 150 SchülerInnen als notwendig. Der zusätzliche Bedarf orientiert sich an dem Schulkonzept, der Konzeption der  Schulsozialarbeit und den sozialen Rahmenbedingungen der jeweiligen Schule.

 

These 2

Grundsätzlich: Kein Einsatz von SchulsozialarbeiterInnen an mehreren Schulen!

• Beziehungsarbeit in der Schule und effektive Netzwerkarbeit erfordern eine klare Schulorientierung.
• Ein Einsatz an zwei Schulen bedarf immer der besonderen Begründung im Ausnahmefall, ein Einsatz an mehr als zwei Schulen ist ausgeschlossen.

 

These 3

Schulsozialarbeit hat einen eigenen Bildungsauftrag, der an der informellen Struktur von Lebenswelt ansetzt. Schulsozialarbeit fördert Kompetenzen und soziales Miteinander!

• Schule hat neben dem lehrplanorientierten Unterrichtsinhalten bis in den Klassenraum hinein informelle Aspekte und Strukturen, die Gegenstand Sozialer Arbeit sein können. In diesem Sinne wird Schulsozialarbeit auch im Klassenverband zu Unterrichtszeiten ihre Aufgaben haben, auch zum Zwecke der fachlichen Kooperation. Die Durchführung und Absicherung des curricularen Unterrichtsangebotes ist jedoch nicht Aufgabe der Schulsozialarbeit, insbesondere nicht die Unterrichtsvertretung.
• Schulsozialarbeit sieht die Schule als Ganzes, nicht nur die unterrichtsbezogene Struktur von Regeln und Organisation im Detail.

 

These 4

Der ARBEITSPLATZ von SchulsozialarbeiterInnen ist an der Schule. Das TÄTIGKEITSFELD ist die Lebenswelt und der Sozialraum der Kinder und Jugendlichen.

• Arbeitsplatz Schule ist die Anbindung, von da aus ist Schulsozialarbeit auch außerhalb der Schule unterwegs, bei Eltern, im Stadtteil, bei Kooperationspartnern und -projekten.
• Zum Tätigkeitsfeld gehören auch die Lehrkräfte und alle anderen an der Schule Beschäftigten sowie Eltern und Stadtteil.

 

These 5

Kinder und Jugendliche sind nicht nur SchülerInnen an einer Schule, sondern füllen viele unterschiedliche Rollen aus. Schulsozialarbeit erkennt die Kinder und Jugendlichen in ihrer Ganzheit an.

• Förderung der Partizipation der SchülerInnen ist fachlicher Auftrag der Schulsozialarbeit.
• Schulsozialarbeit sieht auch außerschulische Lernorte als Gelegenheiten informeller Bildung.

 

These 6

Die Entwicklung von Standards für Soziale Arbeit an Schulen dient der Qualitätssicherung, der Festlegung von konzeptionellen Zielen und Arbeitsfeldern sowie der Sicherung von Rahmenbedingungen.

• Standards schaffen Transparenz und Handlungsmöglichkeiten, sie dienen nicht der Eingrenzung und Beengung der Arbeit.

 

Thesen 7

Ein allgemeines Rahmenkonzept für Soziale Arbeit an Schulen schafft Klarheit, Verbindlichkeit und Verlässlichkeit! Ein (zusätzlicher) individueller Leitfaden für jede Schule sorgt für eine bedarfsgerechte Arbeit und bietet den Handelnden die notwendigen Gestaltungsspielräume!

• Ein Rahmenkonzept berücksichtigt die Gesamtheit des Feldes der Schulsozialarbeit, insbesondere auch die sozialpädagogischen Anteile wie auch die Kooperation mit der Kinder- und Jugendhilfe.

 

These 8

Eine Rahmenarbeitsplatzbeschreibung für Schulsozialarbeit an Bremer Schulen sorgt für Transparenz und die wichtige Unterscheidung bzw. Abgrenzung gegenüber anderen Berufsgruppen!

• Besondere Anforderungen vor Ort können als besondere Schwerpunkte ergänzt werden.
• Die Rahmenarbeitsplatzbeschreibung wird zusammen mit den Beschäftigten und ihren Vertretungen erstellt und weiterentwickelt.

 

These 9

Fachlichkeit braucht abgesicherte Fort- und Weiterbildung, Supervision und kollegiale Beratung!

• Unabhängig von Ferienregelungen sind fachliche Kompetenzsicherung und professionelle Reflektion selbstverständlicher Bestandteil von Arbeitszeit.

 

These 10

Es gibt eine klare eigene Fachstruktur der Schulsozialarbeit für Koordination, Professionalität und Qualifizierung!

• An den Schulen arbeiten die SchulsozialarbeiterInnen unabhängig von Beschäftigungsverhältnis, Finanzierungsquelle oder spezifischer Aufgabenzuordnung als fachliches Team zusammen. Sie organisieren in eigener Verantwortung kollegialen fachlichen Austausch.
• In den Regionen existieren definierte Netzwerke der schulübergreifenden Zusammenarbeit.
• Verantwortlichkeiten werden aus der Schulsozialarbeit heraus definiert.
• In den Regionen und deutlich ausgewiesen auf Stadtebene werden personelle Ressourcen für Koordinationsaufgaben benannt. Auf Stadtebene wird ein Team als fachliche Leitung und Koordination entsprechend der konzeptionellen Anforderungen eingerichtet.
• Wenn vor Ort eine eigene Fachstruktur der Schulsozialarbeit nicht realisierbar ist, kann eine  Zuordnung zu einer anderen geeigneten kollegialen Struktur (z.B. ZuP) eingerichtet werden. In einer Struktur, in der Schulsozialarbeit verortet ist, hat sie immer auch die Möglichkeit der hierarchischen Beteiligung.

 

These 11

Schulsozialarbeit ist aktiver Teil der schulischen Hierarchie.

• Die Beteiligung der Schulsozialarbeit an Gremien der Schule ist klar geregelt.
• Schulsozialarbeit hat als Team an der Schule eine eigene Leitung, die auf jeden Fall Mitglied einer Erweiterten Schulleitung ist. Sonst ist Schulsozialarbeit auf jeden Fall immer beratend direkt an die Schulleitung angebunden.
• SchulsozialarbeiterInnen können Teil der Schulleitung werden. Die rechtlichen Bedingungen werden so gestaltet, dass grundsätzlich an allen Schularten SchulsozialarbeiterInnen mit einer geeigneten und
anerkannten Qualifizierung eine Funktion in der Schulleitung übernehmen können.

 

These 12

Schulsozialarbeit ist gleichgestellte und -berechtigte Profession an der Schule!

• Die Professionen in der Schule bilden ein interdisziplinäres Team, getragen vom gemeinsamen Auftrag der Schule ohne professionsbezogene Hierarchien. Es wird gegenseitiger fachlicher Austausch und Unterstützung praktiziert.
• Unterschiedliche Vergütungen bedeuten nicht unterschiedlich ›hohe‹ Fähigkeit.

 

These 13

Schulsozialarbeit ist Teil des Öffentlichen Dienstes bei der Senatorin für Bildung!

• Die Anbindung an den Öffentlichen Dienst sichert Gleichbehandlung, Garantie tariflicher Bezahlung, Vertretung durch den Personalrat und interne Kooperation.
• Der Arbeitsplatz Schule legt eine Anbindung an die senatorische Behörde für Bildung nahe. Alternativ wäre eine senatorische Behörde als Anbindung denkbar, die die Bereiche Bildung und Jugend vereint, zur Zeit aber weder geplant noch absehbar ist.
• Grundsätzlich ist eine Anbindung an Träger der Kinder- und Jugendhilfe fachlich denkbar.

 

Die LAG fordert die Auflösung der prekären Arbeitsverhältnisse der MitarbeiterInnen an Schulvereinen und nicht tarifgebundenen Anstellungsträgern. Die Koordination seitens der Behörde muss erweitert werden, um die SchulsozialpädagogInnen mit einzubeziehen. Auch die Zuständigkeit eines Referats für alle KollegInnen ist wünschenswert, um auch hier eine klare Ansprechbarkeit für deren Belange zu sichern. Die konzeptionelle Gestaltung und Weiterentwicklung der Sozialen Arbeit an Schulen sowie die Verbesserung der Arbeitsbedingungen aller im Bereich der Sozialen Arbeit Tätigen sind und bleiben unser Schwerpunkt. Am 28.5. findet der 5. Bremer SchulsozialarbeiterInnen- Fachtag im Lidice-Haus statt. Unter dem Titel »Klimazonen der Schulsozialarbeit« wollen wir uns mit der Etablierung von Schulsozialarbeit an allen Schulen beschäftigen und »good practice«-Beispiele von kooperativen Projekten näher betrachten. Im Rahmen des 6. Oberschultages der GEW und des GGG am 23.6. soll eine professionelle Kooperation der schulischen Sozialarbeit mit außerschulischen Fachkräften erarbeitet werden, um schulübergreifende Standards zu entwickeln.