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Reaktion auf die BLZ 12-2011

Leserbrief von Hartmute Trepper: Mir hat in der Dezemberausgabe der BLZ die Selbstreflexion der GEW als Organisation zu ihrer Verstrickung in die Umsetzung des „Radikalenerlasses“ gefehlt. Immerhin waren (und sind) in der GEW neben den gewöhnlichen Lehrerinnen und Lehrern auch Schulleiter/innen und Schulaufsichtsbeamt/innen organisiert, also die, die damals beurteilen sollten und Entscheidungsgewalt hatten. Sie saßen Mitte der 1970er Jahre noch verstärkt in den Leitungsgremien. 1975-76 war ich HB-Nord Bezirksdelegierte, mein Schulleiter im Bezirksvorstand.

Seine Erfahrungen mit meiner GEW-Arbeit und meiner Position in der Auseinandersetzung um „Radikalenerlass“ und Eisenhauer-Brief (s. BLZ Dez. 2011) flossen 1976 direkt in ein Gespräch zum Thema Bewährungsgutachten ein. Er wusste schon im Voraus, dass ich die Frage nach politischer Mitgliedschaft und Sympathisantentum prinzipiell für unzulässig hielt und nicht beantworten würde. Hauptsächlich aus diesem Grund entfiel dann für mich die verkürzte Probezeit von 1 ½ J. Als ein Kollege, der ebenfalls noch seine Bewährung bestätigt bekommen musste, auf einer GEW-DV dieses Dilemma aussprach, wertete der Schulleiter das als persönlichen Angriff und sah dahinter eine feindliche Haltung.
Im Herbst 1976 wurde ich gemäß den Unvereinbarkeitsbeschlüssen des Hauptvorstands aus der GEW ausgeschlossen. Als der Ausschlussantrag in Frankfurt bereits auf dem Tisch lag, war ich in HB-Nord noch in den Bezirksvorstand gewählt worden; das half aber nichts. Der GEW-Ausschluss selbst sowie Solidaritätsbekundungen aus verschiedenen Betriebsgruppen gehörten später zu den Gründen, warum die Schulaufsicht nach 3 Jahren meine Bewährung wiederum nicht feststellen wollte.
Beleuchtet wird die Verquickung und Verstrickung von GEW und Schulaufsicht durch folgendes „Kuriosum“. Als man mir vor einigen Jahren zu 25 Jahren Mitgliedschaft gratulierte (ich durfte in den frühen 1980er Jahren ganz unauffällig erneut eintreten), waren die Jahre vor dem Ausschluss ( 5 oder 6) nicht mitgezählt. Und wie auf der Berufsverbote-Veranstaltung am 4. Februar zu hören war: Die Akten mit den in den 1970er Jahren Ausgeschlossenen sind in HB physisch nicht mehr auffindbar; für die „Nachwelt“, sprich, die heutige Generation hat es uns damals also gar nicht gegeben.
Ob noch lebende ehemalige Leitungs“kollegen“ zur Aufklärung vielleicht etwas beitragen könnten? Und was ist mit den Unvereinbarkeitsbeschlüssen in der GEW?
Hartmute Trepper (2. Staatsexamen 1974, Stelle in Lesum; nach 5 ½ Jahren verlängerter Probezeit im Kontext des „Radikalenerlasses“ Verbeamtung auf Lebenszeit; seit 1984 nicht mehr in der Schule tätig.)

Stellungnahme des Geschäftsführenden Landesvorstandes der GEW Bremen zum Thema „Berufsverbote und GEW“

40 Jahre nach dem „Radikalenerlass“ hat nun auch der Bremer Senat per Beschluss die Berufsverbotepraxis formell beendet und einen Ausgleich der Altersvorsorge für Berufsverbote-Opfer in Aussicht gestellt. Hierzu wird es demnächst ein Gespräch mit der Finanzsenatorin geben.
Eine wirklich politische Aufarbeitung des Themas steht aber weiterhin aus. Dies gilt auch z.T. für die GEW! Aufgrund der damals geltenden „Unvereinbarkeitsbeschlüsse“ sind Kolleginnen und Kollegen aus der GEW ausgeschlossen worden, z.T. auch durch denunziatorische Schreiben selbst von GEW-FunktionärInnen. Dieser Geschichte muss sich die GEW stellen, im Bund wie in den einzelnen Landesverbänden. Mit der Veranstaltung am 6.2. ist die GEW Bremen den ersten Schritt gegangen.
In unmittelbarer Folge hat der GLV beschlossen, allen Mitgliedern, die aufgrund der „Unvereinbarkeitsbeschlüsse“ aus der GEW ausgeschlossen wurden, die Jahre bis zum Wiedereintritt als Mitgliedszeiten anzurechnen. Wir bitten die Betroffenen sich in der Geschäftsstelle zu melden, da es uns nicht mehr möglich ist, damals vollzogene Ausschlüsse anhand von Akten nachzuvollziehen.
Der GLV ist sich bewusst, dass dies lediglich ein symbolischer Akt im Rahmen der Aufarbeitung eigener Geschichte ist, gleichwohl ist er menschlich wie politisch notwendig. Das, was einigen GEW-AkteurInnen damals Recht schien, hat sich als zu tiefstes Unrecht erwiesen!
Im Rahmen des Arbeitskreises „Geschichte des Landesverbandes der GEW Bremen“ gibt es eine AG Berufsverbote, die diese Thematik intensiv auf- und bearbeiten wird. Wir sind uns darüber einig, dass dies in der gesamten Organisation nicht konfliktfrei zu bewältigen sein wird; aber die aktuelle Zusammenarbeit derer, die sich bis vor 30 Jahren noch im linken Lager (nicht nur) politisch bekämpften, gibt uns die Gewissheit, dass dies ein richtiger Schritt ist.
Im Rahmen der nächsten Sitzung des Landesvorstandes am 9. Mai wird der GLV, auch auf Grundlage der Beratungen des Hauptvorstandes im März, einen Beschlussvorschlag unterbreiten, der auch die Themen Entschuldigung/Rehabilitation, (politische) Aufarbeitung und Entschädigung enthalten soll.