Die Erhöhung der Fallzahlen ist ein Indikator für die zunehmend schwierigen, oft nicht mehr händelbaren Situationen in den Klassenzimmern, die die Kolleginnen und Kollegen – oft alleingelassen - nicht mehr regeln können.
Deutlich gestiegene Zahlen an Schulvermeidern, starke Anstiege bei sozial-emotionalen Auffälligkeiten, bei LSR-Bescheinigungen, bei Schulassistenzen und in fast allen anderen Feldern zeigen, dass Schule, wie sie zur Zeit praktiziert wird (werden muss), deutliche (Misserfolgs)Spuren bei den einzelnen Kindern und Jugendlichen hinterlässt und eine gute Erziehung und Bildung oft nichtmehr gewährleistet ist. Schulen können ihrem Auftrag, alle Schülerinnen und Schüler zu erziehen, zu bilden und zu fördern, nicht mehr nachkommen. Diese Aussage, die sich z.B. auch in dem Brief der Grundschulleitungen des Bremer Westens findet, drückt sich auch in den gestiegenen Anmeldezahlen der ReBUZ aus.
Bei der qualitativen Betrachtung der Anmeldungen (Gründe) lassen sich natürlich auch ganz schnell „Inklusionsverlierer_innen“ finden: Schülerinnen und Schüler, die nicht genug gefördert werden, für deren individuelle Bedürfnisse zu wenig Platz ist, die im Zuständigkeitsgewirr verloren gehen, für die angemessene schulische Räume nicht zur Verfügung stehen, die unterrichtlichen Anforderungen zu eindimensional sind etc.. Das zu sehen und nicht ändern zu können, ist für viele Kolleginnen und Kollegen eine sehr hohe Belastung.
Nicht zu vergessen, überhöhte oder falsche Erwartungen, die mit Gründung der ReBUZ geweckt wurden. Mir ist der Satz der Senatorin Jürgens-Pieper unvergessen, die in einer Versammlung im Alten Fundamt bei Einführung der Inklusion 2009 sagte, dass die Schulen unbesorgt sein sollten, weil sie bei allen Problemen mit schwierigen Schülerinnen und Schülern diese „abgeben“ könnten, denn dafür würden die ReBUZ neu gegründet. Leider haben wir aber keinen Zauberstab und können nicht alle schwierigen „Fälle“ sofort „heilen“.
Gerade die Zusammenführung von Beratungsleistungen und besonderer Beschulung in einer Einrichtung ist die neue Herausforderung und der Anspruch der ReBUZ. Sowohl die Beratungsdienstleistungen der ReBUZ als auch die Strukturierung der zusätzlichen Aufgaben mussten neu oder weiter entwickelt werden, Verfahren neu festgelegt und Abläufe abgesprochen werden. Das sollte im „laufenden Geschäft“ passieren. Dabei kam es oft zu Situationen von Unklarheiten und Unsicherheiten, die besondere Belastungen für die ReBUZ Mitarbeitenden bis heute darstellen.
Als Beispiel sind hier z.B. die Verfahren zur Beantragung persönlicher Assistenzen zu nennen oder sonderpädagogische Gutachten. Jährlich werden Abläufe, Regelungen, Zuständigkeiten verändert, auch mit der Folge, dass ein gedeihliches Zusammenarbeiten zwischen ReBUZ und Schulen erschwert wird.
Zusammenarbeit zwischen Schulen und den ReBUZ heißt auch, auf kollegialer Ebene Austausch- und Kooperationsformen zu finden, die einvernehmlich regeln, wer was macht, wer wann was abgibt oder annimmt, wo man sich ergänzt oder ablöst, wie unterschiedliche Sichtweisen auf eine Situation akzeptiert, ausgehalten und produktiv im Sinne der Schülerinnen und Schüler genutzt werden können. Dadurch kann Handlungssicherheit erreicht werden, die für alle Beteiligten dringend notwendig ist. Diese Transparenz stellt sich nur in einem Prozess her, für den beiden Seiten gemeinsam Zeit und Raum brauchen, die bisher nicht oder viel zu wenig zur Verfügung standen. Dieses Aushandeln muss auch auf kollegialer Ebene passieren (und nicht nur auf Leitungsebene oder administrativ). Dafür brauchen die Kolleginnen und Kollegen in den Schulen und in den ReBUZ Zeit und Unterstützung.
Für die Entwicklung der ReBUZ war es von Beginn an auffällig, dass die hohen Erwartungen (Lösung für alles) in deutlichem Gegensatz zu geringen strukturellen, systemischen oder inhaltlichen Vorgaben und Ressourcen standen. Insbesondere die unklare Positionierung der ReBUZ zwischen Schulbereich und Verwaltungsbereich (was bedeutet schulnahe Einrichtung?) führt zu vielen Unklarheiten, weil oft nicht klar ist, welche Regeln gelten, z.B. das Schulverwaltungsgesetz, aber auch bezogen auf den Personaleinsatz, die Rechte der Vorgesetzten oder die Arbeitszeitregelungen. So gibt es weder ein verabschiedetes Konzept noch einen Leistungs- und Entwicklungskatalog, keine in einem Geschäftsverteilungsplan festgelegte Aufgabenbeschreibung oder eine abgestimmte Personalplanung. Das hat die Behörde aktuell dazu verleitet, den jetzigen Personalbestand einzufrieren, ohne Rücksicht auf die vorherige Zusagen oder die Situation an den Schulen.